Fremd- oder Selbstbestimmung?. Frank Föder
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Название: Fremd- oder Selbstbestimmung?

Автор: Frank Föder

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

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isbn: 9783742719133

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СКАЧАТЬ des Menschen. Nehmen die Friedensfreunde die Veranlagung und das Wünschen und Wollen ihrer Mitbürger zutreffend wahr? Unbenommen ist beim Mitmenschen hin und wieder Angriffswut zu vermerken. Was aber ruft sie hervor? Schlechte Erziehung, mangelhafte Bildung? Oder ist dafür vielleicht eher das Umfeld verantwortlich? Kommt die Gewaltbereitschaft nicht von innen, sondern von außen?

      Das Bestreben, den Menschen zu durchgehender Besonnenheit zu veranlassen, ist Gegenstand einer weltweiten Bewegung, die schon im Altertum ihren Ursprung hat, des Pazifismus. Sie erhielt besonders nach den Gräueln des zweiten Weltkriegs neuen Auftrieb. Den Ostermarschierern geht es erklärtermaßen darum, den Haß der Völker gegeneinander aus der Welt zu schaffen.

      Nun ist allerdings sehr die Frage, ob diese Untugend oft oder überhaupt je die wahre Ursache der Kriege war. Haßten die Deutschen die Polen und Franzosen? Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, bliebe zu klären, ob diese Aversion in Erfahrungen des einzelnen ihren Ursprung hatte oder geschürt worden ist, von hoher Hand.

      Weihnachten 1915 kam es in Flandern zwischen den Gräben zu einer Verbrüderung von britischen und deutschen Soldaten. Die Truppenteile mußten anschließend aus der Front genommen werden. Selbst in Stalingrad ereignete sich Weihnachten 1943 zuweilen ein friedlicher Kontakt zwischen russischen und deutschen Kämpfern. Die Ausführenden der Kriegshandlungen werden augenfällig selten von Abneigung gegeneinander beherrscht. Sie sind mehr Opfer als Täter. Nicht die Soldaten treiben zum Kampf. Krieg wird nicht von ihnen, sondern von ihrer Obrigkeit heraufbeschworen.

      Heute haben die Europäer sich vereint. Was immer zwischen ihnen vorlag und geschehen ist, es ist nicht vergessen, aber weitgehend doch vergeben. Überall an niedergerissenen Schlagbäumen liegen sich Freunde in den Armen. War es mit der Feindschaft der Völker vorher vielleicht gar nicht so weit her?

      Nebenbei sei angemerkt, die Tatsache, daß es während des Ost-West-Konflikts trotz einiger gefährlicher Eskalationen nicht zum Krieg gekommen ist, ist kaum das Resultat einer Friedenserziehung oder einer Friedenspolitik, sondern schlicht der Erfolg des Konzepts der Abschreckung.

      Kriege finden statt. Zur Zeit – gottlob – nur begrenzt und überwiegend nur innerhalb der Staaten. Doch ist es so, daß die, die sich hier gegenseitig umbringen, ihrer Veranlagung folgen? Entspricht es ihrer Natur oder schlechter Erziehung oder vorhandener Abneigung, daß sich Mitmenschen gegenseitig nach dem Leben trachten?

      Wo Menschen tatsächlich aus eigener Veranlassung zur Waffe greifen und töten, hat das einen Hintergrund, der gern außer Acht bleibt. Das Bemühen nämlich, den Mitmenschen dazu zu bringen, daß er sich verträglich verhält, stößt auf Begebenheiten, die diesem Anliegen eklatant entgegenwirken, Die Rede ist von Ungerechtigkeiten und Mangelerscheinungen.

      Es geht unfair zu in der Welt. Zum einen werden Mitmenschen durch von den Regierenden geschaffene Verhältnisse drastisch benachteiligt oder psychisch verletzt. Zum anderen sind die Mittel und Möglichkeiten, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, für die Menschen sehr ungleich verteilt. Noch nie war die Kluft zwischen den Armen und den Reichen in der Welt so groß wie heute.

      Weltweit haben inzwischen fast zwei Milliarden Menschen nicht ausreichend Zugang zu Trinkwasser. Und die Vereinten Nationen rechnen damit, dass sich diese Zahl in wenigen Jahren verdoppeln wird.

       Je nachdem, wer die Zählung vornimmt, hungern derzeit etwas mehr oder etwas weniger als eine Milliarde Menschen, mithin etwa jeder siebente Mensch auf der Erde. Jedes Jahr sterben annähernd neun Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder, an Hunger, was einem Todesfall alle drei Sekunden entspricht (Wikipedia).

      Ob, wer des Trinkwassers oder der Nahrung enträt, sich dauerhaft dareinfinden wird, das Verdursten oder Verhungern widerstandslos hinzunehmen, darf hinterfragt werden. Zumal die neuen Medien jedermann wissen und sehen lassen, daß dort gepraßt, während hier gedarbt wird.

      Gegenüber einer Zurücksetzung, die keine Berechtigung, aber arge Auswirkungen hat, sowie gegenüber einer nicht selbst verschuldeten Bedrängnis, deren Verursacher dingfest zu machen sind, dürfte mit Friedenserziehung wenig auszurichten sein. Hier wird die Aufforderung an den einzelnen, sich zu fügen, zur Absurdität. Gegen offensichtliche Benachteiligung als Ursache zu erleidender Not ist kein Erziehungskraut gewachsen. Gegen den Ingrimm der Zurückgesetzten mit der Friedenspalme zu wedeln, macht nur für diejenigen Sinn, die aufgerufen sind, aber es nicht fertigbringen, die Ungereimtheiten zu beseitigen.

      Gegen Ungerechtigkeit, Benachteiligung und Erniedrigung, gegen Not und berechtigte Angst ist mit Belehrung und Druck schwerlich etwas auszurichten. Wenn es nicht gelingt, die Anlässe für die Beklemmungen zu beseitigen, wird der Ruf nach Aggressionsabbau und Abrüstung weiterhin ungehört in der Wüste verhallen.

      Wer demnach Frieden haben will, wird mehr tun müssen, als an Um- und Nachsicht zu appellieren. Wo eine Drangsal vorliegt, ist mit Beschwichtigung und Belehrung kaum etwas zu bestellen. Erneut gerät das Umfeld in den Blick.

      Die hier vorliegende Frage ist, wer oder was verursacht die stattfindende Verwüstung und Zerstörung. Wer oder was bringt die Menschen gegeneinander auf? Wer oder was läßt sie Mitmenschen töten und Kulturgüter vernichten?

      Reine Angriffslust ist beim Menschen äußerst selten anzutreffen. Haß und Wut gehören ebenfalls nicht zu seinen hervorstechenden Neigungen. Wo er von sich aus zur Waffe greift, will er in der Regel eine Not beenden oder eine Erniedrigung. Diese Widrigkeiten aber setzt nicht der Mensch als einzelner in Funktion. Wer oder was ihn damit belastet, ist der wahre Schuldige.

      Der akut anstehende Sachverhalt läßt sich wie folgt beschreiben:

      Der Mensch, an den sich die Anforderung richtet, Frieden zu halten, weiß, daß er selbst dazu nicht angehalten werden muß. Vom Krieg zu lassen, ist für ihn kein Problem. Nichts ist ihm mehr wert als eine Lage, die keinen Beweggrund gibt für Wut und Widerwehr.

      Wo Gewaltneigung auftritt, liegt eindeutig eine Veranlassung vor. Der abzuhelfen aber hat der einzelne kaum eine effektive Möglichkeit.

      Wohl gibt es Hilfsorganisationen, denen der einzelne sich anschließen kann. Ihnen haben die Menschen, wo die Not am größten ist, unbestreitbar viel zu danken. Die privaten Initiativen aber können gegen die Ursache der Drangsal nichts ausrichten. Auf die Entscheidungen, die zur Behebung der Not nötig wären, haben sie keinen und ihre Unternehmungen wenig Einfluß.

      Sodann gibt es einige Aktionsgruppen, die gegen eine der bedrückenden Erscheinungen etwas auszurichten versuchen. Dazu gehören viele Nichtregierungsorganisationen (NGO). Von diesen haben einige auch Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen erlangt. Ihre Einwirkungsmöglichkeiten jedoch sind auf Warnungen und Moralappelle beschränkt.

      Wenn demnach die Unzuträglichkeiten und Bedrohungen nicht beseitigt werden, dann ist dies berechtigt nicht dem einzelnen Mitmenschen anzulasten. Seine Stimme, sein Begehr, sein Wollen geht unter, nicht etwa in der Masse anders Fühlender oder anders Denkender. Davon kann keine Rede sein. Der Wunsch nach Frieden, nach Linderung der Not dürfte von der überwältigenden Mehrheit seiner Zeitgenossen geteilt werden. Sein Verlangen verliert sich bei den Umständen, die ihn umgeben.

      Unverkennbar verantwortet nicht der Mensch als einzelner, was seine Gattung in Bedrängnis bringt. Er kann weder allein, noch gemeinschaftlich mit anderen die Not und die Beklemmungen aus dem Weg räumen. Er ist darauf angewiesen, daß diejenigen, die die Möglichkeit haben, das große Geschehen zu beeinflussen, das Nötige tun. Augenfällig hängt das Geschick seiner Gattung platt und banal ab vom guten Willen derer, die in der Welt das Sagen haben.

      Nun könnte man meinen, daß Einsicht und Wille bei der Mehrheit der Mächtigen durchaus vorhanden СКАЧАТЬ