Seemannsschicksale aus Emden und Ostfriesland – erlebte Geschichten rund um die Seefahrt. Jürgen Ruszkowski
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СКАЧАТЬ lag wohl auch ein bisschen daran, dass Scholz beim Alten und Chief nicht so ganz gute Karten hatte, dass Andy ihn so niedermachen konnte; die Geschichte setzte sich wenigstens den ganzen Abend in dieser Weise fort! Bei jedem folgenden Gang bekam der gute Scholz sein Fett weg, es waren gekonnt platzierte Kleinigkeiten, die sich im Laufe des Abends aber summierten.

      Der Kapitän und der Ltd. Ing. amüsierten sich königlich; die Passagiere bekamen die ganze „Chose“ wohl gar nicht richtig mit, hatten aber auch ihren Spaß! Sie kamen sich inzwischen garantiert wie in einem europäischen Fünf-Sterne-Restaurant vor; Andy hatte für jeden einen kleinen Scherz parat und gab allen (außer natürlich Herrn Scholz) das Gefühl, an diesem Abend ein kleiner König zu sein. Sein Messe-Steward flitzte auf Andys kleinstes Wimpernzucken und legte nach, bzw. servierte neue Drinks usw.

      Es war schon eine first-class professionelle Angelegenheit; nur unser „Chief-Mate“ war im falschen Lokal und beim letzten Cognac / Mocca total am Boden zerstört. Auf diesen Augenblick hin hatte Andy seine ganze Energie verwendet!

      Als der Kapitän den gelungenen Abend für beendet erklärte, sich noch mal bei den Passagieren bedankte und jedem freistellte, noch ein - zwei Nightcups (Drinks) auf Kosten der Reederei zu nehmen, fragte Andy unseren Chief-Mate mit unschuldigem Augenaufschlag noch, ob seine „Ausbildung als Kiezkellner in der Fischbratküche“ denn wohl gut genug für ihn gewesen sei!

      Er bekam keine Antwort; ich weiß nur, dass Herr Scholz sich niemals wieder mit Andy in irgendeiner Art und Weise angelegt hat. Dieser Abend war gelungen, unser Chief-Mate hatte seine Lektion gelernt! Die ganze Art und Weise dieses Rache-Feldzuges unseres Chief-Stewards hat mich persönlich unwahrscheinlich beeindruckt; das hatte echt Stil!

      Mit Andy bin ich seinerzeit mehr als ein Jahr auf der CAP ROCA gefahren; wir hatten noch viele gemeinsame unvergessliche Erlebnisse, von denen eventuell noch an anderer Stelle zu berichten sein wird. Er fuhr dann nicht mehr lange zur See, sondern fing in seinem alten Beruf in dem Top-Hotel Münchens wieder an. Ab und zu telefonieren wir mal und lachen über die alten Zeiten. Seit über 20 Jahren ist Andy dort der „Maitre d'Hotel“, vielleicht treffen wir uns ja mal im Rentenalter.

      DieEloge

      Beim „Durchflöhen“ meiner alten Unterlagen aus der Seefahrtszeit (Briefe / Mama-Letters etc) fiel mir ein zu Ehren meines damaligen 33. Geburtstags verfasstes Gedicht in die Hände, welches ich meiner geneigten Leserschaft wirklich nicht vorenthalten will. Es dokumentiert auch ein wenig den kameradschaftlichen Crew-Geist, der auf deutschen Schiffen mit kompletter nach deutschem Heuertarif bezahlter Besatzung (teilweise noch) herrschte. Es war 1976 auf dem Mehrzweck-Frachter MS LLOYD ESTOCOLMO der Hamburger Reederei B. Richters. Das Schiff war mit ca. 8.400 BRT vermessen, hatte ca. 25 Mann Besatzung und war in Charter für die brasilianische Großreederei „Lloyd Brasileiro“ in der Linienfahrt US-Ostküste / Brasilien eingesetzt.

      An diesem 28. August 1976 waren wir spätnachmittags auf Reede Santos eingetroffen und ankerten dort; Einlaufen war erst zum nächsten Mittag vorgesehen. Für meine Geburtstagsfeier in der Offz.-Messe war das natürlich ideal, „Ankerball“ war angesagt!

      Vom Elektriker bekam ich eine riesengroße, selbst gebastelte vorsintflutliche Morsetaste geschenkt; es gab noch weitere kleine Überraschungen und unser 1. Offizier, Klaus von Müller (übrigens ein Bremer, den ich hiermit herzlich grüße), trug dann zu Beginn der Party das folgende von ihm selbst verbrochene Pamphlet vor:

      MS „LLOYD ESTOCOLMO“ Auf See, den 28.08.1976

       Eloge auf die Festsau des Tages

      Wer ist's wohl, der als flotter Greis – sich hier bläht in unsrem Kreis?

      Schon öfter hörte man ihn klagen, – er habe schwer am Amt zu tragen,

      ob auf See oder im Hafen, – er schuftet, wenn die andern schlafen:

      Über Land und übers Meer – stellt er die Verbindung her,

      mit Tastgefühl und Eloquenz – sucht er die Kontaktfrequenz.

      Funken sprüh'n vom Sendemaste, – so haut er in die Schlackertaste.

      Er holt die Presse, geistig' Atzung, – ist wie ein Vater zur Besatzung.

      Er verwaltet auch den Zaster, – den man braucht für Trieb und Laster.

      Von Gestalt her ist er stattlich breit, – jederzeit und gern bereit,

      dir Langeweile zu verkürzen, – die Freizeit mit 'nem Drink zu würzen.

      Wer kann's wohl sein, riecht ihr den Braten? – Ihr habt es sicher schon erraten:

      Der zuvor gelobte Macker – ist unser Tele-Drahtlos-Hacker!

      Nun sei nicht geizig, schenk' ein fleißig, – man wird nur einmal dreiunddreißig!

      Wir heben 's Glas mit Schnaps und Bier, – lieber Udo, und wünschen Dir:

      Gesundheit, Glück und Kindersegen! – Deine Freunde und Kollegen.

      * * *

      Nun, der so schön vorgetragenen Aufforderung kam ich natürlich gerne nach; es wurde eine rauschende „Anker-Party“!

      Unser Kapitän war am nächsten Tag übrigens nicht zu sehen; die Einklarierung überließ er mir ganz allein, er litt fürchterlich unter den „Nachwehen“ und pflegte seinen Kater in der Koje.

      In der Erinnerung überkommt mich doch manchmal ein komisches Gefühl, nicht so richtig „wehmütig“ aber - die „alten Zeiten“ sind vorbei!

      Horst Brügma

      In der Emder Zeitung berichtete EZ-Mitarbeiter Gerd Redenius im Rahmen einer Serie über Ereignisse aus der Seefahrt über Begebenheiten, die sich mit Menschen verbinden, die in Emden ihre Heimat haben, am 23. November 1996 aus dem Leben von Horst Brügma

      „…man kann ja Land von Bord aus seh’n

      Horst Brügma, 1937 in Emden geboren, kam nach seiner Lehrzeit als Maschinenschlosser auf der Schulte & Bruns Werft zur Seefahrt. Gemeinsam mit dem ebenfalls aus Emden stammenden Peter Warnke musterte er im Mai 1959 in Hamburg auf dem von Kapitän Grüssing (Westrhauderfehn) geführten 8.500-Tonner „BROOKTOR“ der Reederei Fisser & van Doornum als Ingenieurs-Assistent an.

      Gleich auf ihrer ersten Reise hatten die beiden „Assis“ reichlich Gelegenheit, sich die erforderlichen Seebeine wachsen zu lassen und sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben, denn die bisweilen stürmisch verlaufende China-Rundreise der BROOKTOR, die in Hamburg begann und in Bremerhaven endete, dauerte nicht weniger als fünf Monate.

       Nach Hongkong

      Die für den chinesischen Bestimmungshafen Quinhuangdao bestimmte Fracht setzte sich aus Stückgütern aller Art sowie in Antwerpen geladener Eisenteile zusammen. СКАЧАТЬ