Seemannsschicksale aus Emden und Ostfriesland – erlebte Geschichten rund um die Seefahrt. Jürgen Ruszkowski
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      „Mama-san“ lächelte mich an, verbeugte sich pausenlos und erzählte mir ganz viel auf Japanisch. No, no, no - das verstand ich ja, aber wieso? Na, mit Hilfe eines anderen Gastes, der etwas Englisch konnte, kam ich endlich dahinter, dass „Mama-san“ von mir nicht einen müden Yen wollte. Die ganze Party war bezahlt von meinem vormittäglichen Gönner Mr. Akhashi; er hatte „Mama-san“ Order gegeben, alle meine Ausgaben über sein Spesen-Konto laufen zu lassen! Tja, das war echt ein Hammer! Mr. A wird sich eventuell über die Summe gewundert haben oder auch nicht; er hatte sie sicher übrig und mochte mich wohl leiden! Da er ja nicht anwesend war, konnte ich ihm nur telephatisch danken und Mama-san noch herzliche Grüße an ihn ausrichten lassen. Der Bootsmann, der zur Feier des Tages besonders hart zugelangt hatte, war vor Neid ganz gelb geworden und meinte nur: „Das sollte unsereinem mal auf dem St.-Pauli-Kiez passieren!“

      Nun ging's weiter, der Geburtstag war ja noch nicht vorbei! Wir hatten ja zwei Nautiker unter uns; durch deren geschickte Navigation gelangten wir nun wirklich mit „all hands“ in den erwähnten auf bayerisch getrimmten Bierschuppen. Es herrschte dort so richtige Festzelt-Stimmung, großer Saal, mächtige lange Holztische und Bier aus Maß-Krügen. Der Raum war gut gefüllt, man sah auch etliche Europäer bzw. Amerikaner, aber so um 75 Prozent waren Bier trinkende Japaner. Wir erwischten dann - Gott sei Dank - auch noch einigermaßen gute Plätze an einem langen Tisch am Rande des Saales. Unter uns saßen zwei „mittelalterliche“ fröhliche japanische Herren, welche offensichtlich schon etliche Maß intus hatten, und die richtig „happy“ waren, sich auf einmal in einer Runde deutscher Männer zu befinden. Eine Maß gab die andere, sie begriffen schnell, dass es mein Geburtstag war; und es wurde auch hier richtig lustig. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir das alte deutsche Volkslied „Wenn alle Brünnlein fließen“ inbrünstig und sehr melodiös schmetterten, wir in Deutsch und „lalala“ und die beiden in perfektem Japanisch. Etliche andere Lieder folgten in ähnlicher Form. So langsam ging es nun auf Mitternacht. Die beiden japanischen Kameraden hatten sich gerade verabschiedet, und nun kam der zweite dicke Hammer des Abends. Es ist ein Tatsachen-Bericht (kein Seemannsgarn)! Als ich die inzwischen erheblich angewachsene Zeche bezahlen wollte, wurde ich wieder mein Geld nicht los! Wie mir die Kellnerin erklärte, hatten unsere beiden japanischen Zechgenossen an diesem Abend wohl soviel „Spaß an der Freude“ gehabt, dass sie vor ihrem Abschied spontan unsere gesamte Zeche bereits beglichen hatten. Es war wirklich nicht zu begreifen, alle waren „geplättet“, der Bootsmann war in seinem langen Seemannsleben wohl erstmals richtig fassungslos (siehe oben)!

      Auf dem Heimweg an Bord (es war bereits nach Mitternacht) stoppten wir dann noch in der Nähe unseres Liegeplatzes gemeinsam in einer kleinen Hafenkneipe; da ist es mir dann endlich gelungen, noch eine Runde Bier und Schnaps zu bezahlen. Der gute Wille war ja immer vorhanden!

      Dieser, mein 29. Geburtstag in Tokio, hat sich bis heute in mein Langzeit-Gedächtnis gebrannt; ich werde ihn immer in guter Erinnerung behalten!

      Passagiers-Essen – (Die Rache des Chief-Stewards)

      Diese Geschichte ereignete sich 1969 an Bord des M/S „CAP ROCA“.

      Die Namen der Hauptakteure wurden geringfügig geändert.

      Die CAP ROCA war ein Ende der fünfziger Jahre gebauter Stückgut-Frachter von 6.500 BRT. Sie war ein im wahrsten Sinne des Wortes schönes Schiff, ca. 160 Meter lang, 17 Meter breit, drei Ladeluken vorne, die Aufbauten mit Brücke, Messen, Salons, Passagiers-Kammern und allen anderen Einrichtungen mittschiffs; dann achtern noch mal zwei Luken und ganz achtern kleinere Aufbauten mit weiteren Mannschafts-Quartieren. Die Besatzung bestand aus etwa 35 Mann; außerdem gab es sehr komfortable Einzel- und Doppelkabinen für maximal zehn Passagiere.

      Dieses schneeweiße Frachtschiff mit rotem „Hamburg-Süd“-Schornstein-Top war im Pazifik-Liniendienst eingesetzt, d.h. es machte den Törn US-Ostküste (ca. 4-5 Häfen) - Panama-Kanal - Südpazifik (einige Südsee-Häfen wie Tahiti, Neu-Kaledonien) - Australien - Neuseeland und zurück. Eine Rundreise dauerte ca. vier Monate. Zwei weitere „Cap“-Schwesterschiffe bedienten die in etwa gleiche Route; drei andere, etwas kleinere „Cap“-Dampfer waren nur im Pazifik eingesetzt und bedienten die US-Westküste. In Seefahrer-Kreisen bezeichnete man die Cap-Flotte allgemein als die „Weißen Schwäne des Pazifik“!

      Da diese Schiffe nie ihren Heimathafen Hamburg anliefen, erfolgten die Urlaubs-Ablösungen immer per Flug, meist in den USA. Normalerweise betrug die Fahrtzeit damals mindestens drei Reisen, d.h., wenn man „im Pazifik“ anmusterte, wusste man, dass man Europa bzw. die Heimat erst frühestens nach über einem Jahr wiedersehen würde! Aber so war die Seefahrt damals eben; die seinerzeit wirklich langen Liegezeiten in allen Häfen entschädigten fast für alles!

      Der „Held“ dieser Story ist unser damaliger 1. Steward (Chief-Stew) Andreas Faller, genannt „Andy“. Anfang April 1969 flogen wir mit ca. 15 Crew-Ablösern von Hamburg via Frankfurt/Main über den „großen Teich“ nach New York und stiegen dort auf der CAP ROCA ein; Andy war auch dabei! Er war ein richtig „ausgetragenes Bürschchen“, waschechter Bayer (Münchner Buam) und hatte seinen Kellner-Beruf in einem der besten Münchener Hotels von der Pike auf gelernt. Vor seiner Fahrtzeit hatte er es dort schon zum Chef-Kellner gebracht! Andy war vorher schon als 2. Steward auf den „heiligen Kühen“ der Hamburg-Süd, den „Cap-San“-Schiffen, im Linien-Dienst Europa-Südamerika eingesetzt; er fuhr - wie er sagte - „nur mal zur See, um die Welt kennen zu lernen“.

      Fachlich war unser Andy also wirklich ein As; das muss ich so betonen, es hängt wesentlich mit dieser Geschichte zusammen. Ich selber war der Funk-Offz./Verwalter und war außer für den Funkdienst als Zahlmeister verantwortlich für den Papierkrieg in den Häfen, für die Heuerabrechnung, den Proviant und die Kantine.

      Von New York ging es nun „southbound“ Richtung Neuseeland/Australien; an der US-Ostküste nahmen wir noch ein paar Häfen mit und von Charleston/South-Carolina nahmen wir dann Kurs auf den Panama-Kanal.

      Inzwischen waren in den US-Häfen auch insgesamt sieben zahlende Passagiere mit Bestimmungsort Auckland / Neuseeland bzw. Sydney / Australien eingeschifft worden; dank Andy mangelte es ihnen an nichts. Er war als Chief-Steward zuständig für das Wohlergehen der Passagiere und bediente zu den Mahlzeiten im sogenannten „Salon“. Im Salon speisten die „Drei Eisheiligen“ (Kapitän: 4 goldene Streifen, Ltd. Ingenieur: 3 ½ Streifen und 1.Offizier: 3 Streifen) sowie natürlich die Passagiere. Bei den Passagieren handelte es sich um zwei ältere amerikanische Ehepaare, eine alte Dame mit Tochter aus Neuseeland und einen Australier. Die übrigen Offz./Ing.-Grade sowie Anwärter hatten ihre Offiziers-Messe; Bootsmann, Koch, Chief-Steward, Storekeeper, Schlüsselmatrose ihre Unteroffiziers-Messe und der arbeitende Rest seine Mannschafts-Messe. So waren damals die Bräuche in der „Bord-Hierarchie“.

      Unser 1. Offizier, Herr Scholz, - ein „älterer Herr von Anfang 30“ - spielt die zweite Hauptrolle in dieser wahren Geschichte. Er war als „Chief-Mate“ der unmittelbare Vorgesetzte der gesamten Decks-Crew (einschl. Bootsmann) und genehmigte (oder strich) für die „Fett-Gang“ (Koch/Bäcker/Stewards) die Überstunden etc. Er hatte ziemliche Minderwertigkeitskomplexe, welche er durch eine nach außen hin zur Schau getragene erhebliche Arroganz zu vertuschen suchte.

      Ich selber hatte ja mein eigenes Ressort; mein einziger Vorgesetzter war der Kapitän. Der „Alte“ war übrigens ein sehr umgänglicher Mensch (Ende 50); er ließ mir völlig freie Hand und war froh, wenn man ihm „seine Ruhe“ ließ. Mit dem „Ersten“ hatte ich also dienstlich kaum etwas zu tun, deshalb kam ich mit ihm auch einigermaßen gut zurecht.

      Andy und ich waren inzwischen (auch bedingt durch die vielen gemeinsamen Landgänge und unsere gute Zusammenarbeit wg. Kantinen-Store etc) gute „Macker“ geworden.

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