Zurück in die Würfelwelt. Karl Olsberg
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Читать онлайн книгу Zurück in die Würfelwelt - Karl Olsberg страница 4

Название: Zurück in die Würfelwelt

Автор: Karl Olsberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737514460

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СКАЧАТЬ Ende des Schulhofs steht und uns den Rücken zu gedreht hat. „Na, ist doch klar“, sagt er, und seine Stimme klingt traurig. „Seit gestern bist du doch der Held!“

      „Der Held? Ich? Wieso denn das?“

      „Na, weil du dem Winzling eine verpasst hast. Den mag doch keiner. Selbst Schrank will auf einmal nichts mehr mit ihm zu tun haben. Der kann einem fast leidtun.“ Er grinst.

      „Gestern hast du gesagt, dass das gar nicht gut war.“

      „Klar, im ersten Moment bin ich ein bisschen erschrocken. So kannte ich dich gar nicht. Aber im Nachhinein … Er hat es auf jeden Fall verdient. Und jetzt bist du eben der tolle Hecht der Klasse!“

      Ich verziehe den Mund. Auf diese zweifelhafte Ehre würde ich gern verzichten. „Vielleicht solltest du Anne mal fragen, ob du ihr bei den Mathe-Hausaufgaben helfen kannst.“

      Eigentlich habe ich es sarkastisch gemeint, aber Jans Gesicht hellt sich auf. „Meinst du? Ja, vielleicht hast du recht!“ Ehe ich ihn zurückhalten kann, ist er schon unterwegs zum anderen Ende des Schulhofs.

      Als ich ihm nachsehe, stellen sich plötzlich meine Nackenhaare auf. Am Zaun, der den Schulhof umgibt, steht ein dunkel gekleideter Mann, der in meine Richtung zu starren scheint. Er trägt einen Hut, der sein Gesicht in tiefe Schatten taucht. Ich glaube, darunter zwei violett leuchtende Punkte wahrzunehmen. Doch ehe ich mir sicher sein kann, wendet er sich ab und verschwindet hinter einer Mauer.

      Ich fühle mich, als hätte mir jemand in den Magen geschlagen.

      Die Pausenglocke erlöst mich aus meiner Starre. Wir haben Kunst bei Frau Dr. Hennigmeier, einer zierlichen Frau Anfang fünfzig mit kurzen grauen Haaren. Sie erklärt uns anhand einer Gliederpuppe, wie der Körper Gefühle ausdrücken kann. Dann verteilt sie Zeichenblöcke und Farbkästen. Wir sollen einen traurigen Mann malen, jedoch ohne sein Gesicht auszuarbeiten.

      „Der sieht aber nicht traurig aus“, sagt sie etwas später zu mir. „Eher … böse.“

      Ich schrecke hoch. Die anderen Schüler sind schon dabei, die Pinsel zu reinigen und die Malkästen und Blöcke in das Regal zurück zu räumen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass die Kunststunde schon vorbei ist.

      Die Figur, die mir von meinem Zeichenblock entgegenstarrt, hat einen schwarzen, rechteckigen und sehr schlanken Körper mit unnatürlich langen Armen und Beinen. Ihre Augen sind zwei lilafarbene Schlitze. Darum herum habe ich konzentrische Kreise in derselben Farbe gemalt, so dass es aussieht, als gingen hypnotische Strahlen von der Gestalt aus.

      „Wow, ein Schattenmann!“, sagt Jan, der sich zu uns gesellt hat. „Der sieht aber unheimlich aus!“

      Frau Dr. Hennigmeier sieht mich mit einem seltsamen Blick an. „Was ist das?“, fragt sie.

      Ich kann nicht antworten. Kalter Schweiß bricht mir aus allen Poren. Das Bild macht mir Angst. Ich will es zerreißen, doch ich bin wie gelähmt.

      „Das ist eine Figur aus einem Computerspiel, das wir beide gerne spielen“, erklärt Jan.

      „Geht es dir nicht gut?“, fragt die Lehrerin.

      Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. „Nein, nein, ich bin okay“, bringe ich heraus.

      „Du siehst nicht gut aus“, stellt sie fest. „Ich frage mich, ob du nicht lieber noch ein paar Tage zuhause bleiben solltest.“

      Ich schüttele energisch den Kopf. „Nein! Ich sagte doch schon, es geht mir gut!“

      Sie hebt beruhigend eine Hand. „Schon gut, Marko! Ich weiß, du hattest eine schwere Zeit. Wenn dir der Schulalltag hilft, zur Normalität zurückzufinden, dann ist das sicher gut.“

      Sie löst das Bild des Schattenmanns vorsichtig von dem Zeichenblock und hält es hoch. „Das ist außergewöhnlich. Es entspricht nicht der Aufgabe, die ich euch gestellt habe, aber es ist sehr ausdrucksstark. Hast du etwas dagegen, wenn ich es da drüben aufhänge?“ Sie deutet auf eine Wand, an der die besten Bilder ihrer Schüler angepinnt sind. Ich habe kein besonderes Zeichentalent, deshalb hat es noch nie eines meiner Werke dorthin geschafft.

      Ich schüttele mit dem Kopf, obwohl ich ihr am liebsten sagen würde, dass sie das Bild verbrennen soll. Auf keinen Fall will ich, dass es mich anstarrt, wenn ich das nächste Mal diesen Raum betrete.

      Frau Dr. Hennigmeier mustert mich aufmerksam. Sie legt das Bild beiseite. Als ich mit den anderen Schülern den Raum verlassen will, hält sie mich am Arm zurück. „Einen Moment noch, Marko. Ich würde gern noch etwas mit dir besprechen.“

      Als nur noch wir beide im Raum sind, sagt sie: „Diese Figur, die du gemalt hast … sie bedeutet etwas, oder?“

      Ich schüttele den Kopf. Ich will nicht darüber sprechen. Nicht über das, was Amelies Vater ihr und mir angetan hat. Und erst recht nicht darüber, was ich während meines Komas erlebt habe. „Es ist bloß ein Monster aus einem Spiel“, erwidere ich. „Ich hatte einfach Lust, es zu malen. Tut mir leid, wenn das nicht Ihrer Aufgabe entsprach.“

      „Marko, wenn es etwas gibt, über das du sprechen möchtest, dann möchte ich dir sagen, dass ich dafür immer zur Verfügung stehe. Die Kunst kann uns manchmal helfen, Dinge auszudrücken, für die uns die Worte fehlen. Vielleicht kann ich dir ja helfen, herauszufinden, warum dich diese Entenmann-Figur so belastet.“

      „Schattenmann. Er bedeutet nichts. Absolut gar nichts! Kann ich jetzt gehen? Ich muss zum Matheunterricht. Herr Braukmann hat es nicht gern, wenn wir uns verspäten.“

      Sie nickt. „Du weißt, du kannst jederzeit zu mir kommen“, sagt sie noch einmal.

      Ich wende mich wortlos ab und versuche zu verbergen, dass meine Hände und Knie zittern.

      3.

      Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß nicht, was.

      Amelie ist nicht zur Schule erschienen und beantwortet meine Nachrichten nicht mehr. Ich habe ein paar Jungs verprügelt, die deutlich stärker sind als ich, weil ich dachte, sie seien Zombies. In der Pause habe ich geglaubt, einen dunklen Mann mit violett leuchtenden Augen am Zaun des Schulgeländes gesehen zu haben. Im Kunstunterricht habe ich dann einen Schattenmann gemalt, ohne überhaupt zu merken, was ich da tue. Was ist bloß mit mir los?

      „Was ist bloß mit dir los, Marko?“, fragt Mam, als ich nach der Schule nur ein kurzes Hallo murmele, meine Schultasche in die Ecke fallen lasse und in mein Zimmer gehen will. „Du wirkst, als ob dich etwas belastet. Hast du noch mal Ärger bekommen wegen der Prügelei gestern?“

      „Nein“, sage ich wahrheitsgemäß. Mehr bringe ich nicht heraus – ich war noch nie ein guter Lügner.

      „Nimm bitte deine Pillen. Und dann räum dein Zimmer auf.“

      Immerhin etwas, das wie immer ist. „Muss das jetzt sein?“

      „Ja. Du bekommst nachher noch Besuch.“

      „Was denn für Besuch?“

      „Dr. Johannsen, der Psychiater, der dich im Krankenhaus untersucht hat. Er möchte sich nur kurz mit dir unterhalten und sicherstellen, dass es dir gut geht.“

      „Es geht mir gut!“

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