Status Quo. Thorsten Reichert
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Название: Status Quo

Автор: Thorsten Reichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847618287

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СКАЧАТЬ gut darin, Versprechen zu halten. Vielleicht war es sein Naturell, vielleicht Schicksal, ganz bestimmt aber war es sein Job, der ständig mit unangenehmen Überraschungen aufzuwarten wusste. Immerhin, diesmal würde man ihn nicht auf dem falschen Fuß erwischen. Die NSA-Geschichte war vorprogrammierter Ärger, sowohl mit den Medien als auch in der Sache selbst. Wenn es ihm nicht gelingen würde, diese Sache auf eine andere Abteilung abzuwälzen, dürfte der eingereichte, bevorstehende Urlaub leicht ins Wasser fallen.

      Auf dem Weg zur Arbeit dachte er über den geplanten Urlaub nach. Es war nichts besonderes, die Kinder hatten Ferien und sie wollten gemeinsam ein verlängertes Wochenende oder vielleicht die ganze Woche in ihr Ferienhäuschen an der Ostsee fahren. Es wäre mal wieder an der Zeit, keine Frage.

      Martin Johannsens Wagen führ im Autopilot die vierspurige Umgehungsstraße entlang, während der Fahrer seinen Urlaubsplänen nachsann. Als er sich wieder auf den Verkehr konzentrierte, bog er bereits auf den Parkplatz des großen Klinkergebäudes ein, in welchem das LKA Schleswig-Holstein untergebracht war. Da sage nochmal einer, er wäre nicht multitaskfähig.

       Deutsche Bank Zentrale, Frankfurt am Main, Montag 10.23 Uhr

      „Und schon bin ich drin.“

      Mike Pawelski blickte zufrieden in die Runde. Er hatte sich soeben in das vermeintlich hervorragend geschützte Sicherheitssystem eines der größten Kreditinstitute Europas gehackt und hatte sichtlich Spaß daran. Gleiches ließ sich nicht gerade von dem Dutzend Männern sagen, die ihm in teuren Anzügen gegenüber saßen. In seiner zerrissenen Jeans und dem Che T-Shirt wirkte er komplett deplatziert, und dennoch sahen ihn die Banker an als habe er ihnen gerade die Leviten gelesen. Mithilfe eines Trojaners, den er durch die Hintertür in ihr Sicherheitssystem geschleust hatte, war es ihm gelungen, das System davon zu überzeugen, dass sein externer Zugriff ein ganz normaler Vorgang sei.

      „Das ist, als würde man sich in einen Club schleichen und sich dort genauso entspannt verhalten wie die ganzen VIPs dort. Je unauffälliger man sich gibt, desto weniger Aufmerksamkeit erregt man. Das Geheimnis ist, so zu tun als gehöre man dazu.“

      Er liebte seine Vergleiche, sie waren ungewöhnlich, aber absolut treffend. Fand er selbst zumindest. Die ergrauten Männer auf der anderen Seite des Tisches sahen das möglicherweise anders, jedenfalls sagte keiner ein Wort. Mike Pawelski lenkte ihren Blick wieder auf das vom Beamer an die Wand projizierte Bild, welches die Oberfläche seines Laptop zeigte.

      „Ich hab es so gemacht“, begann er zu erklären. „Das Sicherheitssystem erwartet einen Frontalangriff, über eine der folgenden Adressen. Er markierte etwas mit seinem Laserpointer.

      „Ein normaler Angriff würde ungefähr so aussehen, dass man hier versuchen würde, die Sicherheitsbarriere zu überwinden oder etwas einzuschleusen, was das Alarmsystem lahm legt. Natürlich sind sie dagegen gesichert, das ist ja das mindeste, was ein Sicherheitssystem leisten muss. Der Clou ist, dass man durch den Ar...“ Er unterbrach sich selbst und ermahnte sich, es mit seiner Wortwahl nicht zu übertreiben. „...dass man von hinten durch die Brust ins Herz sticht. Man muss da angreifen, wo am wenigsten ein Angriff erwartet wird. Ein gutes Sicherheitssystem kennt seine eigenen Schwächen und kann eben genau darauf reagieren.“

      Anhand einiger nickenden Köpfe konnte er erkennen, dass seine Botschaft zumindest bei einem Teil der Banker ankam.

      „Was sie brauchen ist ein System, das nicht nur die üblichen verdächtigen Stellen überwacht, an dem ein Eingriff möglich wäre, sondern sensibel für Zugriffe ist, die vermeintlich sicher sind. Sie brauchen ein mehrstufiges System, bei dem die unterschiedlichen Stufen sich gegenseitig überwachen. Wenn einer pennt, greift ein anderer ein.“

      Er konnte die Abneigung spüren, die ihm seitens der Schlipsträger entgegen schlug, aber er sah auch ihre Anerkennung seiner Fähigkeiten in ihren Augen. Diesen Blick liebte er. Es war ein Blick, der vor allem eines bedeutete: Geld. Viel Geld.

      „Sie sagen, sie seien drin.“ Der ältere Mann in der Mitte fand als erster seine Sprache wieder. Vermutlich war er der Chef oder zumindest ein ziemlich hohes Tier in dem Unternehmen. Als er „drin“ sagte, formte er die Anführungszeichen mit den Fingern seiner Hände.

      „Was genau meinen sie damit. Wie tief sind sie drin? Ich meine, was könnten sie da jetzt machen?“

      „Mal sehen – wie lautet ihre Kontonummer?“, konterte Mike mit einem frechen Grinsen, das seine Wirkung nicht verfehlte.

      „Ich glaube wir haben genug gesehen,“ unterbrach der Nebenmann des Älteren. Offenbar war das der Chef und der andere nur der Vize. Mike interessierte sich nicht allzu sehr für Hierarchien, was ihn interessierte war Geld. Geld und Macht. Er liebte es, Macht über diese Herren zu haben, die ihn unten auf der Straße keines Blickes würdigten. Er würde es ihnen heimzahlen, indem er ihnen einen Sonderpreis machte. Eine ziemlich hohe fünfstellige Summe würde von ihrem auf sein Konto wandern, für einen Job, der ihn drei Tage Arbeit kosten würde. Das war kein so schlechter Stundenlohn. Was die Sache aber versüßte war, dass er jetzt Zugriff auf ziemlich sensible Bereiche des Netzwerks der Deutschen Bank hatte, nachdem er während der Präsentation einen zweiten Trojaner dort hochgeladen hatte, der ihm zukünftig praktisch grenzenlosen Zugriff auf ihr internes Netz gewährleisten würde. Der Trick war, dass er einen Angriff vortäuschte, den er vorher angekündigt hatte. Das System hatte den Angriff zwar nicht abwehren können, aber hatte ihn immerhin wahrgenommen. Während der – im Raum anwesende – Sicherheitsberater der Deutschen Bank aber dachte, der Angriff diene nur Demonstrationszwecken und sei so gestaltet, dass er die Schwächen des Systems offenlege, nicht aber ausnutze, nun, währenddessen grub sich der Trojaner tief ins System ein und verhielt sich dort genau so wie Mike Pawelski es zuvor beschrieben hatte: er tat so, als gehöre er genau dorthin. Kein Sicherheitssystem würde erahnen können, dass es sich hier um einen der gefährlichsten Angreifer handelte, den das System je gesehen hatte. Noch während Mike seinen Laptop einpackte und sich von den Anzugträgern verabschiedete, sendete der Trojaner kleine, unscheinbare Datenpakete an einen Server in den USA, den Mike sich zu diesem Zweck angemietet hatte. Da jeden Tag Millionen von Daten zwischen dem Netzwerk der Deutschen Bank und IP-Adressen in den USA ausgetauscht wurden, war dies die unscheinbarste Methode, die man sich vorstellen konnte, um Daten zu stehlen. Der Server, auf den die Daten transferiert wurde, stand in den Vereinigten Staaten, was für den Datentransfer wie gesagt ideal war. Der Eigentümer der Server jedoch war eine Briefkastenfirma mit Sitz auf den Cayman-Inseln, was wiederum den außerordentlichen Vorteil hatte, dass es nicht ohne größere diplomatische Konsequenzen möglich wäre, den Server seitens der USA oder eines anderen Staates zu beschlagnahmen oder sich Zugriff darauf zu verschaffen. Dieses System funktionierte seit nunmehr sechs Jahren und hatte wesentlichen Anteil daran, dass Mike das Arbeitslosengeld, von dem er zuvor gelebt hatte, nicht mehr benötigte. Offiziell verdiente er weniger als 20.000 Euro im Jahr, doch die Großaufträge namhafter in Frankfurt ansässiger Kredit-, Versicherungs- und sonstiger Großunternehmen ließen bei ihm kräftig die Kasse klingeln. Die teilweise sechsstelligen Einnahmen der Großaufträge wie dem der Deutschen Bank gab Mike an Subunternehmer weiter, welche natürlich fiktive Personen waren, die in den diversen Steuerparadiesen dieser Welt lebten. Auf diese Weise hatte er es inzwischen auf ein Vermögen von knapp einer Million Euro gebracht, steuerfrei und ohne, dass dieses Geld nachverfolgt werden könnte. „Nur Anfänger bringen ihr Geld in die Schweiz“, war sein Motto. Ein Motto, das sich in den letzten Jahren definitiv bewahrheitet hatte. Trotz seiner guten finanziellen Lage lebte Mike noch immer in seiner Bude im Frankfurter Rotlichtviertel, einer 40-Quadratmeter Souterrainwohnung, die dem Klischee eines Nerds mehr als gerecht wurde. Wenn er Meerblick wollte, dann flog er erster Klasse nach Dubai oder Singapur, natürlich kostenlos. Es war erstaunlich, was man mit einem Laptop und einem Internetanschluss heutzutage erreichen konnte. Doch in den Luxussuiten der Nobelhotels hatte er spätestens nach ein, zwei Tagen Heimweh nach seiner Bude, da konnten auch die teuren Escort-Ladies nicht viel dagegen СКАЧАТЬ