Название: Faszination Ladyboy
Автор: Fred Suban
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844293906
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Einige Tage später war es dann so weit, denn der Anstand verbot mir, gleich am nächsten Tag anzurufen, obwohl ich meine Ungeduld kaum zügeln konnte. Ich kam mir vor wie ein Kind vor Weihnachten. Wir trafen uns an der bekannten Stelle, um dann im nahe gelegenen Frankreich ein für sein angenehmes Ambiente bekanntes Speiserestaurant aufzusuchen.
„Barbara“, begann ich das Gespräch vorsichtig, „du strahlst eine mir unbekannte Faszination aus; und wenn ich in deine Augen schaue, glaube ich eine gewisse Sehnsucht darin zu sehen. Kann es sein, dass du ein Geheimnis in dir trägst, das du gerne jemandem mitteilen möchtest? Zudem ist mir der Unterton in deiner dunklen Stimme aufgefallen, und auch der Dialekt lässt vermuten, dass du nicht aus dieser Region stammst.“
„Es freut und beschämt mich zugleich, dass du mich nach dieser kurzen Zeit durchschaut hast. Du hast richtig vermutet: Eigentlich bin ich Amerikanerin, aber in Holland aufgewachsen, und nun lebe ich seit vielen Jahren in der Schweiz. Nur einmal im Jahr, während der kalten Jahreszeit hier, fahre ich nach Kalifornien, um dort zu überwintern.“
Inzwischen war das Essen aufgetragen worden, und wir widmeten uns erst einmal den leiblichen Genüssen. Während des belanglosen Gesprächs trafen mich immer wieder diese geheimnisvollen Blicke.
„Interessant, dein Leben! Ich würde gerne mehr darüber erfahren, falls es dir nichts ausmacht.“
„Um auf den Punkt zu kommen: Ich war bis vor einigen Jahren noch ein Mann, ein Transsexueller. Wir können jetzt das Gespräch abbrechen, wenn es dir unangenehm ist, denn ich weiß, wie Männer darüber denken.“
„Das also ist das Geheimnis“, ging es mir durch den Kopf, während ich sie beruhigend aufforderte, doch bitte fortzufahren. Offensichtlich hatte sie Vertrauen gefasst, als ich ihr meine Erfahrungen mit diesem Problem in kurzen Worten schilderte.
„Danke, dann habe ich dich doch richtig eingeschätzt. Obwohl ich schon einige Jahre hier lebe, kenne ich niemanden, mit dem ich mich aussprechen könnte. Also“, fuhr sie mit sichtlicher Erleichterung fort: „Ich wurde in der Nähe von Los Angeles geboren. Nachdem meine Eltern und auch ich gemerkt hatten, dass ich mich trotz meines männlichen Geschlechts zu einem Mädchen entwickeln würde, zogen wir um nach Kanada. Denn ein solches Leben im konservativen Amerika war damals unmöglich. Im frühen Erwachsenenalter fasste ich dann den Entschluss, in Holland eine Geschlechtsumwandlung vornehmen zu lassen. Nachdem ich einige Jahre lang meinen Wohnsitz dort hatte, konnte ich dann die holländische Staatsbürgerschaft beantragen. Aber das Leben dort hat mir nie gefallen, und deshalb bin ich in die Schweiz gekommen. Ich verkaufe mich als Prostituierte auf Abruf, denn eine andere Möglichkeit habe ich nicht. Ich versuchte es in anderen Jobs, jedoch ohne Erfolg auf Akzeptanz in der Bevölkerung.“
„Weshalb hast du dich operieren lassen?“, wagte ich einzuwerfen. „Bist du mit dem Resultat zufrieden?“
„Nein. Ich hatte mir so viel erhofft ‒ einerseits endlich eine vollkommene Frau zu werden, als die ich mich immer fühlte, und andererseits endlich auch als solche akzeptiert zu werden. Zu meiner großen Enttäuschung und zu meinem Leidwesen muss ich feststellen, dass sich weder das eine noch das andere erfüllt hat. Das einzig Positive daran ist, dass ich mich als ‚weiblich‘ im Pass und allen Amtspapieren eintragen konnte. Manchmal habe ich große Sehnsucht danach, mich mit jemandem zu treffen, wie wir es heute tun; einen Freund zu haben, den ich lieben und an den ich mich anlehnen kann. In meinem Studio sind immer alle voller Begeisterung, aber in der Öffentlichkeit will sich dann niemand mit mir zeigen. Ich bin eben in deren Augen ein Transsexueller, ein Transvestit, wie sie es fälschlicherweise nennen, und das wird auch in Zukunft so bleiben.“
Wir verabredeten uns in der Folge noch einige Male in unterschiedlichen Abständen, wobei wir unser freundschaftliches Zusammensein jedes Mal sehr genossen. Eines Tages eröffnete sie mir ihren Entschluss, nach Amerika zurückzukehren, denn dort wohne ihre ebenfalls alleinstehende Schwester, und bei ihr werde sie sich niederlassen.
Ich spürte ihre Verzweiflung und wünschte ihr, dort endlich das zu finden, wonach sie immer gesucht hatte ‒ eine Gesellschaft mit mehr Toleranz. Allerdings hegte ich meine stillen Zweifel. Ich erinnerte mich nämlich daran, wie ich Anfang der 1970er-Jahre mit meiner damals Verlobten zu Besuch bei meiner Schwester in New York war und wie wir uns bei Nachbarn als Ehepaar vorstellen mussten, denn ein unverheiratetes Paar, obwohl verlobt, im gemeinsamen Schlafzimmer war für die konservativen Amerikaner selbst in einer Weltstadt, wie New York es ist, höchst verwerflich.
Mathilda
Es war am Ende eines feuchtfröhlichen Abends, an dem wir den Ausklang eines erfolgreichen Arbeitstags auf der Mustermesse gefeiert hatten. Die Mustermesse in Basel ist die größte Warenmesse der Schweiz und gleichzeitig der Spiegel für einheimische Industrie, Gewerbe und Handel. Als Importeur und Schweizer Vertretung eines ausländischen Möbelherstellers repräsentierte ich zusammen mit dessen Exportmanagern seine Produkte. Eigentlich war ich noch in aufgeheizter Stimmung, und es war mir überhaupt nicht zum Schlafen zumute; und so entschloss ich mich, trotz der fortgeschrittenen Nachtstunde noch eine Bar aufzusuchen. Während der Messezeit hatten die Bars und Restaurants rund um das Messegelände verlängerte Öffnungszeiten, und so war auch nicht erstaunlich, dass in diesen Etablissements ein wahres Gedränge herrschte. Diesem Umstand und dem bereits genossenen Alkohol war es wahrscheinlich zuzuschreiben, dass ich beim Eintreten das sympathische Lächeln der dicht an mich gedrückten Servicedame als eine Art Aufforderung verstand. Jedenfalls fackelte ich nicht lange und drückte ihr einen kräftigen Kuss auf den hübschen Mund. Schon wollte ich mich für die Dreistigkeit wieder entschuldigen, aber zu meinem Erstaunen erntete ich einen verheißungsvollen Blick, und damit nahm die Fortsetzung dieser Geschichte ihren Anfang.
Am nächsten Tag nahm ich mir eine Auszeit an unserem Präsentationsstand, „um einen Kundenbesuch zu machen“, wie ich offiziell begründete. In Wirklichkeit aber wollte ich die Dame in der nahe gelegenen Bar aufsuchen, um mich für den gestrigen Vorfall zu entschuldigen. Ich wollte unter allen Umständen eine peinliche Situation vermeiden für den Fall, dass jemand meiner Mitrepräsentanten auf die Idee kommen sollte, ausgerechnet diese Bar für einen Umtrunk nach Messeschluss auszuwählen. Zu meiner Freude, aber auch mit einem beklemmenden Gefühl sah ich die Dame bereits wieder an der Arbeit. Ich wusste, dass die Bar erst jetzt geöffnet hatte, und konnte somit hoffen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach noch keine Gäste anwesend waren.
„Hallo!“, grüßte ich etwas unsicher. „Sind Sie die Dame von gestern Nacht, die ich spontan geküsst habe? Ich bin gekommen, um mich bei Ihnen zu entschuldigen.“
„Hallo! Sie sind also der Herr, dem ich meine schlaflose Nacht zu verdanken habe“, lächelte sie zurück, und eine sanfte Ironie klang in ihren Worten mit. „Ich habe gedacht, Sie hätten mich bereits wieder vergessen.“
„Wie könnte ich auch!“, lautete nun meinerseits das aufrichtige Bekenntnis. „Ich bin zwar gekommen, um mich zu entschuldigen und Sie zu bitten, nichts auszuplaudern, falls ich heute von meinen Kollegen begleitet werde, insgeheim habe ich jedoch auch gehofft, Sie um diese Zeit alleine anzutreffen.“
„Oh, das kostet natürlich einen Drink“, meinte sie sichtlich geschmeichelt, aber mit etwas heiser-belegter Stimme, wahrscheinlich eine Folge des gestrigen Abends. „Wissen Sie, auch ich freue mich, Sie wiederzusehen. Denn in meinem Beruf und besonders während solcher Tage muss man sich so manches anhören und manchmal auch gefallen lassen.“
„Ja, und dann kommt noch einer wie ich und nimmt sich die Frechheit, Sie, ohne zu fragen, einfach zu küssen.“
„Das hat mich aufgestellt, denn ich fühlte, dass eine aufrichtige Leidenschaft mitgespielt hatte.“
„Sie СКАЧАТЬ