Название: Magische Bande
Автор: Dennis Blesinger
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738028690
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Beide saßen schweigend da, Marc seinen verletzten Arm in seiner anderen Hand, und neben ihm Vanessa, immer noch im Nachthemd, das über und über mit Marcs Blut besudelt war. Langsam wich die Spannung zwischen den beiden.
»Hast du gesehen … ?«, fragte Marc mit zittriger Stimme.
»Ja.« Vanessas Antwort war mehr ein Flüstern, während sie versuchte, die Bilder aus ihrem Kopf zu verdrängen. Sie schüttelte energisch den Kopf. Sie würde nicht anfangen zu weinen. Nicht jetzt. Darüber hinaus war das Bild, das sie eben von Nadja gesehen hatte, zu grotesk, als dass sie es mit einer Emotion in Verbindung bringen konnte. Sie realisierte, dass sie unter einem leichten Schock stand, ebenso wie ihr Bruder. Sie schüttelte den Kopf, um die Gedanken frei zu bekommen. »Marc, ich liebe Nadja mehr als alles andere auf dieser Welt«, meinte sie schließlich leise, »aber wenn wir das jetzt machen, ist das Selbstmord. Damit helfen wir ihr nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Dann sterben wir alle drei.«
»Ich weiß.« Tränen traten Marc in die Augen. Vanessa wusste, dass es Tränen der Wut waren. Hier zu sitzen und nichts tun zu können, im festen Wissen, dass Nadja gerade zu Tode gefoltert wurde, verursachte auch bei ihr einen Klumpen im Magen, der heiß und kalt zugleich brannte. Das Bild, das er gesehen hatte, weigerte sich, zu verschwinden. Bevor einer der beiden etwas sagen konnte, klingelte das Telefon.
»Hab ich euch geweckt?«, fragte Sven, noch bevor Vanessa sich gemeldet hatte.
»Nein. Wir … wir waren wach. Was gibt's?«
»Ich konnte nicht schlafen und bin meine Notizen durchgegangen. Ich glaube, wir haben ein Problem.«
»Das mit dem glauben kannst du streichen«, meinte Vanessa grimmig. »Das ist eine Tatsache.«
»Was ist passiert?«
»Kannst du vorbeikommen?«
»Ich bin in zwanzig Minuten da.«
13
»Wenn ich das Ritual richtig verstanden habe, dann war die Lücke, die wir im Schutzkreis gefunden haben, kein Zufall. Im Gegenteil. Der Schutzkreis macht überhaupt keinen Sinn.« Sven blickte von seinen Aufzeichnungen auf und betrachtete die beiden Personen vor ihm. Sowohl Marc als auch Vanessa hatten dunkle Ringe unter den Augen und machten einen angespannten Eindruck. Eine kurze Berichterstattung über die astrale Kommunikation der beiden mit Nadja hatte nicht zu seiner Beruhigung beigetragen, im Gegenteil.
»Alles in dem Raum«, fuhr er fort, »alle Symbole, alle Artefakte, einfach alles war darauf ausgelegt, diesen Dämon zu beschwören. Und wenn ich das richtig interpretiert habe, ist das einer von der Sorte, die man nicht in der Nachbarschaft haben will.«
»Naja, dann macht ein Schutzkreis schon Sinn, finde ich.«
Sven schüttelte den Kopf. »Nicht in diesem Fall«, berichtigte er Marc. »Wahrscheinlich waren die meisten Zeichen nur dafür da, um die Teilnehmer in die Irre zu führen. Dämonen dieser Sorte ernähren sich von der Substanz anderer Ebenen. Das, was ihnen die meiste Nahrung liefert, ist die Lebensenergie anderer Lebewesen.« Er hob die Hand, als Marc einen weiteren Einwand einbringen wollte.
»Diese Dämonen sind auch dafür bekannt, dass sie gerne Pakte schließen. Das ist selten. Normalerweise sind Manifestationen von anderen Ebenen eher stumpfsinnig und können sich nicht oder nur schwer mit Lebensformen der anderen Ebenen verständigen.«
»Was für ein Pakt?«, fragte Vanessa.
»Oh, das Übliche«, meinte Sven. »Macht, Unsterblichkeit, was auch immer. Im Gegenzug verlangt der Dämon in der Regel eine Bezahlung.«
»Nahrung.«
»Richtig.« Sven nickte Vanessa zu. »Ob du es Lebensenergie, Essenz, oder auch Seele nennst. Das, was einen Menschen, eine Lebensform ausmacht, ist das, was diese Art von Dämon haben möchte.«
»Warum hat er dann nicht einfach alle umgebracht, Samael seine Bezahlung gegeben und sich wieder verzogen? Warum hat er so ein Blutbad angerichtet?«
»Da bin ich noch nicht ganz sicher«, gab Sven zu. »Aber Dämonen, speziell höhere Dämonen, brauchen eine Hülle, um auf dieser Ebene, in dieser Welt agieren zu können. Ohne Körper sind sie nur unstoffliche Wesen, die im besten Falle Gegenstände bewegen, aber keine Lebewesen beeinflussen können.«
»So wie Poltergeister?«, versuchte Marc das eben Gesagte richtig einzuordnen.
»Genau. Das Problem ist, dass es nicht so einfach ist, sich eine Hülle zu besorgen. Um jemanden zu … zu besitzen, um in seinen Körper einzudringen und ihn zu kontrollieren, ist ein gewisses Maß an Einverständnis des Wirtes notwendig.«
»Samael wollte, dass der Dämon von ihm Besitz ergreift?« Vanessa blickte fassungslos von Sven zu Marc, der ebenso verwirrt wirkte, wie sie.
»Du kanntest den Mann besser als ich.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, während Vanessa über Svens Bemerkung nachzudenken schien. Dann schüttelte sie schaudernd den Kopf und signalisierte Sven, fortzufahren.
»Naja, wie dem auch sei, Samael hat, wie ich denke, einen Pakt mit dem Dämon geschlossen. Die Bezahlung waren wohl die anderen Teilnehmer der Gruppe. Aber irgendwas muss schiefgelaufen sein. Spätestens Nadja, die überlebt hat, war nicht eingeplant. Und auch nicht, dass wir ihm den Schädel einschlagen. Damit ist der Teil des Paktes schon mal hinfällig. Samael wird seine Bezahlung erst erhalten, wenn er seinen Teil des Deals erfüllt hat. Sofern er die ganze Geschichte denn überhaupt in der einen oder anderen Form überlebt hat.«
»Was meinst du?«
»Naja, Dämonen sind nicht eben bekannt dafür, dass sie sonderlich gutmütig sind. Speziell, wenn es um ihre Bezahlung geht. Wenn der Dämon der Meinung ist, dass Samael die Sache verbockt hat, dann stehen die Chancen gut, dass er sich ihn oder auch seine Seele einverleibt hat.«
»Aber warum? Ich meine, warum ist Nadja dann noch am Leben? Ich versteh das nicht«, meinte Marc. »Wenn sie drüben ist, wo immer das auch ist, warum bringt er sie dann nicht einfach um? Warum tut er ihr das an? Was will er von ihr?«
»Dämonen können ohne Körper nicht lange auf anderen Ebenen existieren. Er braucht einen Körper, um dauerhaft in diese Welt zurückkehren. Oder einfach genug Zeit und Energie, um sich einen eigenen zu formen. Und das dauert sehr lange, unter Umständen Jahre. Und er darf dabei nicht gestört werden.«
»Und der Körper muss ihm überlassen werden.« Marc dachte an das zurück, was er von der Unterhaltung zwischen Nadja und ihrem Peiniger mit angehört hatte. »Warum bringt er sie nicht einfach um?«
»Tote Körper sind nutzlos«, erklärte Sven, dabei Vanessas schockierten Gesichtsausdruck ignorierend. So sehr ihnen allen das Wohlergehen Nadjas am Herzen lag, so mussten sie im Moment eine gewisse Rationalität bewahren. »Es muss noch ein wenig Leben in ihnen sein.«
»Okay. Das gibt uns ein bisschen Zeit.«
»Warum?«
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