Название: Magische Bande
Автор: Dennis Blesinger
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738028690
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»Ich bin nicht sicher.«
»Wir müssen ihnen folgen.« Eine Dringlichkeit, in der eine Spur Verzweiflung lag, war in der Stimme des jungen Mannes zu hören.
»Ja. Lass mich noch einen Augenblick ausruhen.«
Schließlich, ohne dass ein weiteres Wort gesagt worden war, erhoben sich die beiden Gestalten und blickten ein letztes Mal in die Richtung der Stelle, an der ein kleiner, für das menschliche Auge nicht sichtbarer Riss etwa einen Meter über dem Erdboden hing und den Zugang in eine andere Welt, eine fremde Ebene darstellte.
Ein letzter verlangender Blick, dann wandten die beiden sich ab und verschwanden in der Dunkelheit.
10
Schwärze waberte um Nadja herum. Es hätte auch ein dunkles Rot sein können, sie war nicht sicher. Es war heiß, unangenehm heiß. Irgendetwas bewegte sich in der Finsternis.
Keuchend versuchte sie, sich zu orientieren. Die Bewegungen um sie herum waren eher zu fühlen, als dass sie sie hätte sehen können, aber sie war sich sicher, dass sie in Gefahr schwebte. Wo war sie? Hektisch blickte sie sich um.
Der Riss … er musste hier irgendwo sein. Sie war nicht weit gefallen, nachdem sie ihn erreicht hatte. Glaubte sie jedenfalls. Sie gestand sich ein, dass sie keine Ahnung hatte, wie lange es gedauert hatte, bis sie auf dem Boden aufgeschlagen war und welche Entfernung sie zurückgelegt hatte. Sie konnte sonstwo sein. Nichts als wabernde Schwärze umgab sie. Ein unangenehmes Kribbeln lenkte ihren Blick nach unten. Der Ring auf ihrer Hand leuchtete in einen merkwürdigen Licht und das Kribbeln kam von dort. Sie versuchte erneut, den Ring abzustreifen, ließ es jedoch schnell sein. Mit jeder Berührung des Ringes steigerte sich das Kribbeln, bis es weh tat.
Jedoch nicht der Schmerz ließ sie innehalten. Etwas anderes ging von dem kleinen Schmuckstück aus. Ein Ziehen … irgendetwas zog an ihr. Nicht an ihrem Finger oder dem Rest des Körpers. Dieses Ziehen ging tiefer, reichte weit über die körperliche Ebene hinaus.
Erschrocken schrie sie auf, als irgendetwas sie streifte. Sie konnte nicht erkennen, was es gewesen war, aber die kurze Berührung war unangenehm gewesen, fast schleimig. Durch und durch falsch. Sie zwang sich zur Ruhe. Langsam beruhigte sich ihr Atem. Sie musste herausfinden, wo sie war und wo sich der Riss befand. Wie sie zurückkehren konnte. Sie musste zurück. Schnell.
Sie machte einen kurzen Schritt in eine willkürliche Richtung und bedauerte es augenblicklich. Schmerzen durchschossen ihren Körper, als ob sie an glühenden Fäden hängen würde. Sie schrie und spürte, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Sie zwang sich, so bewegungslos wie möglich dazustehen. Langsam ebbte der Schmerz ab. Ihr Atem ging stoßweise, als sie überlegte, was sie nun tun sollte. Sie wartete. Wie lange, konnte sie nicht sagen. Nichts in ihrer Umgebung ließ einen Schluss zu, wie viel Zeit verging. Tränen traten ihr erneut in die Augen, als die Angst sie zu übermannen drohte. Entschlossen drängte sie sie zurück. Nichts wurde jemals durch Tränen erreicht.
Ob es wirklich heller wurde oder ob sich ihre Augen schlicht und ergreifend langsam an die Umgebung gewöhnten, konnte sie nicht sagen, aber die Bewegungen, die sie vorher nur hatte erahnen können, nahmen mit jeder Minute, die sie regungslos dastand, mehr Substanz an. Nadja wünschte sich, es wäre nicht der Fall. Schatten umschwirrten sie, wisperten Worte in der Dunkelheit, die sie nicht verstand und auch nicht verstehen wollte. Ein weiteres Mal machte sie einen vorsichtigen Versuch, sich zu bewegen, ließ es jedoch schnell sein. Etwas, das sich wie heißer Stacheldraht anfühlte, hielt sie an Ort und Stelle. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sank sie auf die Knie und versuchte, zu Atem zu kommen.
»Du kannst nicht entkommen.«
Die Stimme hörte sich an, als ob heißer Teer akustische Form angenommen hätte. Schmierig und klebrig hingen die Worte in Nadjas Ohren, während sie versuchte zu ergründen, wer oder vielmehr was der Ursprung war. Sie machte sich keine Illusionen, dass sie sich in der Gegenwart eines Menschen befand. Noch während sie versuchte, sich zu orientieren, registrierte sie erneut das merkwürdige Ziehen. Ihr Blick glitt hinunter zu ihrer Hand, an der der silberne Ring saß. Das Ziehen kam von dort. Es war nicht stark, aber stetig. Und obwohl der Zug nicht kräftig war, so war das daraus resultierende Gefühl unangenehmer, als wenn jemand mit aller Kraft an Ihrem Arm gerissen hätte.
Langsam nahm etwas am Rande ihres Wahrnehmungsfeldes Gestalt an. Ob es einhundert Meter entfernt war oder zehn, konnte sie nicht sagen. Panik ergriff sie. Das, was sich langsam durch den Dunst und die Schatten auf sie zubewegte, war die Essenz dessen, was sie vor wenigen Stunden erst nebelartig über dem Tisch in Samaels Keller hatte schweben sehen, später in menschlicher Form, wenn auch grotesk verzerrt. Hier war nichts verborgen, nichts verzerrt. Alles in ihrem Körper schrie danach, wegzurennen. Es überraschte sie, dass sie es nicht tat. Allerdings wusste sie, dass sie auch keinen halben Meter weit gekommen wäre. Zitternd erhob sie sich und blickte dem Monstrum entgegen, das sich langsam und unaufhaltsam auf sie zubewegte.
»Was … was willst du?«
Das Ziehen des Ringes wurde stärker. Irgendetwas versuchte, etwas aus ihrem Inneren heraus zu ziehen. Jedoch nicht aus ihrem Körper. Tiefer. Viel tiefer.
Die Mauer, die Nadja errichtete, wuchs aus einem Instinkt heraus und kapselte das ab, was das Ziel des Ringes, oder des Zaubers, der auf ihm lag, war. Sie fühlte, wie das Ziehen nachließ, als die Kraft, die von dem Ring ausging, gegen die Barriere prallte.
»Nein!«
Ihre Stimme zitterte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob das Wort als solches verständlich gewesen war. Bevor sie jedoch einen weiteren Satz oder auch nur einen Laut von sich geben konnte, fuhr etwas zischend durch die Luft, direkt auf sie zu.
Sie schrie. Schmerzen erfüllten ihren Geist, ihren Körper. Es fühlte sich an, als ob ihre Eingeweide auseinander gerissen würden. Etwas Warmes lief ihr die Beine hinunter. Fassungslos beobachtete sie, wie die Blutlache um ihre Füße herum wuchs, während sie sich die Hände vor die klaffende Wunde presste, die sich dort befand, wo eben noch ihr Bauch gewesen war. Das Zischen erklang erneut und die Welt explodierte in Schmerzen und Blut. Sie sprang.
11
Nicole blickte missmutig auf die Uhr, während ihr Wagen langsam die Auffahrt entlang rollte und schließlich zum Stillstand kam. Ein paar Sekunden lang blieb sie sitzen und nahm das Szenario, das sich ihr bot, in sich auf. Die Kollegen hatten das Haus weiträumig abgesperrt, die Spurensicherung war gerade eingetroffen, überall wimmelte es von Beamten und Personen in weißen Schutzanzügen. Man hätte meinen können, im Keller des Hauses würde radioaktives Material liegen.
Erneut blickte sie zur Uhr. Halb elf. Unglaublich. So langsam fragte sie sich nicht mehr, warum sie kein nennenswertes Privatleben hatte. Sie hatte zwar keinerlei Verabredung gehabt, als das Telefon geklingelt hatte, aber ein schöner Abend alleine vor dem Fernseher wäre auch mal was Feines gewesen. Und wer auch immer dort im Haus lag, war morgen auch noch tot. Dann allerdings konnten die Kollegen von der Spurensicherung erst ernsthaft mit der Arbeit beginnen, wenn sie das Okay gegeben hatte. Sie seufzte ergeben und stieg aus.
»Claußen, Mordkommission«, nuschelte sie dem Beamten entgegen, der an der Haustür Wache hielt und hielt ihren Ausweis hoch. Das Nicken des Kollegen nahm sie nur unbewusst wahr. Sie hatte einen Fuß bereits auf die erste Stufe der kleinen Treppe gesetzt, die zur Haustür führte, als sie mitten in der Bewegung erstarrte.
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