Faktor Mensch. Tanja Kewes
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Название: Faktor Mensch

Автор: Tanja Kewes

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

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isbn: 9783844240924

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СКАЧАТЬ Hemd bis Kopf. Im Karneval müsste der Zauderer eigentlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Erbsenzähler einen Schotten darstellen. Das traut er sich aber nicht – und zwar nicht nur, weil Merkel im Düsseldorfer Zoch traditionell nackt daherkommt und die Schotten traditionell Röcke tragen. Er verkleidet sich gar nicht. Nicht mal große Karos traut er sich.

      Endlich der Gutmensch. Der tritt gerne im Gewand des Betriebsrats auf, pfeift die „Internationale" und kämpft für „meine, äh, pardon, unsere Sache". Zum Thema trägt er in der Regel wenig bei. Für alles Inhaltliche hat er „wegen der vielen Verpflichtungen im Betriebsrat leider wenig Zeit". Im Karneval dreht er – nach 37,5 Stunden Wochenarbeitszeit gut erholt – voll auf und zeigt als Teufel oder Kater seine Hörner oder Krallen.

      Haben Sie sich oder die lieben Kollegen wiedererkannt? Wenn ja, nehmen Sie es nicht zu schwer. Sondern eher als Denkanstoß – so wie im Epischen Theater von Bert Brecht mit seinen skurrilen Helden und überzeichneten Situationen. Das Ergebnis vieler geschäftlicher Meetings passt ja ohnehin sehr gut zu Brechts Ansatz „Der Vorhang zu, und alle Fragen offen". Hauptsache, jeder hat sich gut präsentiert – mit oder ohne Schminke, Konfetti und Kostüm.

       Erschienen am 19.02.2010 im Handelsblatt

      Warum es schön ist, zu beraten und sich beraten zu lassen

       Wer Entscheidungen fürchtet, mietet sich einen Söldner.

W

      as haben Joschka Fischer, Hartmut Mehdorn und Herbert Walter gemeinsam? In ihrem ersten Leben nicht viel. Der eine war Revoluzzer, Steinewerfer, Außenminister und bis zuletzt grün, der andere Bahn-Chef im Tower von Berlin, der Dritte Dresdner-Bank-Boss. Der Erste wurde abgewählt, der Zweite trat zurück, der Dritte war nach der Fusion seiner Bank überflüssig.

      In ihrem heutigen Leben haben sie aber eines gemeinsam: Sie sind Berater. „Joschka Fischer and Company" heißt die eine Beratungsadresse am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte, und die anderen beiden Herren haben ihre neue Berufung im feinen Westend in Frankfurt am Main gefunden.

      Letzter Ausweg Beratung? Es scheint so. Denn die drei Herren sind nicht die einzigen. So steht der frühere Eon-Chef Wulf Bernotat dem Finanzinvestor Permira zur Seite, der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus, dem österreichischen Konzern Magna, und Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair berät alles und jeden und hat so binnen weniger Jahre Millionen Pfund gemacht.

      Aber es ist nicht nur so, dass die Alten die Beratung als Aufschub vor dem unausweichlichen „a.D." entdeckt haben. Auch wir anderen geben uns zu gerne der Beratung hin – wenn auch nicht als Anbieter, sondern als Kunden, und zwar beruflich und privat. Wollen wir ein paar Kilo abnehmen, gehen wir zum Ernährungsberater und engagieren anschließend einen Personaltrainer. Wollen wir unser Geld vermehren, vertrauen wir – Finanzkrise und diversen Bankenskandalen zum Trotz – wieder unserem Anlageberater. Wollen wir heiraten, finden wir einen Wedding-Planner, ziehen wir um, einen Einrichtungsberater, verändern wir uns beruflich, einen Karriereberater, ticken die lieben Kleinen aus, eine Supernanny.

      Warum tun wir das? Die Hälfte der (teuren) Zeit braucht der Berater, um sich einzuarbeiten, also um auf den Stand zu kommen, den wir, die Auftraggeber schon haben. Wegen der weltbewegend neuen Ideen, Konzepte, Strategien, die diese feinen Herren oder Damen für uns entwickeln? Na, ja, bewegend ist meist nur das Honorar. Und selbst wenn diese (mal) gut sind, stehen wir danach meist alleine mit der Umsetzung da. Müssen also etwa selbst die Produktion schließen, die Hälfte der Mitarbeiter „freisetzen", selbst schwitzen, nur noch Wasser trinken und Kohlsuppe essen.

      Von Beruf Berater zu sein behält man in gewissen Teilöffentlichkeiten und an bestimmten Orten zwar besser für sich. Denn wer etwa auf einer Party verkündet, „Meckie", „Boozie" oder „Bainy" zu sein und auf „work hard, play hard" macht, trinkt sein Kaltgetränk schon mal allein.

      Also, warum werden die einen Berater, warum suchen die anderen Rat? Erstens scheuen sich viele von uns (Führungskraft hin oder her) davor, einsame Entscheidungen zu treffen. Also engagieren wir einen Söldner, der das für uns tut, und auf den wir, im Fall der Fälle, die Schuld schieben können. Zweitens sind wir Tag für Tag überfordert. Um Zeit zu gewinnen, engagieren wir eine Beratertruppe. Egal, ob es ein Dutzend 28-jähriger Consultants oder ein Elder Statesman ist, sie verbreiten Aktionismus und lenken von unserer eigenen Ideen- und Konzeptlosigkeit ab. Und drittens: unser Hang zur Perfektion. Selbst wenn es geschäftlich gut läuft, unser Erspartes sich stetig mehrt, wir nahe am Idealgewicht sind, wollen wir es besser, vervielfacht, schöner machen oder haben, und dann ist die erste oder letzte Wahl der Berater.

      Selbst ein Berater braucht einen anderen Berater. So haben sich Joschka Fischer, Hartmut Mehdorn und Herbert Walter auch nicht allein selbstständig gemacht. Sie beraten mit anderen zusammen: Fischer mit einem grünen Kompagnon und seiner früheren Sekretärin, Mehdorn und Walter miteinander sowie einem weiteren Ex-Dax-Vorstand. Und die „Roland Berger Strategy Consultants" leisten sich nach wie vor ihren Gründer, den 72-jährigen Roland Berger als Beraterberater. Oder leistet er sich sie?

       Erschienen am 17.09.2010 im Handelsblatt

      Das Pinguin-Prinzip

      Beschränkter Blick, mangelnde Planungso geht es mit unserer Wirtschaft abwärts.

G

      leich und gleich gesellt sich gern." „Gegensätze ziehen sich an." Der Volksmund hat für jede Lebenslage einen Spruch. Für die deutsche Wirtschaft galt lange Jahre aber nur die alte Personalerweisheit: „Pinguine stellen Pinguine ein!" Oder, um mit Siemens-Chef Peter Löscher zu sprechen, der sein Amt im Jahr 2008 in München mit einem frischen Blick von außen antrat: Die deutschen Führungsetagen sind „zu weiß, zu deutsch, zu männlich".

      Warum war und ist das in vielen Teilen der Wirtschaft so? Wir Deutschen sind Exportweltmeister, viele Firmen sind innovative Weltmarktführer, Deutschland gilt als das Land der Denker und Tüftler, und wir sind aufgrund unserer jüngeren Geschichte eigentlich sehr politically correct. Und was uns an Feingefühl in Bezug auf Diskriminierung fehlte, haben wir uns von den Amerikanern abgeschaut. Warum waren und sind die Rekrutierungsmechanismen bei uns so beschränkt?

      Weil es bequem war und vielerorts noch ist … Sie kennen das alle. Heterogene Teams sind schwierig zu managen. Kollegen zu haben oder Mitarbeiter zu führen, die sehr unterschiedlich sind, andere Backgrounds haben als man selbst, ist herausfordernd. Das fängt bei der anderen Universität und dem Kleidungsstil an und geht über das Geschlecht bis zu Hautfarbe und Religion. Nur: Frische, freche Meinungen und Ideen kommen bei Einfältigkeit nicht auf.

      Weil es Tradition war und noch ist … Die Biedermeier-Familie: Er geht das Geld verdienen, und sie kümmert sich um Küche, die (zwei) Kinder, Kirche. Klappt das nicht, ist sie eine „Rabenmutter" oder er ein „Weichei", und die lieben Kleinen sind „Schlüsselkinder". Schrecklich schöne deutsche Begriffe.

      Weil sorgloser Wohlstand herrschte … Die Wirtschaft wuchs, die Produktivität stieg durch technischen Fortschritt, die internationale Konkurrenz war überschaubar, und die eigenen Ansprüche waren bescheiden. Da konnte einer allein gut und gerne mit der Vier-Tage-Woche bei Volkswagen die Familie ernähren, sich im besten Alter in die Rente verabschieden und die ausgebildete Frau den Herd, das Heim und die Hobbys hüten.

      Mit Bequemlichkeit, Tradition und Wohlstandssorglosigkeit haben wir uns den Fachkräftemangel eingebrockt. Und dieser kommt uns schon jetzt (und zukünftig noch mehr) teuer zu stehen. Im Jahr 2025 werden Prognosen zufolge 6,5 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Ein großes СКАЧАТЬ