Название: Faktor Mensch
Автор: Tanja Kewes
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783844240924
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Was essen wir? Wir wollen ja was essen – und müssen das eigentlich auch, weil wir schon das Frühstück vor Geschäftig- und Wichtigkeit geschlabbert haben – und wollen es doch eigentlich nicht. Die Figur, die Figur, die Figur – ja, liebe Männer, auch von Ihnen höre ich diese Klage immer öfter. Und wir, diese Lass-es-mir-schmecken-aber-mach-mich-nicht-dick-Experten, haben inzwischen ein echtes Problem: Grünzeug wie Gurken und Sprossen ist auf einem Iiiih-Niveau wie Gammelfleisch. Der Ehec-Seuche sei Dank. Den BSE-Skandal hatten wir ja gerade erfolgreich verdrängt.
Haben Sie zuletzt auch auf Frisches und rohes Fleisch verzichtet? Und sich ordentlich durchgekochte Pasta reingezwängt? Am Mittagstisch herrscht inzwischen eine gewisse Hysterie. Oder gehören Sie zu den Verwegenen, die den Salat jetzt erst recht knacken lassen und das Steak dazu schön blutig nehmen? Egal wie, Ehec und BSE sind dieser Tage dabei – wenn nicht auf dem Tisch, so doch in unseren Köpfen und rauben uns so auch noch die letzte innere Ruhe beim sowieso schon kapriziösen Business-Lunch.
Wohl also dem, der zwischen zwölf und ein Uhr schon immer leise Herbert Grönemeyer summte und am liebsten voller Genuss in das Ruhrpott-Carpaccio biss: „Kommse vonne Schicht, wat schönret gibt et nich, als wie Currywurst." Gesagt und gemampft.
Der Currywurst-Fan weiß wenigstens, was er hat – Phosphate, viel Fett, Stammtischniveau – und was er nicht hat: Arbeitszeit, Willi-Wichtig-Getue, Hysterie.
Na, dann: Mahlzeit!
Erschienen am 10.06.2011 im Handelsblatt
Wer jedes Detail selber regelt,
scheitert im Klein-Klein
Das Herumwursteln wie an der Bratwurstbude am Bahnhof hat Risiken, aber die wischen wir selbstsicher vom Ecktisch.
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in Alexander der Große oder ein Stratege wie Carl von Clausewitz stehen für die große Linie – und um die sollte es uns, liebe Fach- und Führungskräfte, ja eigentlich auch gehen. Ferdinand Piëch, der Auto-Patriarch, oder Gerhard Cromme, der ach so gute Unternehmensführer und -lenker von Thyssen-Krupp und Siemens, sind zwar nicht unumstritten, gelten aber als solche Weitdenker. Doch die Gefahr ist groß, dass wir uns jeden Tag im Klein-Klein, in den operativen Niederungen unserer Jobs verlieren.
Das sogenannte Mikromanagement ist aber auch zu schön ... Hinter dem Chaos steckt System. Ohne Strategie arbeitet und führt es sich bestens. Wir können unsere Mitarbeiter herumkommandieren wie sonst nur den Schoßhund. Ohne klare Regeln und Überzeugungen haben wir allzeit die Macht. Jede kleine Entscheidung treffen wir, alles tanzt nach unserem Zeigefinger. Auch die cleversten Untergebenen blicken nicht mehr durch, können keine eigenen Vorschläge, Ideen entwickeln.
Warum also ein-, vielleicht zweimal im Leben ein Visionär sein, wenn wir jeden Tag ein kleiner Sonnenkönig sein und sagen können „L'État c'est moi!"?
Und das Beste: In diesem absolutistischen, chaotischen System blicken nicht einmal die lieben Kollegenkonkurrenten durch – und haben von daher null Angriffsfläche. Und falls der Chefchef, der Eigentümer oder Aufseher doch einmal eine Strategie verlangt, engagieren wir hopplahopp – wie es unsere Art ist – einen Strategieberater. Unsere kleingeistige Strategie: Den Heinis von McKinsey, Boston Consulting oder Roland Berger wird schon was Schönes, wenn schon nichts Schlaues einfallen. Und falls deren Strategie nichts taugt, haben wir auch noch einen Schuldigen, der von unserer eigenen Ideenlosigkeit, unserem eigenen Unvermögen ablenkt. Was wollen wir mehr?
Das Herumwursteln, das In-den-Tag-hinein-Arbeiten wie an der Bratwurstbude auf dem Bahnhofsvorplatz hat zwar Risiken und Nebenwirkungen, aber die wischen wir hektisch vom Ecktisch. Die Familie, die zugegebenermaßen zeitlich zu kurz kommt, soll sich mal nicht so haben, schließlich verdienen wir das große Geld. Die devotesten Mitarbeiter, die nicht einmal mehr bei unseren schwachsinnigsten Ansagen aufmucken, und die wir deshalb auch eigentlich heimlich verachten, sollen froh sein, dass sie mit so einem Genius wie uns zusammenarbeiten. Und die Nachhaltigkeit? Ach, das ist doch nur ein schönes Modewort, das uns mit unserem Drei- bis Fünfjahresvertrag nicht zu scheren braucht. Nach uns die Sinnflut ...
Und schließlich, wenn uns bei der alljährlichen Führungskräftetagung auf Mallorca sogar der „Content" für eine oberflächliche Powerpoint-Präsentation fehlt, sind die Umstände, der Druck, die Krise, die unselbstständigen Mitarbeiter, das tägliche Klein-Klein schuld. Wer will uns denn da das Gegenteil beweisen? Und bei einem schönen Chianti wälzen wir uns dann mit den anderen kleinen und größeren Sonnenkönigen im Selbstmitleid.
Auch wenn sich im Job eigentlich eine Kriegsmetaphorik eines Carl von Clausewitz verbietet, es nicht um Leben und Tod, Vaterland und Muttermilch geht und auch keine Schlachten geschlagen, Länder erobert oder Dynastien gegründet werden – eine Strategie zu haben zahlt sich doch aus.
Haben Sie eine?
Erschienen am 24.06.2011 im Handelsblatt
Verkleidungen machen Leute
Von Clown bis Erbsenzähler – in vielen Geschäftssitzungen geht es das ganze Jahr zu wie an Karneval.
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ie tollen Tage der fünften Jahreszeit gibt es nicht nur im Rheinland und von Altweiber-Donnerstag bis Ascher-mittwoch einmal im Jahr. In vielen Geschäftssitzungen geht es das ganze Jahr zu wie an Karneval. Egal, ob diese Jour fixe, Brain-Storming, Wochenkonferenz oder Projektbesprechung heißen. Wir selbst und die lieben Kollegen spielen unsere Rollen, als hätten wir Kostüme an.
Von wegen Kleider machen Leute, wie es einst Gottfried Keller in seiner Novelle beschrieb, heute gilt häufig: Verkleidungen machen Leute. Schauen Sie sich mal um!
Der joviale Entertainer darf in keiner Konstellation fehlen. Modisch up to date trägt er derzeit lila Hemd. Seine Haut ist sonnenbankbraun, seine Haare durchziehen blonde Strähnchen. Er hat für jede Lebens- und Geschäftssituation einen Spruch parat, der markig, aber bildlich schief bis schrecklich ist – zum Beispiel: „Da fliegt einem ja die Kniescheibe weg!" Wenn wirklich Karneval ist, macht er Ernst und kommt als Clown.
Der Karrierist sitzt stets links vom Chef, nickt bei jeder seiner Äußerungen eifrig (und seien diese noch so belanglos) und schreibt alles mit, was der große Meister von sich gibt. Sein Blackberry/iPhone blinkt und vibriert unablässig. Er ist top ausgebildet, spricht drei Sprachen fließend, weiß sich zu kleiden. Seine Defizite hat er – wie sollte es anders sein – im Sozialen. Seine Ideen sind nicht blöd, da ihn jedoch keiner mag, gesteht ihm das keiner zu – weder vor aller noch unter vier Augen. Im Karneval trägt er Uniform. Als Stadtsoldat, Fregatten- oder Flugkapitän übt er sich als künftiger Chefchef.
Eine weitere Type ist der Prinz. Der ist dem Karrierist nicht unähnlich, er kommt aber stets zu spät und ist schlecht bis gar nicht vorbereitet. Er besticht allein durch gutes Aussehen und Auftreten. Er kann sich fast alles erlauben, weil er das Team (das natürlich keines ist) schon einmal durch einen perfekten Vortrag (kein Inhalt, nur Show) gerettet hat. Der Prinz wird von allen insgeheim geliebt und gehasst zugleich, da alle gern so wären wie er. Einfach Bella Figura machend, mimt er im Karneval den Gott in Weiß, einen Arzt, oder gleich den Papst.
Schließlich СКАЧАТЬ