»Hier, zwei Zeitungsausschnitte«, sagte seine Freundin und hielt sie Pauly hin. »Die haben über das Buch geschrieben.«
Pauly griff mit seinen nassen Fingern nach den Ausschnitten und fing zu lesen an. »Tatsächlich«, sagte er erstaunt. »Die schreiben über das Buch.«
»Warum nicht?« Kim warf ihm einen kritischen Blick zu. »Und zudem ist das dein Buch – du bist der Autor. Vergiss das also bitte nicht!« Sie nahm ihm die Ausschnitte wieder aus der Hand. »Ganz nass hast du sie gemacht«, bemerkte sie, las ihm dann aber stolz vor: »Dieser Thriller knistert vor Spannung und ist ein ausgereiftes Werk aus raffinierter Action, die ihre Brisanz aus einem sicher nicht unrealen Hintergrund schöpft. Nino de Pauly ist ein Autor, der mit viel Sachkenntnis über Dinge schreibt, die sonst nur im Dunkeln anzutreffen sind.«
Pauly hörte aufmerksam zu.
»Oder hier«, fuhr Kim weiter. »Der V-Mann ist ein Thriller, der pausenlos seine fieberhafte Spannung durchhält. Das Buch hat in diesem Genre internationales Format. Nino de Pauly, diesen Namen wird man sich merken müssen.«
Pauly grinste. »Ganz schöne Lobreden, was?«, sagte er. »Warum haben wir eigentlich noch kein Buch erhalten?«, fragte er dann.
»Rozeck hat es mir für diese Tage versprochen«, antwortete Kim. »Ich kann mich aber auch direkt an den Verlag wenden.«
»Ob man das Buch schon im Laden kaufen kann?« Pauly trocknete sich ab.
»Wir werden ihnen zeigen, wer wir sind!«, garantierte Kim.
»Nur schade, dass kein Foto von mir auf dem Buchumschlag abgebildet ist«, sagte Pauly.
»Du weißt ja, wie du dich zu benehmen hast.« Kims Stimme klang nun sehr ernst. »Wir haben das gut durchgesprochen, Nino. Ist das klar?«
»Das überlasse ich sowieso alles dir, mein kleines Genie. Wenn man ein so kluges Mädchen wie dich hat, braucht man das nicht selber zu tun.«
»Ja, es ist gut, wenn du dich zurückhältst.« Sie nickte zufrieden.
»Stell dir vor, dieses Buch – «
»Dein Buch«, fiel ihm Kim ins Wort. »Es handelt sich dabei um dein Buch, das du geschrieben hast.«
»Ja, mein Buch«, betonte Pauly. »Also, stell dir vor, mein Buch wird ein Erfolg!«
»Rozeck meint, dass das durchaus möglich sein könnte.«
»Warum willst du eigentlich nicht, dass er mich kennenlernt?«, fragte Pauly.
»Warten wir erst mal ab, wie es mit dem Buch läuft«, sagte Kim ausweichend. »Wir sollten uns jetzt besser Gedanken darüber machen, wie unsere Party ablaufen soll.«
»Was für eine Party?«
»Eine Party zur Veröffentlichung deines Buches«, verkündete Kim. »Eingeladen sind alle unsere Freunde – und natürlich auch einige Feinde.«
Pauly lachte übers ganze Gesicht, so sehr freute ihn dieser Vorschlag.
Die Party fand am darauf folgenden Samstagabend statt. Kim hatte einige Exemplare des Buches DER V-MANN durch Rozeck erhalten. Von den Gästen kannte bisher niemand den Grund der Einladung.
Laute Musik lief, einige Leute tanzten in der Mitte des Wohnzimmers, es gab Snacks und eine große Auswahl an Getränken. Pauly, der sonst kaum Alkohol trank, hatte schon am Nachmittag einige Gläser Wein zu sich genommen und war nun auf kühlen Champagner umgestiegen.
»Wer hat hier eigentlich Geburtstag?«, fragte Robert Kim mit lachendem Gesicht.
»Du bist hier doch auf einer Beerdigung«, mischte sich Frank, einer von Paulys Freunden, ein.
Alle drei lachten laut.
»Gefällt dir der Abend?«, wollte Kim von Robert wissen und schmunzelte dazu geheimnisvoll.
Robert nickte und fischte Salzstangen aus einem Glas.
»Es wird noch eine Überraschung geben«, versprach ihm Kim.
»Tatsächlich?« Robert spielte den Begeisterten.
Kim konnte nicht mehr länger abwarten. Sie schaltete die Musik aus. Die tanzenden Personen stoppten ihre Bewegungen und schauten sich erstaunt um, warteten darauf, dass die Musik wieder einsetzte.
»Hört bitte mal her!«, erklang Kims Stimme. »Ich möchte euch eine Mitteilung machen, die bestimmt jeden von euch überraschen wird.« Sie blickte kurz zu Pauly, der sich in der Nähe der Küchentür bei Simon und Rosmarie, einem befreundeten Paar, aufhielt. »Diese Party hier hat einen ganz besonderen Grund«, fuhr sie dann fort. Und an Pauly gewandt, laut über die Köpfe der Gäste hinweg: »Geh ins Schlafzimmer und hol die Sache!«
Pauly übergab sein Champagnerglas Rosmarie und ging ins Schlafzimmer. Weil Kim vermeiden wollte, dass ihm alle nachschauten, redete sie weiter: »Obwohl wir uns alle schon seit einiger Zeit kennen, gibt es doch immer wieder Dinge, die niemand vom anderen ahnt.«
Pauly kam aus dem Schlafzimmer, und schon hatte Kim ein Buch an sich genommen. Pauly stellte sich neben seiner Freundin auf, noch einige Buchexemplare in der Hand.
Kim sagte laut und deutlich: »Hiermit möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass jemand geschrieben hat, den wir gut kennen. Ein Buch, das soeben erschienen ist.« Sie schob eine knappe Pause ein und verkündete dann stolz: »Und der Autor des Buches heißt: Nino de Pauly.«
Natürlich brach keine Begeisterung aus. Unsicherheit machte sich breit. Vielleicht glaubte man an einen Scherz. Doch da war das hochgehaltene Buch, auf dem in großer Schrift Nino de Pauly zu lesen war! Das Buch wurde herumgereicht, und Pauly sorgte blitzschnell für Nachschub.
»Das gibt es doch nicht!«, rief eine Stimme. Und eine andere: »Nino, das ist kaum zu fassen! Ein Buch von dir! Wie hast du das nur fertiggebracht?«
Kim warf ihrem Freund einen Blick zu, der verriet, wie viel Genuss ihr die Situation bereitete. Aber er verlangte von Pauly auch: Misch dich unter die Leute! Zeig dich! Lass dich gar anfassen, wenn sie es nicht anders wollen! Bade dich in ihrer Bewunderung! Ja, jetzt endlich begreifen sie, wer du wirklich bist! Vergiss aber nicht, einen unsichtbaren Zaun um dich zu errichten, damit dir niemand zu nahe kommt!
Kim beobachtete unauffällig Roberts Reaktion. Er hielt ein Buch in den Händen, aufgeschlagen, prüfend.
»Nino, das ist wirklich großartig.« Astrid, Kims Arbeitskollegin, und ihr Mann kamen auf Pauly zu.
Pauly lächelte und fuhr mit der Hand durch sein kurzes Haar. »Schöner Umschlag, nicht«, sagte er mit lockerer Stimme.
»Wie lange hast du an dem Buch geschrieben?«, fragte Astrid mit neugierigem Gesicht. Und als könnte sie es noch immer nicht glauben: »Ich wusste tatsächlich nicht, dass du schreiben kannst!«
»Vor etwa drei Jahren hat er damit angefangen«, mischte sich Kim ein. »So was dauert eben.«
»Kann man es kaufen?«, fragte Astrids Mann, СКАЧАТЬ