Название: Ich und der Fisch, der Fisch und ich
Автор: Dorothea Doris Tangel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783738004403
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Mir wurde jedes Detail des Missbrauchs gezeigt, da ich zu jung gewesen war mich freiwillig daran zu erinnern und ich war auch froh darüber dass der Schleier des Vergessens mir die Zeit gegeben hatte alt genug zu werden, um damit fertig werden zu können.
Es dauerte zwar ein paar Jahre bis ich das verarbeitet hatte, aber so konnte ich mich von vielen Albträumen befreien, die immer noch meine Schritte lenkten. Ich konnte nie erklären warum ich ständig Panikzustände bekam obwohl gar nichts geschehen war.
Jedes identische Geräusch konnte mich zurück in diesen Raum, mit diesen Männer in ihren schwarzen Kutten versetzen, bis ich sah dass damals der Wasserhahn getropft hatte, ein Hund bellte und eine Straßenbahn, mit schrill reibenden Rädern um die Ecke gefahren war. Kamen diese 3 Geräusche zufällig zusammen wenn ich zum Einkaufen unterwegs war oder irgendwo blöd in der Gegend herumstand und mich mit jemandem unterhielt, versetze mich das in einen überbordenden Zustand der Bedrohung, den ich wochenlang nicht mehr wegbekam. Keiner konnte begreifen warum ich plötzlich so ausrastete. Sie werden mir gleich wehtun, war alles was ich in diesem Moment wusste, obwohl es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen meiner Hysterie und dem gerade Geschehenen gab.
Noch heute misstraue ich Männern in schwarzen Anzügen mit weißen Krägen. Wenn ich eine Reportage über eine Bundestagsdebatte sehe oder in den Nachrichten eine Versammlung einflussreicher Männer und Frauen die alle dunkel gekleidet sind, denke ich immer: wissen die denn nicht dass Schwarz das Tribut der Mächte der Finsternis ist?
Meine Freundinnen verstehen gar nicht warum ich mich so anstelle und attraktive Männer in schwarzen eleganten Anzügen derart verabscheue, dass ich mich schütteln muss, es sind doch nur ein paar Klamotten. Sie finden sie modern, sind sie doch ein Zeichen des Privilegs und der Macht.
Der weltlichen vielleicht, aber der geistigen Überlegenheit bestimmt nicht. Anscheinend braucht ein Mann heute Mut und Charakter, um einmal eine rote oder lila Jacke zu tragen. Ich misstraue jeder Uniformierung, zu Recht, denn damit neigen viele dazu ihr Mitgefühl und ihr Verantwortungsgefühl zu Hause zu lassen und schlagen auf Demonstranten ein obwohl wir denen unsere Gerechtigkeit zu verdanken haben.
Als ich einmal bei einem Job eine Uniform tragen sollte, hätte ich mich fast auf den Schreibtisch meines zukünftigen Chefs übergeben. Ich bekam sofort eine Panikattacke und dachte, das 3. tausendjährige Reich will mich verschlingen und mich solange glattbügeln bis ich nicht mehr erkennbar bin. Ich war nicht in der Lage dem Mann zu sagen dass mir so etwas Angst macht. Ich schlich mich davon, und verbarg mich hinter einem unverbindlichen aber leeren Lächeln und habe mich nie wieder gemeldet, obwohl ich montags hätte anfangen können. Wie sollte ich ihm erklären dass jedes Fünkchen Persönlichkeit überlebenswichtig für mich war, die ich schon 3 Selbstmordversuche hinter mir hatte?
Jede freie Minute verbrachte ich im warmen Wasser, egal ob Tag oder Nacht und ich liebte dieses Badezimmer, mit den kleinen bunten Fische Kacheln, von denen ich mir zwar nur 10 hatte leisten können, die aber so wunderschön sind daß sie die Sinne betören und mich immer wieder zum lächeln bringen können. Es war ein vollkommen neuer Raum in einem 300 Jahre alten Haus, das im ständigen Verfall war, den ich selber gestaltet und erbauen hatte lassen, als ich nach dem Tod meiner Mutter 20 Tausend Euro geerbt hatte. Ich war es leid mich immer in der Küche an der Spüle waschen zu müssen. In dieser Zeit schrieb ich mein erstes Buch, das bis heute noch niemand zu lesen bekommen hat. Sie werden doch nur daran herummeckern.
Durch die tägliche Badezimmerarie sprengte die Stromrechnung, bei der jährlichen Abschlagszahlung mein Budget ins Uferlose. Mir drohte ein Leben komplett ohne Strom, wenn ich nicht innerhalb der nächsten 10 Tage zahle, da der städtische Stromanbieter mich abklemmen wollte. Ich musste etwas ändern.
Ich lieh mir viel Geld, das ich bis heute noch nicht alles zurückgezahlt habe und brauchte ein ganzes Jahr, um mir das tägliche Baden wieder abzugewöhnen. Ich sparte als Erstes am heißen Wasser und machte die Wanne nicht mehr so voll, das half schon etwas. Der elektrischen Heizlüfter wurde auch entsorgt, da ich herausbekam dass das Stromfresser sind. Ich holte mein uraltes Heizspiralengerät hervor, das mir schon immer gute Dienste geleistet hatte und stöpselte es in ein Verlängerungskabel mit Ausschaltknopf und konnte so die Zimmerwärme besser regulieren. Ich kämpfte mit mir und versagte jeden Morgen aufs Neue wenn ich keine Termine hatte und aus dem Haus musste und saß schneller wieder in der Wanne als ich es bewusst bemerkte.
Ich muss dazu sagen, es war auch eine Ausnahmesituation (aber wann ist es das für Süchtige nicht?), eine extrem schwierige Zeit, in der das warme Wasser wie eine Umarmung war, die mich über den schlimmsten Schock hinwegtröstete und das Gefühl der Einsamkeit etwas mildern konnte.
Hätte ich an einem See gewohnt, wäre ich wahrscheinlich jeden Tag schwimmen gegangen. Wasser macht mich glücklich, wenn es nicht das tosende Meer ist und ich kann, wie auch auf dem Feldberg im Taunus für einen kurzen Moment einmal alles vergessen und tanken. Ich lebe zwar an einem Fluss, aber ich bin mir nicht sicher, wenn ich dort hineinspringe ob ich nicht nach einer Minute als Skelett wieder herauskomme.
Kapitel 3
Eigentlich müsste ich mittlerweile so etwas wie ein Profi auf diesem Gebiet geworden sein, bei dem was ich mir schon alles abgewöhnt habe. Ich gehöre zu der Kiffer- Generation und bei uns war es üblich abends, nach getaner Arbeit Joints zu rauchen. Das wurde schnell zu meiner Lieblingsdroge.
Ansonsten und auf Partys knallten wir uns noch mit Bier, Schnaps oder Sekt für die Damen die Birne zu und alles was uns zudröhnte, wurde begeistert geschluckt und wir wetteiferten darin wer mehr vertragen konnte. Mit 16 hatte ich schon ein so hohes Alkohol- Pensum dass ich gestandene Männer unter den Tisch saufen konnte. Ich war stolz darauf, wurde auch noch dafür gelobt und gerne eingeladen. Man motivierte mich quasi so weiterzumachen…
Zu fortgeschrittener Nachtzeit tat man dann so als wäre man noch komplett nüchtern. Man wollte vermeiden völlig verblödet herumzulallen oder besoffen zu wirken. Immer Haltung bewahren.
Als ich 20 wurde fragte ich mich, wie meine Freundinnen, nachdem wir vor einem Fest eine Wasserpfeife geraucht hatten immer noch Smalltalk machen und flirten konnten? Egal wie schief sie schon in der Gegend herumstanden und egal wieviel sie getrunken hatten, sie hielten sich wacker und konnten anscheinend immer noch denken. Ich konnte das nicht.
Wenn ich nur getrunken hatte verlor ich jede Selbstbeherrschung und war so euphorisch dass es sogar mir schon wehtat und ich alle nur nervte, weil ich viel zu überschwänglich und laut war. Glücklich war ich damit nie und immer passierte dann auch irgendeine Kleinigkeit, die mich so aus der Bahn warf dass ich plötzlich völlig hysterisch anfing zu heulen und nicht mehr zu beruhigen war.
Es war eher eine Art Schmerz, den ich mit meinem lautem Lachen zu überdecken suchte und nach mittlerweile vielen Jahren täglich high oder betrunken sagte ich nach einem Schillum lieber nichts mehr, denn meine Zunge war irgendwie zu groß für meinen Mund geworden und versperrte mir den Ausgang für die Worte. Sie kamen dann immer so verkrumpelt heraus dass keiner verstehen konnte was ich meinte, aber auch das fiel nicht größer auf, denn alle waren ja breit und hatten sich zugeknallt mit allem Möglichen in flüssiger oder fester Form.
Mein Gehirn schrumpfte dann immer auf Erbsengröße und kullerte laut klackernd in meinem leeren Schädel herum und ich verlor ständig den Faden. Ich konnte angefangene Sätze nicht mehr zu Ende bringen wenn ich bekifft war, weil ich einfach nicht mehr wusste was ich hatte sagen wollen, als ich vor einer zehntel Sekunde einen Satz angefangen hatte.
Auch wenn es schien СКАЧАТЬ