Название: Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band
Автор: Walter Brendel
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783754930465
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1515 – 1588: Johannes Weyer, Arzt und Literat, veröffentlicht 1563 sein bekanntes Werk „De praegistigus daemonum et incantationibus ac veneficus“ (die Wunder der Dämonen, Beschwörungen und Vergiftung). Er tritt als Gegner der Hexenprozesse auf, verlangt die sofortige Freisprechung der Angeklagten und besteht darauf, dass sie zumindest nicht gefoltert und getötet werden, da es sich seiner Meinung nach hier um alte, melancholische Frauen handele, die mutlos, schüchtern und geistig so verwirrt seien, dass sie glaubten, Dinge vollbringen zu können, die in Wirklichkeit unmöglich seien. Durch Folter erpresste Geständnisse seien schreckliche Fehler.
1532: „Die peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V“, kurz Carolina, schafft die gesetzliche Grundlage für die massenhafte Durchführung von Hexenprozessen in Deutschland zwischen 1580 und 1680.
1538 - 1599: Reginald Scott, „Deconverte de la Sorcellerie“. Auch dieser Arzt vertritt eine ähnliche Meinung wie Johannes Weyer. Für ihn sind diese Frauen bedauernswerte an Melancholie leidende Kranke, die sich etwas einbilden und vor Gericht gestehen, Hexen zu sein. Nach und nach bahnen sich diese Gedanken einzelner Ärzte, die den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen, ihren Weg und bleiben nicht ohne Einfluss.
1540/42: Paul III richtet das Heilige Offizium in Rom ein und die Inquisition wird in fast allen christlichen Staaten eingeführt.
1585: Der Erzbischof von Trier lässt so viele Frauen als „Hexen“ verbrennen, dass in zwei Dörfern jeweils nur noch zwei Frauen übrigbleiben.
1596: Der Bischof von Gent lässt in weniger als sechs Wochen mehr als 600 Personen den Feuertod sterben.
Ende 16 Jahrhundert: Ausbreitung der Kultur und Zivilisation der Renaissance von Italien über ganz Europa, die kritische Vernunft erlangt wieder Bedeutung; Niedergang der Inquisitionsgerichte.
1610: Letzte Hinrichtung in Holland
1630: Der Bischof von Würzburg lässt 1200 Männer und Frauen verbrennen. Der Erzbischof von Bamberg lässt 600 Frauen und etliche Männer verbrennen.
1631: Friedrich von Spee, Jesuitenpater, begleitet während der Prozesse die Hexen seelsorgerisch und wird zu einem überzeugten Gegner der Verfolgung; Herausgabe seiner Erkenntnisse in dem Buch "Cautio Criminalis", allerdings aus Sicherheitsgründen nicht unter eigenem Namen.
1676: Der Erzbischof von Salzburg lässt 97 Frauen wegen Anstiftung einer Viehseuche verbrennen.
1684: Letzte Hinrichtung in England
1745: Letzte Hinrichtung in Frankreich
1775: Letzte Hinrichtung in Deutschland, im Stift Kempten wird wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft eine Hexe hingerichtet, die Letzte auf deutschem Boden.
1782: Letzte Hinrichtung in der Schweiz
1790 – 92: Llorente, Sekretär der Inquisition von Madrid, schreibt die „Geschichte der Inquisition“ und gibt die Zahl der Todesopfer mit 30.000 an.
1792: Letzte Hinrichtung in Polen.
Berühmte „Hexen“-Prozesse waren zum Beispiel die SCHONGAUER PROZESSE 1589 und der PAPPENHEIMER PROZESS 1600. Ein weiterer Prozess soll jetzt unsere Aufmerksamkeit gewidmet sein. Vielleicht sollt in dieser Sache auch noch der Dominikanermönch Johannes Tetzel (1465 bis 1519) erwähnt werden. „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“
Tetzel trat 1489 in das Dominikanerkloster St. Pauli ein. Ab 1504 betrieb er Ablasshandel: Den Gläubigen wurde gegen Zahlung eines Geldbetrages die Vergebung ihrer Sünden zugesagt. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war dies streng geregelt gewesen, nur bestimmte Sünden konnten durch Geld und keinesfalls ohne tätige Reue erlassen werden. Als Rom jedoch immer mehr Geld für den Bau des Petersdomes benötigte, wurden diese Regeln nach und nach gelockert; schließlich konnte man auch Ablässe für Verstorbene kaufen. 1517 hielt Tetzel sich in der Kirchenprovinz Magdeburg auf, wohin prompt auch die Wittenberger Bürger kamen, um sich statt durch echte Buße durch Geld von ihren Sünden zu befreien. Luther, Beichtvater vieler Wittenberger, bemerkte dies mit Bitterkeit; die 95 Thesen, die er als Reaktion darauf in Wittenberg anschlug, lösten die Reformation aus. Kurz vor Tetzels Tod schickte Luther ihm einen Trostbrief.
Der Fall Elsa Buddenboems
Am 23.07.1627 ordnete der Rat der Stadt Münster die Inhaftierung Elsa Buddenboems , 28-jährige unverheiratete und uneheliche Tochter Gretas zur Steinhorst an. Aufgrund der Denunziation von verschiedenen Geistlichen und der verwandtschaftlichen Beziehung zu einer verurteilten Hexe wird Elsa B. verhaftet und am gleichen Tag verhört. Das eigentliche Verdachtsmoment gegen Elsa B. ergibt sich aus einem Vorfall, der sich im Hause ihrer Vermieterin, der Witwe Clara Conerding zutrug. Die Vermieterin beschäftigte eine Magd, die vom „bösen Feind“ besessen ist. Elsa B. schenkte dieser Magd einen Kupferschilling. Während ein Kapuzinermönch an der Magd den Exorzismus vollzog, soll der Teufel aus der Magd gesprochen haben. Er habe gesagt, das Geld tauge nichts und bezichtigte Elsa B. zudem als Hexe. Der Mönch, der das besagte Kupferstück in Händen hielt, erkrankte kurz darauf und verdächtigte Elsa B. öffentlich. Eine andere Magd aus der Nachbarschaft hält sich für besessen und macht Elsa B. dafür verantwortlich. Des weiteren soll Elsa B. für die Besessenheit einer Frau verantwortlich sein, der sie eine Wegge geschenkt hat. Außerdem sei sie verantwortlich am Tode der Hühner des Heinrich Reer. In einem weiteren gütlichen Verhör wird Elsa B. nach ihren familiären Vorbelastungen und dem eigenen schlechten Ruf befragt. Ihr wird von den Richtherren unterstellt, den Kupferschilling mit einer teuflischen Substanz bestrichen zu haben. Dies wird von Elsa B. bestritten. Elsa B. hatte vor und während der Ermittlungen darum gebeten, die Wasserprobe an ihr vorzunehmen. Diese Bitte wird als weiteres belastendes Indiz gewertet, da die Richtherren in einem früheren Prozess dieses Gottesurteil als Teufelsbetrug deklariert hatten. Ebenso sind sie der Meinung, „Unschuldige hätten es nicht nötig, sich durch solche Mittel ehrlich zu machen“. Gegen den Vorwurf, durch eine heiße Wegge (=Brötchen) Besessenheit verursacht zu haben, wehrt sich Elsa B. vehement. Das Mädchen, das die Wegge verzehrte, sei noch 14 Tage gesund auf der Straße und in der Kirche gesehen worden. Am Tage des Verhörs werden Zeugen zu dem Fall gehört, die Witwe Clara Conerding sowie das Ehepaar Nickhorn.
Zeugenaussagen: WITWE CLARA C.: Der Teufel, der aus ihrer Magd sprach, soll Elsa B. auch für die Besessenheit ihrer Tochter verantwortlich gemacht haben. Ein weiteres Mädchen erkrankte, nachdem sie das Geldstück angefasst hatte, gesundete aber nach der Waschung mit Weihwasser. EHEPAAR NICKHORN: Sie berichten von absonderlichen Krankheiten, von denen sie befallen wurden, als Elsa B. bei ihnen wohnte. Als Weiteres sei zu berichten von einem Geistlichen, der zu jener Zeit bei ihnen wohnte, dem Wundersames widerfuhr. Morgens entdeckte er in seinem Nachttopf Wasser, obwohl er diesen abends vorher entleert hatte.
Der Rat hält diese ausgeschmückten Aussagen für beweiskräftige Indizien und verhängt die Folter an Elsa B. Elsa B., die an Depressionen leidet und Suizid gefährdet ist, hält ihre Lage für aussichtslos. Als ihr am 2.August zu Beginn der Folter die Augen verbunden werden, erklärt sie sich bereit zu gestehen. Sie gesteht, dass sie die Tochter ihrer Vermieterin mit einem Apfel vergiftete, der mit ‘schwarzem Zeug’ vom Teufel versetzt war. Dieses schwarze Zeug befand sich auch auf der Münze und in der Wegge. Nach dem Verlesen des Geständnisses fordern die Ratsherren Elsa B. dazu auf, Mitbeteiligte am Hexentanz zu denunzieren. Sie denunzierte daraufhin eine Mutter mit ihrer Tochter und zwei weitere Frauen. Am 6.August trägt man Elsa B. das „Extrahierte Bekenntnis“ vor, das in 11 Punkten alles umfasst, was sie am 2. August gestanden hatte. Sie bestätigt alles. Daraufhin wird sie zum Tode durch das Feuer verurteilt. Gnadenhalber ließ man sie vorher strangulieren.
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