Название: Der letzte Gang einer Königin
Автор: Walter Brendel
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754155738
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1793 wird das Gottesgnadentum von der Revolution hinweg gefegt. Von den Sansculotten wurden die Kirchen zu militärischen Sektionen erklärt. Ein neuer Kult hält Einzug, die Freiheit und ein neuer Glaube, die Gleichheit.
Wie soll das Volk mit seiner abgesetzten Herrscherin verfahren? Ein Mann wird das Schicksal maßgeblich beeinflussen. Robbenspiere, der Unbestechliche, wie er genannt wird. Er ist der neue starke Mann der Revolution. Gerade hat er den übermächtigen Wohlfahrtsausschuss eingesetzt. Ein Exekutivorgan der Frankreich regierenden Volksvertretung, des Konvents. Doch die neue Staatsform ist bedroht. Als Antwort auf die Revolution marschieren an den Grenzen Koalitionstruppen auf, verbündete Heere der benachbarten Monarchien.
Unter ihnen ist Österreich, Marie Antoinettes Heimatland. Im Landesinnern probt die königstreue Fronde den Aufstand. Die Republik ist in Gefahr. Die Straße ruft nach Vergeltung. Bei diesem Volkszorn wittern die Extremisten ihre Chance. An ihrer Spitze Fouquier-Tinville, ein prominentes Mitglied des Pariser Stadtrats, Robbenspiers gefährlichster Gegenspieler.
Ein Machtkampf entbrennt, in dem das Leben Marie Antoinettes zum Spielball der Politik wird. Sechs Monate nach dem Tod des Königs beschließen die Abgeordneten des Konvents, Marie Antoinette in die Conciergerie zu verbringen, dass Gefängnis des Revolutionstribunals.
„Am 1. August 1793 hat der Konvent folgendes beschlossen:
Marie Antoinette, Witwe von Louis Capell, wir der Verschwörung gegen Frankreich bezichtigt. Sie verbleibt solange im Gefängnis, bis ihr Prozess beginnt.
Fouquier-Tinville
Der Beginn wird vom Nationalkonvent in einem weiteren Dekret festgelegt.“
Am 02.08. um 2 Uhr morgens wurde der Königin dieses Dekret bekannt gemacht; sie hörte es ohne die geringste Erschütterung zu verraten.
Nach Verlesung des Dekrets wird die Königin ihres Schmucks beraubt, die Ringe werden ihr von den Fingern gezogen. Sie packte ihre Kleidungsstücke zusammen, küsste ihre Tochter (seit dem 03.07. hatte man ihr den Dauphin genommen), empfahl ihre Kinder der Madame Élisabeth und folgte mit festen Schritten den Munizipalsoldaten. Sogar einen Spiegel hatte sie nur, weil eine Zofe ihn zu ihr schmuggelte. Marie Antoinette war tief gefallen, und es müssen diese kleinen Gesten der Freundlichkeit gewesen sein, die sie diese Zeit mit gesundem Geist überstehen ließ. Als sie unter einem Türbogen hindurchschritt, vergaß sie, sich zu bücken und stieß sich heftig den Kopf, dass das Blut aus der erhaltenen Wunde floss. Der Munizipalgardist Michonis fragte sie, ob sie sich wehgetan hätte. Sie antwortete: »Nein, mir tut jetzt nichts mehr weh.«
In Eile wird ein düsterer Raum für die Königin hergerichtet. Ein aufklappbares Eisenbett, zwei Matratzen, zwei Strohsessel, ein Kopfkissen, eine leichte Decke, dann noch einen Waschkrug und vor die feuchte Wand einen alten Teppich: mehr darf sie der Königin nicht zu geben wagen. Und dann warten sie alle in dem uralten, steinernen und halb unterirdischen Haus.
Man erlaubt ihr, sich gleich zur Ruhe in ihre Zelle zu begeben. Das Hausmädchen der Beschließerin, ein junges, armes Ding vom Lande, Rosalie Lamorlière, die nicht schreiben kann und der wir doch über die letzten Tage der Königin die wahrhaftigsten und ergreifendsten Berichte verdanken, schleicht der blassen schwarzgekleideten Frau ganz erschüttert nach und bietet sich an, ihr beim Auskleiden behilflich zu sein. „Ich danke dir, mein Kind,“ antwortet die Königin; „seit ich niemanden mehr habe, bediene ich mich selbst.“ Erst hängt sie noch ihre Uhr an einen Nagel in der Wand, um die Zeit messen zu können, die kurze ihr zugeteilte und doch unendliche Zeit. Dann entkleidet sie sich und legt sich zu Bett. Ein Gendarm mit geladenem Gewehr tritt ein, dann schließt sich die Tür. Der letzte Akt der großen Tragödie hat begonnen.
Sie bleibt allein. Angeklagt von einen Sondergericht, eingesetzt zu Eliminierung der Feinde der Republik. In einem Verlies, was als Vorzimmer des Todes gefürchtet wird.
Die Tochter eines Kaisers, Frau eines Königs, welche Erniedrigung. Auch das Licht wird ihr nicht gewährt. Alles auf Anweisung von Fouquier-Tinville.
Fouquier de Tinville wurde in Hérouël, seit 1843 Foreste, einem kleinen Ort 16 km westlich von St. Quentin, geboren und stammte aus einer wohlhabenden Familie alten französischen Adels der Picardie. Nach einigen Umwegen studierte er Jura und arbeitete seit 1765 für die Staatsanwaltschaft. 1774 kaufte er, nach Auszahlung eines erheblichen Erbes durch seine Familie, das Amt des Staatsanwalts und heiratete ein Jahr später in erster Ehe seine Cousine, mit der er fünf Kinder hatte. Nach dem Tod seiner Frau heiratete er erneut und musste 1783 das Amt des Staatsanwalts wieder verkaufen.
Maßlos verschuldet erhielt er eine Stelle bei der königlichen Polizei und wurde 1789 Kommissar. Mit Unterstützung seines Cousins Camille Desmoulins wurde er 1792 zum Leiter einer Anklagejury. Während der Revolution änderte er seinen Namen zu Fouquier-Tinville, um seine adlige Herkunft zu verschleiern.
Als das Revolutionstribunal am 10. März 1793 gegründet wurde, wurde Fouquier-Tinville zum öffentlichen Ankläger ernannt; das Amt behielt er bis zum 28. Juli 1794. Zusammen mit Robespierre funktionierte er es zu einem Hauptinstrument der Revolution um. Nach außen trug er die Maske der Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit, tatsächlich folgten seine Anklagen dem jeweils herrschenden politischen Wind, wobei er jedoch auf persönliche Vorteilnahme strikt verzichtete. In seine Fänge war nun also Marie Antoinette geraten.
Der Königin-Prozess wäre für ihn die Erfüllung. Er brächte ihm Ruhm und Macht. Doch Robespierre misstraut dem Karrieristen. Der Unbestechliche umgibt sich wohl kalkuliert mit einem Kreis von Getreuen, wie Nicola, ein revolutionäres Urgestein, bereit für ihn durchs Feuer zu gehen. Robespierre wollte auch nur, dass sich das Volks beruhigt. Die Hinrichtung von Marie Antoinette hat er zunächst nicht im Sinn. Er wollte nur erst einmal Fouquier-Tinville brüskieren. Für Robespierre stellte die Witwe keine Bedrohung für die Revolution dar. Bei diesem gewieften Strategen beißt Fouquie auf Granit.
Robespierre hat sich die Macht im Konvent radikal gesichert. Weil die rechten Girondisten nicht mit ihm stimmten, erwirkte er ihre Verhaftung. Nun sieht er sich von jemand bedroht, der noch radikaler ist, als er.
Bis 1791 war Robespierre trotz seiner radikalen Forderungen ein Anhänger der konstitutionellen Monarchie. Allerdings war er gleichwohl der Ansicht, dass der König nicht das Recht haben sollte, über Krieg und Frieden zu entscheiden. Dieser würde nämlich im Zweifel immer ein Interesse daran haben, seine eigenen Machtbefugnisse zu erweitern, die Vertreter der Nation würden hingegen ein Interesse daran haben, den Krieg zu stoppen.
Conciergerie bei Nacht
Er änderte jedoch seine Meinung im Juni 1791, als Ludwig XVI. mit der Flucht nach Varennes heimlich versuchte, Frankreich zu verlassen, um die Revolution von außen zu zerstören. Ludwig wurde nach Paris zurückgebracht, blieb König und bemühte sich weiterhin, die Revolution mit Hilfe der anderen Königreiche rückgängig zu machen. Dadurch brachte er sowohl Robespierre und die Jakobiner als auch die Girondisten weiter gegen sich auf. Allerdings war für Robespierre die Revolution weniger durch einen Krieg mit den anderen europäischen Nationen gefährdet als durch die Helfer des Königs in Paris und die Konterrevolutionäre. Im Juni 1791 wurde Robespierre – ohne sein Wissen – zum öffentlichen Ankläger am Kriminalgericht von Paris gewählt. Ende des Jahres war er nicht mehr Abgeordneter der Nationalversammlung, da er zuvor die Begrenzung der Amtszeit durchgesetzt hatte. Im April 1792 legte Robespierre auch sein Amt als Ankläger am Kriminalgericht von Paris nieder, um sich seinen Ruf als „der Unbestechliche“ zu bewahren.
Nach dem Tuileriensturm am 10. August 1792 wurde der König von СКАЧАТЬ