Название: Messalina
Автор: Alfred Schirokauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754181485
isbn:
»Da kam eine Nacht, in der die volle Luna meine Geliebte hätte sein sollen – aber Wolken bedeckten den Himmel. Mein Lager blieb dunkel. Ich schrie durch die Gänge, mir Mondlicht zu schaffen, wütend über meine armselige Machtlosigkeit, dem verfinsterten Himmel zu gebieten. Niemand wußte Rat. Nur Callistus verstand mich. Er führte mir Cäsonia zu. Und sie gab mir alles, was die in jener Nacht ungetreue Luna mir versagt hatte. Seitdem ersetzt Cäsonia mir die wankelmütige, launenhaft schwindende und wiederkehrende Luna. Cäsonia ist immer da, immer treu und bleibt stets die kühlende, spendende Luna. Ja, sie ist sogar so treu, daß ich sie bisweilen an einen meiner Freunde verschenken muß, um Eifersucht in mir zu erzeugen, die mir den unwandelbaren, sicheren Besitz Cäsonias wieder begehrenswert macht.«
Er war ermattet von seiner aufgeregten Schilderung und sah ermüdet um sich. Die Griechin löste sich abermals aus ihrer Erstarrung und schob ihm den Sitz entgegen. Er scheuchte sie mit einem Fußtritt auf ihren Platz zurück. Auch den Stuhl schleuderte er mit einem Tritte zur Seite.
Messalina erhob sich, aufgeschreckt von seiner Gewalttätigkeit.
»Man wird uns beim Mahle vermissen,« sagte sie mit bebender Stimme. »Laß uns das Gespräch beenden, Cäsar.«
Er spielte mit merkwürdig unruhigen Fingern an seinen Lippen, als er Messalina mit nachdenklicher Miene musterte.
»Es wäre eine Überraschung für die Gaffer, brächte ich dich in den Saal zurück, ohne daß deine geröteten Ohren Zeugnis ablegten für die Art unserer Zwiesprache,« grinste er. »Und – beenden – ? warum beenden? Das Ende ist anders nach meiner Gewohnheit. Ich denke dir Kurzweil zu bieten, die du bei deinem braven Gatten Claudius noch oft vermissen wirst.«
»Claudius?« Messalina runzelte die Stirn. »Es kann doch nicht dein Ernst sein –«
Er schnitt ihr mit einer schroffen Bewegung das Wort ab:
»Ich pflege in Dingen meines Willens nicht zu scherzen, mein Kind. Ich wünsche diese Ehe! Wenn du mich nicht verstehst – dein Vater wird besser begreifen, was eine Weigerung für die Deinen, dich selbst und Claudius bedeuten könnte.«
Er lachte hell auf. »Im übrigen, der Tropf Claudius wird die Ehre zu schätzen wissen, einen Apfel zu verspeisen, den ich, die Gottheit Caligula, angebissen habe.«
Sie trat dicht zu ihm hin. Die Fäuste geballt, rang sie vergeblich nach Worten, ihrer Empörung Luft zu machen. Weit größer als Messalina, gelang es dem Cäsar leicht, ihre Arme zu packen und sie festzuhalten.
»Du bist sehr töricht, dich mir im Zorn zu zeigen,« flüsterte er. »Die flammende Röte deines Gesichtes – nun kriecht sie über den Hals hinab und noch tiefer – schade, daß du kein durchsichtiges Kleid trägst – diese Blutwelle und deine Schönheit des Zorns bringen dich in Gefahr. Du selbst wirst dir gefährlich, weil mir begehrenswerter.«
Messalina bot alle Kraft auf, sich von dem Griffe zu befreien, mit dem der Kaiser ihre Handgelenke umspannt hielt. Er ließ sie eine Weile sich drehen und wenden, winden und reihen. Er beobachtete das Spiel ihrer vor Wut und Haß bebenden Nüstern, lauschte dem Keuchen ihres Atems, prüfte mit verschlingenden Blicken die jäh bewegten Hüften und gewahrte, wie bei diesem Ringen das Gewand sich mehr und mehr löste und die Schultern freigab. Endlich stand Messalina still und suchte in tiefen, raschen Atemzügen neue Kraft zu schöpfen.
»Gib mich frei, Cäsar!« schrie sie ihn gebieterisch an.
Er schüttelte stumm den Kopf.
Wieder sog sie tief Luft ein. In stummer Raserei starrte sie in das Gesicht Caligulas, das noch abstoßender wurde durch die Flecken auf der abbröckelnden Schicht des Goldpuders. Sie wollte um Erbarmen flehen. Doch sie war zu stolz. Auch wußte sie, daß die irre Seele dieses Menschen keiner Gnade fähig war. Sie sah nach seiner Kehle. Wenn es gelänge, sich dort festzubeißen. Dann muhte er sie loslassen. Aber er hielt die Schweratmende mit gestreckten Armen von sich ab, als ahne er diese Gefahr.
»Befiehl dem Prätorianer, daß er mich tötet!« stieß sie hervor.
»Bringe Wildurod herein,« gebot der Cäsar über die Schulter fort der Sklavin.
Sekunden später stand der riesenhafte Wächter in seiner erstarrenden Wappnung stumm neben der bildnisstummen Griechin.
Messalina kämpfte mit den Tränen und rief dem Mädchen zu: »Bist denn nicht auch du ein Weib? So hilf mir doch!«
»Sieh zu, ob sie dir hilft,« höhnte Caligula und ließ urplötzlich die Verzweifelte los.
Kaum fühlte Messalina sich frei, da wich sie bis zur Wand zurück. Sie rieb die schmerzenden Handgelenke und suchte das Gewand höher zum Halse emporzusehen. Doch das heftige Atmen, in dem ihre Schultern stürmten, verdrängte immer wieder den Stoff.
So standen die vier Menschen schweigend und lauernd stumm in dem Gemache. Die Stille blieb abgrundtief, als der Atem Messalinas ruhiger geworden war. Nur wenn der Prätorianer sich bewegte, klirrten die Erzplatten seiner Rüstung leise, als ob hinter den Wänden ein Rieseln von Metall sich ergieße.
»Nun ...?« warf Caligula endlich in das gespannte Schweigen. »Wähle: den Tod oder das Leben.«
»Den Tod!« sprach Messalina, ohne mit den Lidern zu zucken.
»Gut. Ich sehe immer gerne einen Menschen sterben, zumal einen jungen und schönen,« sagte der Kaiser ruhig und trat zur Seite.
Messalina löste sich von der Wand und ging auf den teutonischen Riesen zu. Die Griechin verließ den Raum. Sie dachte über das Sterben eines Menschen anders als ihr Herr.
Wildurod starrte dem jungen, stolz aufgerichteten Geschöpfe entgegen, das furchtlos auf ihn zuschritt. Er warf einen fragenden Blick auf den Imperator. Der regte verneinend das Haupt.
Doch im Angesicht des Todes, der in der grimmigen Gestalt des Prätorianers vor ihr stand, stürzte auf Messalina der aufquellende, heiße Wunsch nach dem Leben. Nur ein Wimpernzucken lang überdachte sie einen Plan. Fliehen, listig fliehen!! Sie ließ sich durch die Reglosigkeit des Teutonen täuschen. Es mußte gelingen, an dem schwerfälligen Riesen und dem leichten Seidenvorhang vorbeizuschlüpfen.
Mit einem wilden, aufsprühendem Schrei, mit dem sie sich selbst Mut zu machen suchte, sprang sie nach dem Ausgange. – Und fand sich von der Bärenkraft des Soldaten umklammert. In höchster Todesnot wehrte sie sich gegen das Sterben, umklammerte den rechten Arm des Wächters, ihn zu verhindern, das kurze Schwert zu ziehen. Kaum reichte die Kraft des Hünen, das verzweifelt mit körperlicher Gewandtheit um ihr Leben kämpfende Weib zu bändigen.
Unter den eisernen, zugreifenden Tatzen Wildurods ging der dünne Stoff des Festgewandes in Fetzen. Als Messalinas Kräfte versagten, hing sie bis zu den Hüften entblößt in den Armen des Wächters.
Der Riese hob die leichte Gestalt hoch empor und trug sie auf ein Lager, vorbei an dem brutal lächelnden Kaiser. Dann verließ der Taubstumme das Gemach.
Hinter ihm fiel der Vorhang nieder, als senke er sich abschließend über die Jugend Valeria Messalinas.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст СКАЧАТЬ