Messalina. Alfred Schirokauer
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Название: Messalina

Автор: Alfred Schirokauer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754181485

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СКАЧАТЬ beim Schreiten aber den Eindruck, als wären seine schwanken Beine nicht stark genug, seine körperliche Größe und deren Gewicht zu tragen. Der graubehaarte Kopf wackelte auf dem feisten Nacken. Seine Arme machten ungelenke Bewegungen, als bitte er, mangels passender Worte, durch Gebärden um Nachsicht. Weit eher glich er einem armseligen, plebejischen, gelehrten Stubenhocker als einem erlauchten Mitglieds des kaiserlichen Hauses.

      »Nun, mein edler Claudius?« redete Caligula den Oheim spöttisch an, als sich das Gelächter gelegt hatte, »wenn wir auch daran gewöhnt sind, daß du mit störrischem Eigensinn auf die ersten Gänge des Gastmahles verzichtest, so mache uns wenigstens das Vergnügen, möglichst rasch deinen Platz einzunehmen, damit das Mahl fortgesetzt werden kann. Oder sollen wir deinetwegen verhungern?«

      Verwirrt und ratlos, begleitet von einem neuen Aufflackern des Gelächters der Gäste, taumelte Claudius der Mittelreihe der Triklinien zu, weil er als Mann von fürstlichem Range mit Recht dort seinen Platz vermutete.

      »Nicht hier, bester Oheim, nicht hier!« rief der Kaiser ihm lachend entgegen. »Ich habe dir eine Stätte drüben auf dem Lektikus imus des letzten Trikliniums zugedacht.«

      »So, so – auf dem geringsten Platze – so, so?« machte Claudius, töricht erstaunt. Und während ihm der Graukopf noch heftiger als vorher zitterte, murmelte der sonderbare Mann vor sich hin: »Ich werde demnächst ein Buch schreiben müssen über die Herkunft und Einrichtung der Tischordnung. Sie kommt in Vergessenheit. Keiner weiß mehr Bescheid!«

      Dann durcheilte er mit unsicheren Schritten den freien Platz der Mitte. Er suchte sich bescheiden auf der Kante des Tischsofas zu betten, da die bereits dort liegenden beiden Gäste nicht für nötig fanden, wegen der komischen Figur des Kaiserhauses zusammenzurücken.

      Der Struktor hatte gewartet, um nun, nachdem Claudius endlich zur Ruhe gekommen war, neue Speisen und andere Weine anzukündigen. Es gab das Hauptgericht eines jeden römischen Gastmahles, den Eber. Der riesige Braten wurde auf einer Silberschüssel von gewaltigen Ausmaßen hereingeschleppt. Er war zwar in viele handgerechte Einzelstücke zerlegt; man hatte sie jedoch so kunstvoll wieder aneinandergefügt, daß der Anschein gewahrt blieb, als werde der Eber als Ganzes aufgetragen. Zum Getränk wurde Calda gereicht, ein Gemisch von sehr stark gewürztem Weine und kochendem Wasser. Die Sklaven stellten neben jeden Gast kleine, mit glühender Holzkohle gefüllte Roste, deren Glut Wohlgerüche verdunstete und die Calda heiß erhielt.

      Zu dem fetten Eberfleische und dem anreizenden Getränk ward als Unterhaltung eine Gruppe von gaditanischen Tänzerinnen geboten, deren Leistungen ebenso berüchtigt wie gern gesehen waren.

      Die zierlichen Gestalten mit den pikanten Zügen und brennenden Augen, echter Typ spanischer Mädchen, waren eng in grellrote dünne Seidentücher gewickelt, eine aufpeitschende Tracht, da die Körperformen, trotz der Hülle, deutlich hervortraten und so den lockenden Reiz des Verborgenen gewährten. Entblößt blieben nur die sehr kleinen Füße und die zierlich von dunkelm Gelock überkräuselten Nacken.

      Zum Takte einer eintönigen Flötenmusik glitten die Spanierinnen lächelnd über den goldblitzenden Mosaikfußboden dahin, während sich an ihren Körpern nichts bewegte als die schmalen Hüften, ein schlängelndes Spiel verhaltener Leidenschaft. Nach und nach mischte sich das noch leise zögernde Klappern von Kastagnetten in das Getön der Flöten. Dazu summten die Tänzerinnen einen Sang von Sehnsucht und Liebesverlangen.

      Doch bald wurde der Takt der Musik wirbeliger, das Rasseln der Klappern wütender. Der Gesang verstummte. Die Gaditanerinnen bewegten sich schneller und schneller. Immer mehr enthüllten sie sich. Aus der roten Seide leuchtete die blaßgelbliche Haut der Schenkel, quollen die festen kleinen Brüste, schälten sich zuckende Glieder, bis aus dem feierlichen Umherschreiten eine Raserei geworden war, die das einsetzende Gellen der Flöten und betäubende Gerassel der Kastagnetten noch aufstachelte und anfeuerte.

      Valeria Messalina hatte vergeblich versucht, sich zu wehren gegen den erregenden Bann, den dieser ungewohnte sinnliche Rhythmus auf sie übte.

      Schwer atmend, lag das junge Geschöpf auf seinem Lager, spürte Taumel in sich brausen, vernahm das Sausen des gärenden Blutes in den Ohren, hörte von vielen Lippen den bacchischen Jubelruf »Evohö!« tönen, fühlte, wie ihre Glieder sonderbar müde wurden, und rang staunend mit heimlichen, fremden Wünschen ihrer jungen Kraft. Sie blickte scheu auf ihre Lagergenossen. Doch der junge Mann und das Mädchen auf dem Lektikus waren bereits Freunde und kümmerten sich nicht um die ihnen fremde, schweigsame Tischgefährtin.

      In einem seltsamen Umherflattern der Gedanken und zugleich gebannt von einer unheimlichen Anziehungskraft, richtete Valeria Messalina den Blick auf den Kaiser. Sie sah, wie Caligula sich der Zudringlichkeiten seiner Gattin erwehrte und unverwandt zu ihr hinüberblickte. Plötzlich stieß er Cäsonia schroff von sich und reckte die rechte Hand nach Valeria Messalina hin.

      Sie verstand die Bedeutung der Gebärde nicht. Denn bis dahin hatte sie nie erlebt, daß ein Mann ihr eine Faust machte und den Mittelfinger der Hand dabei gerade vorreckte. Sie schüttelte den Kopf, dem Kaiser zu bedeuten, sie verstünde ihn nicht.

      Mit einem wütenden Ruck befreite Caligula sich von den ihn wieder umschließenden Armen der Gattin, verließ den Lektikus und eilte aus dem Saale.

      Zugleich brach die Musik ab. Die Tänzerinnen rafften ihre grellroten Seidentücher um sich und neigten sich dankend gegen den jubelnden Applaus. Dann verschwanden sie.

      Ein Aufatmen ging durch den Raum, ein leises Murmeln schwirrte auf. Von einer Stelle her aber scholl lautes Schnarchen.

      Dort lag der grauhaarige Claudius auf dem Speisesofa des letzten Trikliniums. Er hielt die Hände über dem Bauche gefaltet und schlief den Schlaf des von fetter Speise übersatten und vom heißen Würzweine Betäubten. Die stürmische Wildheit gaditanischer Künste hatte nicht vermocht, diese geruhsame Tätigkeit des Verdauens zu stören.

      »So geht es dem kaiserlichen Oheim stets,« hörte Valeria Messalina ihren Tischnachbarn Amyklas sagen. Er lachte herzlich und fuhr fort: »Wo Claudius zu einem Gastmahl erscheint, sorgt er immer ungewollt für Erheiterung. In Privathäusern, die mit den Ausgaben für die Unterhaltung sparen, ersetzt der drollig-traurige Claudius bei Gastereien oft unfreiwillig ein ganzes Konsortium von Gauklern und Pantomimen.«

      »Kein Wunder, wenn die eigene Mutter, Domina Antonia, sich dieses Sohnes schämte,« warf jemand ein.

      »Dem ist nicht so,« berichtigte Amyklas. »Um den höchsten Grad von Dummheit auszudrücken, pflegte sie im Gegenteil stets zu sagen: dümmer als der dumme Claudius.«

      »Neulich auf einem Gastmahl bei Tubellus ließ er alle Speisen stehen und las uns dafür äußerst komische, ernstgemeinte Eßregeln vor,« erzählte der dem Amyklas gegenüber liegende Gast. »Wenn er dann seine Regeln am Beispiel beweisen wollte und nach den Speisen griff, entzog man ihm rasch die Schüsseln. Sein verblüfftes Gesicht hättet Ihr sehen sollen! Es war zum Totlachen!«

      »Und doch ist er durchaus kein Narr, trotz seines närrischen Benehmens,« meinte ein Tribun, der den Ehrenplatz auf dem mittelsten Speisesofa einnahm. »Der Ritterstand hat ihn häufig zum Patron wichtiger Angelegenheiten erwählt – der Senat loste ihn aus zum Priester des vergötterten Augustus – er hat mit dem jetzigen Cäsar einmal das Konsulat innegehabt und war später sogar noch einmal Konsul –«

      »Aller dieser Ämter aber ging er doch stets verlustig durch seine Saumseligkeit,« unterbrach Amyklas. »Er ist mit Dummheit gestraft.«

      »Dumm ist er nicht,« belehrte der Tribun, »nur umständlich und schwerfällig und ohne jedes Selbstvertrauen. Daran ist seine СКАЧАТЬ