Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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СКАЧАТЬ den Wissenschaften widmeten und sich dessen rühmten, und zu den noch selteneren, die Vertreter ihres Standes nach angeborenem Wesen waren. Wohl kam es häufig vor, dass junge Adlige sich für einen Helden begeisterten, sich einem Führer anschlossen, viel weniger häufig, dass sie aus eigener Überzeugung für eine gute Sache kämpften. Die eigentliche Aufgabe des Ritters, die Schwachen zu schützen, die Vergewaltiger zu strafen, hatte sich in der Ausübung fast ins Gegenteil verkehrt. Hutten aber fühlte das innerste Gesetz seines Seins erfüllt, als er Gelegenheit fand, für die, denen Unrecht geschah, sich einzusetzen. Zum ersten Mal geschah das, als der leidenschaftliche und gewalttätige junge Herzog Ulrich von Württemberg seinen, Huttens, Vetter Hans von Hutten ermordete, in dessen Frau er sich verliebt und vor dem er sich aufs äußerste gedemütigt hatte.

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      Ulrich von Württemberg (* 8. Februar 1487 in Reichenweier (Riquewihr), Elsass; † 6. November 1550 in Tübingen) war 1498–1519 und 1534–1550 der dritte regierende Herzog von Württemberg.

       Als naher Verwandter fühlte sich Hutten doppelt berufen, den fürstlichen Mörder anzugreifen. Er bewies seine Dichtergabe, indem er den einzelnen Fall in seiner allgemeinen Bedeutung ergriff und darstellte, den Ermordeten als fleckenlosen Ehrenmann, den Mörder als rohen, sittenlosen, jede Willkür sich anmaßenden Tyrannen schilderte, was für den Herzog ungefähr zutraf. Viel mehr noch entsprach ihm der Kampf um Reuchlin. Denn in diesem Fall war nicht nur einem einzelnen Menschen Unrecht geschehen, sondern es stießen zwei Prinzipien aufeinander, von denen das eine die Herrschaft innehatte, das andere sich Raum erkämpfen wollte: Geisteszwang und Geistesfreiheit. Sollte es in Deutschland dem Gedanken möglich werden, seine göttliche Kraft zu gebrauchen und die Ergebnisse seiner Forschung zu äußern? Sollte es eine freie Wissenschaft geben? Oder sollte der Gedanke in alle Ewigkeit in ein Gerüst gezwängt bleiben, das Herrschsucht geschaffen hatte? Können Menschen sich anmaßen, und wäre es selbst um eines guten Zweckes willen, aller Menschen Glauben und Denken zu bestimmen? Kann Weltanschauung vorgeschrieben werden? – Hutten selbst liebte die Freiheit über alles, darum setzte er von allen Menschen, besonders von allen Deutschen voraus, dass sie freiwillig nicht Knechte sein wollten, deshalb hasste er diejenigen, die andere knechteten. Er hatte Erasmus und Reuchlin von jeher verehrt als Bahnbrecher der Wissenschaft und einer freieren, edleren Auffassung des geistigen Lebens; nun er verfolgt und bedroht war, wurde Reuchlin ihm doppelt teuer. Als der Geängstete ihm einmal geschrieben hatte: Verlasse die Sache der Wahrheit nicht! antwortete er im Januar 1517: „Ich sie oder dich, ihren Führer, verlassen? Kleinmütiger Kapnion, wie wenig kennst du Hutten! Nein, wenn du sie heute verließest, würde ich den Krieg erneuern!“ Von jungen kampflustigen Gefährten umgeben, glaubte er sich des Sieges sicher. „Längst wird ein Brand vorbereitet“, schrieb er, „der zu rechter Zeit, hoffe ich, aufflammen soll.“ Reuchlin, der ältere Mann, der genug für seinen Ruhm getan hat, soll ohne Furcht den Austrag seiner Angelegenheit seinen jungen Verehrern überlassen, der endliche Triumph kann nicht ausbleiben.

      Soweit der Ausgang von der vom Papst eingesetzten Kommission abhing, hatte Hutten recht mit seinem Zutrauen. Als es nach mehreren Jahren endlich zum Beschluss kam, gaben alle mit einziger Ausnahme des Dominikaners Sylvester Prierias dem Vorsitzenden, Erzbischof von Nazareth, sich anschließend, ihre Stimme für Reuchlin ab. Trotz aller Bemühungen Hochstratens und Pfefferkorns wäre ihm der Sieg zugefallen, wenn nicht Leo X. doch schließlich den Mut verloren hätte, den mächtigen Predigerorden gegen sich aufzubringen. Es zeigte sich, wie so oft bei den Kaisern, dass die Forderungen des Amtes die Neigungen der Person überstimmten. Die für Reuchlin günstige Entscheidung der Kommission wurde nicht nur nicht verkündigt, sondern aufgehoben, so dass für Ränke auf der einen, Befürchtungen auf der anderen Seite wieder Raum war. Die Dunkelmännerbriefe wurden auf fleißiges Drängen der Dominikaner vom Papst zum Feuer verurteilt, obwohl man, so hieß es, auch an der Kurie in das Gelächter eingestimmt hatte, das dem verwegenen Witz der jungen Freiheitsschwärmer wie ein allverbreitetes Echo folgte.

      Von Erasmus ging die Sage, das Lachen habe ihm durch Sprengung eines gefährlichen Geschwürs das Leben gerettet. Später, als er in den Briefen redend und als Feind des Papstes eingeführt wurde, äußerte er sich erschreckt und ablehnend. Noch einen anderen gab es, der, obgleich er zu den Humanisten gezählt wurde und obgleich es ihm an Humor nicht fehlte, die Briefe ablehnte, ja sogar ihren unbekannten Verfasser einen Hanswurst nannte; das war Luther.

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      Doktor Martin Luther

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      Die Reichsreform

       Die Reichsreform

      Das, was man die mittelalterliche Anarchie nennen kann, lag einmal begründet in den fließenden Zuständen, die Verschiebung der Machtverhältnisse verhältnismäßig leicht ermöglichten und dem allgemeinen Streben nach Selbstherrschaft dienten; dazu kam im späteren Mittelalter die Entartung und Verwilderung aller Verhältnisse, die umso mehr als unerträglich empfunden wurde, als das öffentliche Leben überhaupt, wie es die Entwicklung des menschlichen Geistes mit sich bringt, allmählich zu erstarren begann. Das Bedürfnis nach festen Ordnungen machte sich geltend.

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      Karl IV. (HRR) – Wikipedia. Karl IV. (HRR) Karl IV. (tschechisch Karel IV.; * 14. Mai 1316 in Prag; † 29. November 1378 ebenda), geboren als Wenzel (tschechisch Václav), war römisch-deutscher Kaiser.

      Man kann sagen, dass Karl IV. mit der Goldenen Bulle den Anfang dazu gemacht hatte, indem er wenigstens die Königswahl in feste Formen brachte und aus den Kurfürsten eine Art Körperschaft organisierte, die dem König gleichberechtigt zur Seite stand und seitdem auch in den Kurvereinen bedeutenden Einfluss ausübte. Siegmund, Karls geistvoller Sohn, der mit so viel Energie an der Reformation der Kirche arbeitete, plante auch eine Reichsreform, wobei er sich auf die Städte und die Ritter stützen und das Reich in Kreise einteilen wollte.

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      Sigismund lebte vom 15. Februar 1368 bis zum 9. Dezember 1437. Geboren wurde er in Nürnberg als Kind von Kaiser Karl IV und seiner vierten Frau Elisabeth von Pommern. Aus der Ehe davor, mit Anna von Schweidnitz, ging Sigismunds Halbbruder hervor, Wenzel. Anders als sein Vater, galt Sigismund als lebensfroher Mensch, der sich die Zeit gerne mit einem Turnier vertrieb. Er war hoch gebildet und sprach mehrere Sprachen. Sigismund war zweimal verheiratet.

       Zur Ausführung konnte es bei dem Widerwillen aller Stände nicht kommen. Noch zu seinen Lebzeiten aber durchdachte ein philosophischer Kopf, der junge Nikolaus von Cusa, diese seine Zeit so sehr bewegenden Fragen. Wie es damals selbstverständlich war, behandelte er in seiner Schrift De concordantia catholica die Reichs- und Kirchenreform gemeinsam. Er ging von dem tiefsinnigen, folgenreichen Gedanken aus, dass die Wahrheit auf Übereinstimmung beruhe. Die Ordnung im Reich beruhe auf der Übereinstimmung von Papst und Kaiser mit dem Körper ihrer Untergebenen. Der entgegengesetzten Entwicklung von Papsttum und Kaisertum entsprechend wollte er auf Minderung der päpstlichen und Mehrung der kaiserlichen Macht hinwirken. Die gesamte Kirche hielt er damals für vertreten durch die in einem Konzil versammelten christlichen Prälaten, und zwar auch ohne den Papst, falls derselbe an dem Konzil nicht teilnehmen wolle oder könne. Würde unter so vielen aus verschiedenen Ländern stammenden Priestern Übereinstimmung erzielt, so könne das als Wirkung des Heiligen Geistes angesehen werden. Innerhalb des Staates waren die Reichstage etwa das, was in der Kirche die Konzilien waren; sie sollten nach seinem Reformplan jährlich in Frankfurt stattfinden. Der ausübenden Macht des Kaisers sollte ein Reichsheer dienen, das durch eine Reichssteuer zu erhalten wäre. Da fürstliche Heere neben dem kaiserlichen nicht vorgesehen waren, so bedeutete das eine Umwälzung СКАЧАТЬ