Der Bauch von Paris: mehrbuch-Weltliteratur. Emile Zola
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Название: Der Bauch von Paris: mehrbuch-Weltliteratur

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753199191

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СКАЧАТЬ ihrer dreißig Jahre, jedoch keineswegs zu dick. Sie war soeben aufgestanden, und ihre glatten anliegenden, gleichsam gelackten Haare gingen ihr in schmalen, flachen Streifen über die Schläfen. Dadurch wirkte sie sehr eigen. Ihr friedliches Fleisch hatte jene weiße Durchsichtigkeit, jene feine rosige Haut von Menschen, die ihr Leben zwischen Fett und rohem Fleisch zu verbringen pflegen. Sie war sehr ernst, sehr ruhig und behäbig, hatte einen heiteren Blick und strenge Lippen. Ihr gestärkter, eng den Hals umschließender Leinenkragen, ihre weißen Ärmel, die ihr bis zu den Ellbogen reichten, und ihre weiße, die Schuhspitzen verbergende Schürze ließen nur Stückchen ihres schwarzen Kaschmirkleides sehen, die runden Schultern, die volle Büste, deren Korsett den Stoff aufs Äußerste spannte. In all dem Weiß brannte die Sonne. Aber obwohl sie mit dem blauschimmernden Haar, der rosigen Haut, dem strahlenden Glanz der Ärmel und der Schürze von Helligkeit durchtränkt war, blinzelte sie nicht, sondern nahm in seliger Gelassenheit mit sanften Augen und den überquellenden Markthallen zulachend ihr morgendliches Lichtbad. Sie erweckte den Anschein großer Ehrbarkeit.

      »Das ist die Frau Ihres Bruders, Ihre Schwägerin Lisa«, meinte Gavard zu Florent. Er hatte sie mit einem leichten Nicken des Kopfes begrüßt. Dann ging er, weiterhin die peinlichsten Vorsichtsmaßregeln beobachtend, in den Hausflur, weil er nicht wollte, daß Florent durch den Laden eintrat, der allerdings leer war. Er war offenbar geradezu beglückt, sich in ein Abenteuer zu begeben, das er für gefährlich hielt. »Warten Sie«, sagte er. »Ich will sehen, ob Ihr Bruder allein ist ... Kommen Sie erst herein, wenn ich in die Hände klatsche.« Er stieß hinten im Flur eine Tür auf.

      Als Florent aber hinter dieser Tür die Stimme seines Bruders vernahm, stürzte er mit einem Satz hinein. Quenu, der ihn geradezu anbetete, warf sich an seinen Hals. Wie Kinder umarmten sie sich.

      »Donnerwetter! Du bist es!« stammelte Quenu. »Das hätte ich mir nicht träumen lassen, nein! Ich habe dich für tot gehalten! Noch gestern habe ich zu Lisa gesagt: ›Der arme Florent ...‹« Er hielt inne und rief, den Kopf in den Laden steckend: »He! Lisa! Lisa!« Dann, zu einem kleinen Mädchen gewandt, das sich in eine Ecke geflüchtet hatte: »Pauline, geh doch und hol deine Mutter.«

      Aber die Kleine rührte sich nicht. Es war ein prächtiges Kind von fünf Jahren mit einem vollen runden Gesicht und großer Ähnlichkeit mit der schönen Fleischersfrau. In den Armen hielt die Kleine einen riesigen gelben Kater, der es sich recht bequem machte und die Pfoten herunterhängen ließ; und mit ihren kleinen Händen, die sich unter der Last krümmten, drückte sie ihn an sich, als habe sie Angst, daß dieser so schlecht angezogene Herr ihn ihr wegnehme.

      Langsam kam Lisa herbei.

      »Das ist Florent, mein Bruder«, erklärte Quenu mehrmals. Sie redete ihn mit »Herr« an und war sehr freundlich. Ohne irgendwelche unhöfliche Verwunderung an den Tag zu legen, betrachtete sie ihn ruhig vom Kopf bis zu den Füßen. Nur ihre Lippen hatten eine kleine Falte. Sie blieb stehen und lächelte schließlich über die ungestümen Umarmungen ihres Mannes, der sich jedoch zu beruhigen schien. Da erst sah er, wie dürr und elend Florent war.

      »Ach, mein armer Junge«, meinte er, »du bist nicht stattlicher geworden da drüben ... Ich, ich bin dicker geworden, wie du siehst!«

      Er war tatsächlich dick, zu dick für seine dreißig Jahre. Er quoll über in seinem Hemd, seiner Schürze und seinem weißen Leinenzeug, in dem er eingewickelt war wie ein riesiges pausbäckiges Kind. Sein glattrasiertes Gesicht hatte sich in die Länge gezogen und allmählich eine entfernte Ähnlichkeit mit jenen Schweineschnauzen und mit jenem Fleisch angenommen, worin sich seine Hände während des ganzen Tages versenkten und worin sie lebten. Florent erkannte ihn kaum wieder. Er hatte sich gesetzt, und seine Blicke wanderten von seinem Bruder zur schönen Lisa und zur kleinen Pauline. Sie strotzten vor Gesundheit; sie waren prächtig, breitschultrig und strahlend. Sie musterten ihn mit dem Erstaunen besonders wohlgenährter Leute, die beim Anblick eines Mageren eine unbestimmte Unruhe ergreift. Und sogar der Kater, dessen Fell vor Fett barst, machte runde gelbe Augen und musterte ihn mit argwöhnischer Miene.

      »Du wartest doch bis zum Mittagessen, nicht wahr?« fragte Quenu. »Wir essen zeitig, um zehn Uhr.«

      Ein kräftiger Küchengeruch hing im Raum. Florent erlebte noch einmal seine schreckliche Nacht, seine Ankunft in dem Gemüse, sein Ringen mit dem Tode mitten in den Markthallen, diese unaufhörlichen Nahrungslawinen, denen er eben entkommen war. Da sagte er leise, mit sanftem Lächeln:

      »Nein, ich habe Hunger, weißt du.«

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