Wahre Kriminalfälle und Skandale. Walter Brendel
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Название: Wahre Kriminalfälle und Skandale

Автор: Walter Brendel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754936580

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СКАЧАТЬ Relotius, 33 Jahre alt, einer der auffälligsten Schreiber des SPIEGEL, ein bereits vielfach preisgekrönter Autor, ein journalistisches Idol seiner Generation, kein Reporter ist, sondern dass er schön gemachte Märchen erzählt, wann immer es ihm gefällt. Wahrheit und Lüge gehen in seinen Texten durcheinander, denn manche Geschichten sind nach seinen eigenen Angaben sauber recherchiert und Fake-frei, andere aber komplett erfunden, und wieder andere wenigstens aufgehübscht mit frisierten Zitaten und sonstiger Tatsachenfantasie. Während seines Geständnisses sagte Relotius wörtlich:

      "Es ging nicht um das nächste große Ding. Es war die Angst vor dem Scheitern." Und "mein Druck, nicht scheitern zu dürfen, wurde immer größer, je erfolgreicher ich wurde".

      Einleitung

      Nach einer von leisen Tönen geprägten Debatte hat der Bundestag am 13.Mai 2009 mit 326 gegen 234 Stimmen beschlossen, die umstrittene Praxis der Spätabtreibung künftig strenger zu regeln. Die wichtigsten Punkte: Zwischen der Diagnose, dass ein Kind behindert oder geschädigt zur Welt kommen könnte, und einer Spätabtreibung müssen künftig mindestens drei Tage Bedenkzeit liegen. Der behandelnde Arzt ist zudem verpflichtet, der werdenden Mutter eine Beratung anzubieten. Die Frau darf die Beratung ablehnen. Ein Mediziner, der es versäumt, ein solches Gespräch anzubieten, kann mit einer Strafe von bis zu 5000 Euro belegt werden.

      Im Jahr 2008 hat sich die soziale Not in Deutschland laut eines Diakonie-Berichtes weiter verschärft. Viele Betroffene suchten eine Beratungsstelle auf, weil sie durch die Schwangerschaft in eine finanzielle Notlage und schwierige familiäre Situation gerieten. So waren 84 Prozent der Gespräche auch eine soziale Beratung. Sechs Prozent der Ratsuchenden waren minderjährig. 40 Prozent von Sozialleistungen abhängig.

      Und wie ist mit der Beratung durch die Stellen der katholischen Kirche? Die deutschen Bischöfe warten1997 in gespannter Ruhe auf ein klares Wort aus Rom. Vor einer Entscheidung des Papstes wollen sie sich zum heiklen Thema Schwangerenberatung öffentlich nicht äußern.

      Seit dem 27. Mai 1997, als fast die gesamte Bischofskonferenz ein "brüderliches Gespräch" mit dem Papst in Rom führte, steht die Bewertung der vatikanischen Glaubenskongregation aus: Ist der Beratungsschein, ohne den eine legale Abtreibung in Deutschland nicht möglich ist, "Beihilfe zum Mord" oder leistet die Kirche durch ihre Teilhabe am staatlichen Beratungssystem "Hilfe in Not"?

      Die Mehrheit der Bischöfe hatte dem Papst und seinem obersten Glaubenswächter, Kardinal Joseph Ratzinger, den späteren Papst, klarzumachen versucht, warum es "zentral wichtig" sei, dass die Kirche "den bedrängten Frauen möglichst nahe bleibt". Das 1995 neu geregelte Abtreibungsgesetz sei zwar unzureichend, argumentierte Karl Lehmann, damals Vorsitzender der Bischofskonferenz, doch in der katholischen Beratung könnten viele Frauen von einem Abbruch "abgehalten" werden. Die Kirche müsse ungewollt Schwangeren auch in Zukunft die Türen öffnen, "denn andere Beratungsstellen", sagte etwa der Erzbischof von Berlin, Kardinal Georg Sterzinsky, in einem Interview mit Radio Vatikan, "halten gar nichts vom Leben, sondern raten eher, das Kind zu töten".

      Bischof Johannes Dyba aus Fulda hat bisher als einziger eine andere Gewissensentscheidung getroffen. Schon 1993 verfügte er für seine Diözese faktisch den Ausstieg aus dem Beratungssystem: Notlagengespräche ja, aber ohne Bescheinigung. Die Kirche, die den neuen Paragraphen 218 für eine weitere Verschlechterung des Lebensschutzes hält und ihn nach eigenen Angaben bekämpfen will, müsse "endlich klare Konsequenzen" ziehen und die Caritas sowie den Sozialdienst katholischer Frauen anweisen, keine "Tötungslizenzen" mehr auszustellen.

      Seit Inkrafttreten des neuen Abtreibungsrechts 1996 ist die katholische Schwangerenberatung ein Streitfall zwischen Kirche und Politik, weil die "Vorläufigen Bischöflichen Richtlinien" für die Beratungsstellen zum Teil weit über das Gesetz hinausgehen. So darf die Caritas keine Bescheinigung ausstellen, "wenn sich die ratsuchende Frau nicht auf eine Beratung im oben genannten Sinne (der katholischen Kirche, deren Dogma Abtreibung verbietet/d. A.) eingelassen hat". Zum zweiten kann sie abgewiesen werden, wenn die Beratung "wegen eines bestehenden Zeitdrucks nicht möglich ist", die Schwangere also erst kurz vor Ablauf der Abtreibungsfrist zur Caritas kommt.

      Das Ergebnis ist bekannt. Aus dem obersten Glaubenswächter, Kardinal Joseph Ratzinger wurde inzwischen Papst Benedikt XVI., der am 28. Februar 2013 von seinem Amt zurücktrat, und der droht allem Abtreibungsbereiten mit dem Fegefeuer in der Hölle. Im Mittelalter verbrannte die Kirche Hexen und heute? Ja, es war immer schon ein Kreuz mit der Abtreibung und der Anwendung des § 218. Den Höhepunkt erreichte der Streit aber in der Bundesrepublik mit den sogenannten Memminger Prozess.

      Prozess von Memmingen

      Der Memminger Prozess fand von September 1988 bis Mai 1989 vor dem Landgericht Memmingen gegen den Arzt Horst Theißen wegen Schwangerschaftsabbruch statt. ...

      Der Monster-Prozess von Memmingen, wo die Strafjustiz einen Frauenarzt und 156 Patientinnen wegen angeblicher Verstöße gegen den Paragraphen 218 verfolgt, erinnert Sozialdemokraten, Grüne und Liberale an die Zeiten von Hexenverfolgung und Inquisition. Mit abschreckenden Justizaktionen wollte die Münchner CSU-Regierung in Bayern eine Art Gebärzwang für Schwangere durchsetzen und die soziale Indikation mit Hilfe willfähriger Richter aushebeln.

      Draußen tanzte eine buntscheckige Schar von Frauen aus der ganzen Bundesrepublik durch die mittelalterliche Stadt, von fremdartigen Rhythmen begleitet, mit Ketten um den Leib, mit ausgestopften Bäuchen, Christuskreuze hinter sich herschleifend. Alles Hexen?

      Jedenfalls protestierten die rund 1700 Frauen, aufgerufen unter anderem von der SPD und den Grünen, gegen die "Hexenverfolgung von Memmingen" und gegen die in der Schwabenstadt praktizierte "moderne Inquisition", wie Bayerns damaliger SPD-Vorsitzender Rudolf Schöfberger befand.

      Der Protest richtete sich gegen die Verfolgung Hunderter von Frauen, die in den letzten Jahren abgetrieben hatten, und gegen den damaligen Abtreibungsprozess gegen den Memminger Gynäkologen Horst Theissen.

      Mehr als 150 verurteilte Frauen - diese Memminger Zwischenbilanz kam, angesichts der bayrischen Statistik, die für 1986 nur drei Verurteilungen von Frauen wegen Vergehen gegen den Paragraphen 218 ausweist, selbst dem Sprecher des bayrischen Justizministeriums merkwürdig vor. Das wirke, sagte Hans-Peter Huber, "schon etwas aufgebläht".

      Die protestierenden Frauen sehen in den Memminger Massenverurteilungen ein "Exempel" und ein "Pilotprojekt", wie die Grünen-Landtagsabgeordnete Margarete Bause bei der Demonstration urteilte. Ursula Pausch-Gruber, Vorsitzende der bayrischen SPD-Frauen, hält den Prozess für die "Begleitmusik zu den gesetzgeberischen Vorhaben" der Bayern in Bonn, die FDP-Bundestagsabgeordnete Hildegard Hamm-Brücher spricht von "politisch motivierten Prozessen".

      Durch die Prozesse und die Proteste ist Memmingen zum zentralen Austragungsort für eine neu entflammte Abtreibungsdiskussion geworden. Die Atmosphäre in dem Allgäu-Städtchen - 39 000 Einwohner, zwei Drittel Katholiken - erinnert Kritiker bereits an dunkle Stellen in der Stadtgeschichte, als noch die stramme und für viele Delinquenten tödliche "karolingische Halsgerichtsordnung" galt. Für leichtere Fälle stand im Rathaus ein hölzerner Pranger bereit, der vom Standgericht häufig und gerne gebraucht wurde.

      Auch etliche Hexen und Hexer wurden in Memmingen verbrannt, wenn auch laut Heimatpfleger Uli Braun "nicht so epidemiehaft wie in Nördlingen oder Würzburg". Nach einer alten Chronik wurde am 25. April 1656 die letzte Hexe von Memmingen öffentlich mit dem Schwert gerichtet und den Flammen übergeben, weil sie "Menschen und Vieh Schaden zugefügt" hatte.

      Das heutige Memmingen erscheint zumindest der Grünen-Stadträtin Jutta Kühlmuss als "sexualfeindliche Stadt". Die Frau hat Erfahrung: Es СКАЧАТЬ