Die Dämonen. Fjodor Dostojewski
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Dämonen - Fjodor Dostojewski страница 54

Название: Die Dämonen

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754173145

isbn:

СКАЧАТЬ Liebe; warum haben Sie meine Tochter angesichts der ganzen Stadt in Ihre Skandalgeschichte mit hineingezogen? Deshalb bin ich hergekommen.«

      »In meine Skandalgeschichte?« fragte Warwara Petrowna und richtete sich drohend gerade.

      »Mama, auch ich bitte Sie dringend, sich zu mäßigen,« sagte Lisaweta Nikolajewna auf einmal.

      »Was hast du gesagt?« rief die Mama, die sich anschickte wieder loszujammern; aber sie stockte plötzlich unter dem funkelnden Blicke ihrer Tochter.

      »Wie können Sie von einer Skandalgeschichte reden, Mama?« ereiferte sich Lisa. »Ich bin auf meinen eigenen Wunsch und mit Julija Michailownas Erlaubnis hierhergefahren, weil ich die Geschichte dieser Unglücklichen erfahren wollte, um ihr nützlich zu sein.«

      »Die Geschichte dieser Unglücklichen!« sagte Praskowja Iwanowna gedehnt mit boshaftem Lachen. »Paßt es sich etwa, daß du dich in solche Geschichten hineinmischst? Ach, meine Liebe, von Ihrem Despotismus haben wir jetzt genug!« wandte sie sich wütend zu Warwara Petrowna. »Man sagt, mags nun wahr sein oder nicht, Sie hätten hier die ganze Stadt tyrannisiert; aber jetzt ist es augenscheinlich damit zu Ende!«

      Warwara Petrowna saß gerade aufgerichtet da; sie glich einem Pfeile, der bereit ist, vom Bogen zu fliegen. Etwa zehn Sekunden lang hielt sie einen strengen Blick unverwandt auf Praskowja Iwanowna geheftet.

      »Nun, du kannst Gott danken, Praskowja, daß wir hier unter uns sind,« sagte sie endlich mit unheilverkündender Ruhe. »Du hast viel Ungehöriges gesagt.«

      »Ich für meine Person, meine Liebe, fürchte die Meinung der Welt nicht so, wie es manche andern Leute tun; Sie sind es, die unter dem Scheine des Stolzes vor der Meinung der Welt zittert. Und daß hier nur gute Freunde sind, das ist für Sie besser, als wenn Fremde zuhörten.«

      »Du bist wohl in dieser Woche sehr klug geworden, wie?«

      »Ich bin in dieser Woche nicht weiter klug geworden; aber offenbar ist die Wahrheit in dieser Woche ans Licht gekommen.«

      »Was für eine Wahrheit soll in dieser Woche ans Licht gekommen sein? Höre, Praskowja Iwanowna, reize mich nicht; sprich dich augenblicklich deutlich aus, ich bitte dich inständig: was für eine Wahrheit ist ans Licht gekommen, und was willst du damit sagen?«

      »Da sitzt ja die ganze Wahrheit!« rief Praskowja Iwanowna und wies mit dem Finger auf Marja Timofejewna; sie zeigte jene Entschlossenheit zum Äußersten, die nicht mehr an die Folgen denkt, wenn sie nur im Augenblick kräftig wirken kann.

      Marja Timofejewna, die die ganze Zeit über mit heiterer Neugier nach ihr hingeblickt hatte, lachte vergnügt auf, als sie den Finger der zornigen Besucherin auf sich gerichtet sah, und bewegte sich vergnügt in ihrem Lehnsessel hin und her.

      »Herr Jesus Christus, sind denn hier alle verrückt geworden?« rief Warwara Petrowna und sank erbleichend gegen die Lehne zurück.

      Sie war so blaß geworden, daß eine allgemeine Aufregung entstand. Stepan Trofimowitsch war der erste, der zu ihr hineilte; auch ich trat näher heran; sogar Lisa stand von ihrem Platze auf, obgleich sie bei ihrem Lehnsessel stehen blieb; aber am meisten erschrak Praskowja Iwanowna selbst: sie schrie auf, erhob sich, so gut es ging, und heulte fast mit weinerlicher Stimme:

      »Liebe Freundin, Warwara Petrowna, verzeihen Sie mir meine boshafte Dummheit! Aber gebe ihr doch jemand wenigstens Wasser!«

      »Bitte, plinze nicht, Praskowja Iwanowna, und Sie, meine Herren, treten Sie, bitte, zurück; tun Sie mir den Gefallen; ich brauche kein Wasser!« sagte Warwara Petrowna mit blassen Lippen in festem Tone, wenn auch nicht laut.

      »Liebe Freundin!« fuhr Praskowja Iwanowna fort, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, »liebste Warwara Petrowna, ich habe mich allerdings durch unvorsichtige Worte vergangen; aber ich bin auch gar zu sehr durch diese anonymen Briefe gereizt worden, mit denen mich schlechte Menschen bombardieren; na, sie sollten die Briefe doch lieber an Sie schicken, da sie sich ja doch auf Sie beziehen; aber ich habe eine Tochter, liebe Freundin!«

      Warwara Petrowna sah sie mit weit geöffneten Augen sprachlos an und hörte erstaunt zu. In diesem Augenblicke öffnete sich geräuschlos in einer Ecke eine Seitentür, und es erschien Darja Pawlowna. Sie blieb einen Augenblick stehen und sah um sich; unsere Aufregung befremdete sie. Marja Timofejewna, von deren Anwesenheit niemand sie vorher benachrichtigt hatte, fiel ihr wohl nicht sogleich in die Augen. Stepan Trofimowitsch war der erste, der sie bemerkte; er machte eine schnelle Bewegung, errötete und rief, man wußte nicht recht wozu, laut: »Darja Pawlowna!« so daß die Augen aller sich mit einem Male nach der Eintretenden hinwandten.

      »Wie? Also das ist eure Darja Pawlowna!« rief Marja Timofejewna. »Nun, lieber Schatow, deine Schwester sieht dir nicht ähnlich! Wie konnte nur mein Teuerster ein so reizendes Wesen ›die leibeigene Magd Dascha‹ nennen!«

      Darja Pawlowna hatte sich inzwischen schon Warwara Petrowna genähert; aber überrascht von Marja Timofejewnas Worten wandte sie sich schnell um, blieb stehen und sah die Irre mit einem langen, starren Blicke an.

      »Setz dich, Dascha!« sagte Warwara Petrowna mit erschreckender Ruhe; »näher bei mir, so; du kannst dieses Mädchen auch im Sitzen ansehen. Kennst du sie?«

      »Ich habe sie nie gesehen,« antwortete Dascha leise und fügte nach kurzem Stillschweigen sofort hinzu: »Es ist gewiß die kranke Schwester eines Herrn Lebjadkin.«

      »Auch ich sehe Sie, meine Liebe, jetzt zum erstenmal, obgleich ich schon lange sehr gewünscht habe, Sie kennen zu lernen; und in jeder Ihrer Bewegungen erkenne ich die gute Erziehung!« rief Marja Timofejewna entzückt. »Und was da mein Bedienter schimpft, wie wäre es denn überhaupt denkbar, daß Sie ihm Geld weggenommen hätten, ein so gebildetes, liebenswürdiges Fräulein? Denn Sie sind liebenswürdig, liebenswürdig, liebenswürdig; das sage ich Ihnen aus eigener Überzeugung!« schloß sie enthusiastisch mit lebhaften Gestikulationen.

      »Verstehst du etwas davon?« wandte sich Warwara Petrowna mit stolzer Würde an ihre Pflegetochter.

      »Ich verstehe alles.«

      »Hast du das von dem Gelde gehört?«

      »Das ist gewiß dasselbe Geld, das ich auf Nikolai Wsewolodowitschs Bitte, als ich noch in der Schweiz war, diesem Herrn Lebjadkin, ihrem Bruder, zuzustellen übernahm.«

      Es folgte ein Stillschweigen.

      »Hat Nikolai Wsewolodowitsch selbst die Bitte an dich gerichtet, es zu übergeben?«

      »Es lag ihm sehr daran, dieses Geld, es waren dreihundert Rubel, Herrn Lebjadkin zu übersenden. Und da er dessen Adresse nicht kannte, sondern nur wußte, daß er in unsere Stadt ziehen werde, so beauftragte er mich damit, es Herrn Lebjadkin zuzustellen, falls dieser herkäme.«

      »Was für Geld ist denn ... verloren gegangen? Wovon redete dieses Mädchen eben?«

      »Das weiß ich allerdings nicht; auch mir ist zu Ohren gekommen, daß Herr Lebjadkin laut von mir gesagt habe, ich hätte ihm nicht alles abgeliefert; aber diese Behauptung ist mir unverständlich. Es waren dreihundert Rubel, und ich habe ihm dreihundert Rubel übersandt.«

      Darja Pawlowna hatte sich bereits fast vollständig beruhigt. Und überhaupt bemerke ich, daß es schwer war, dieses Mädchen durch irgend etwas auf längere Zeit in Verwirrung und aus der Fassung zu bringen, welches auch immer innerlich ihre Empfindungen sein mochten. Sie gab jetzt alle ihre Antworten СКАЧАТЬ