Die Dämonen. Fjodor Dostojewski
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Название: Die Dämonen

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754173145

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СКАЧАТЬ auch schon ohne Ihre Bemerkungen die Fassung verlieren; schonen wenigstens Sie mich! ... Bitte, ziehen Sie einmal da an dem Klingelzuge, neben Ihnen; er führt zum Mädchenzimmer.«

      Es trat ein längeres Stillschweigen ein. Ihr argwöhnischer, gereizter Blick glitt über unser aller Gesichter hin. Agascha, ihre Lieblingszofe, erschien.

      »Bring mir das karrierte Tuch, das ich in Genf gekauft habe! Was macht Darja Pawlowna?«

      »Das Fräulein befindet sich nicht ganz wohl.«

      »Geh hin und bitte sie hierher zu kommen! Sage, ich ließe sie sehr bitten, auch wenn sie nicht wohl sei.«

      In diesem Augenblicke wurde aus den anstoßenden Zimmern wieder ungewöhnliches Geräusch von Schritten und Stimmen, ähnlich dem von vorhin, vernehmbar, und plötzlich erschien auf der Schwelle atemlos und aufgeregt Praskowja Iwanowna, auf Mawriki Nikolajewitschs Arm gestützt.

      »Ach Herr Gott, ich habe mich nur mit Mühe hergeschleppt; Lisa, du Unsinnige, was tust du deiner Mutter an!« jammerte sie und brachte in diesem Gejammer nach der Gewohnheit aller schwächlichen, leicht reizbaren Personen alles zum Ausdruck, was sich an Erregung bei ihr angesammelt hatte.

      »Liebste Warwara Petrowna, ich komme zu Ihnen, um meine Tochter zu holen!«

      Warwara Petrowna warf ihr einen mürrischen Blick zu, erhob sich nur wenig zu ihrer Begrüßung und sagte mit kaum verhehltem Ärger:

      »Guten Tag, Praskowja Iwanowna; sei so freundlich und nimm Platz! Das habe ich mir gedacht, daß du kommen würdest.«

       II.

      Für Praskowja Iwanowna konnte in einem solchen Empfange nichts Überraschendes liegen. Warwara Petrowna hatte ihre ehemalige Pensionsfreundin schon immer, seit den Tagen der Kindheit, despotisch und unter dem Scheine der Freundschaft beinah verächtlich behandelt. Aber im vorliegenden Falle war die Lage noch eine ganz besondere. In den letzten Tagen war es zwischen den beiden Häusern zu einem vollständigen Bruche gekommen, wie ich das auch bereits beiläufig erwähnt habe. Die Ursachen dieses Bruches waren für Warwara Petrowna vorläufig noch ein Geheimnis und infolgedessen um so kränkender; aber die Hauptsache war, daß Praskowja Iwanowna ihr gegenüber ein außerordentlich hochmütiges Benehmen angenommen hatte. Warwara Petrowna fühlte sich selbstverständlich dadurch verletzt, und dabei waren auch bereits gewisse sonderbare Gerüchte zu ihr gedrungen, die sie ebenfalls maßlos aufregten, und zwar gerade durch ihre Unbestimmtheit. Warwara Petrownas Charakter war offen und stolz; sie war eine Draufgängerin, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist. Am allerwenigsten konnte sie geheime, versteckte Anschuldigungen leiden und zog den offenen Krieg immer vor. Wie dem nun auch sein mochte, jedenfalls hatten die beiden Damen einander seit fünf Tagen nicht mehr gesehen. Der letzte Besuch war von Warwara Petrownas Seite erfolgt, die von der »Drosdowschen« tief gekränkt und verstimmt weggefahren war. Ich kann ohne Gefahr eines Irrtumes sagen, daß Praskowja Iwanowna jetzt in der naiven Überzeugung hereinkam, Warwara Petrowna müsse aus irgendwelchem Grunde vor ihr Angst haben; das konnte man schon an ihrem Gesichtsausdrucke sehen. Aber über Warwara Petrownas Herz gewann jedesmal der Hochmutsteufel die Herrschaft, sobald sie auch nur im entferntesten argwöhnen konnte, daß jemand über ihr zu stehen glaubte. Praskowja Iwanowna aber zeichnete sich, wie viele schwächliche Personen, die sich lange ohne Protest haben beleidigen lassen, durch besondere Heftigkeit des Angriffs aus, sobald einmal die Sache eine für sie günstige Wendung nahm. Allerdings war sie jetzt krank, und während einer Krankheit wurde sie stets reizbarer. Ich füge endlich noch hinzu, daß wir alle, die wir uns im Salon befanden, durch unsere Gegenwart die beiden Jugendfreundinnen nicht besonders genieren konnten, falls wirklich ein Streit zwischen ihnen entbrennen sollte; denn wir galten als Familienangehörige und beinahe als Untergebene. Ich erwog das gleich damals nicht ohne Besorgnis. Stepan Trofimowitsch, der sich seit Warwara Petrownas Ankunft nicht wieder hingesetzt hatte, ließ sich kraftlos auf einen Stuhl niedersinken, als er Praskowja Iwanownas Gejammer hörte, und suchte in seiner Verzweiflung meinen Blick aufzufangen. Schatow drehte sich in scharfer Wendung auf seinem Stuhle herum und brummte etwas vor sich hin. Es kam mir so vor, als wolle er aufstehen und weggehen. Lisa hatte sich nur ein klein wenig erhoben, sich aber sogleich wieder zurücksinken lassen und dem Gejammer ihrer Mutter nicht einmal die schuldige Aufmerksamkeit zugewendet, aber nicht infolge ihres »eigensinnigen Charakters«, sondern weil sie sich offenbar ganz im Banne einer anderen mächtigen Empfindung befand. Sie blickte jetzt irgendwohin in die Luft, beinah zerstreut, und wandte selbst Marja Timofejewna nicht mehr die frühere Aufmerksamkeit zu.

       III.

      »Ach, hierher!« stöhnte Praskowja Iwanowna, indem sie auf einen Lehnsessel am Tische zeigte, und ließ sich mit Mawriki Nikolajewitschs Hilfe schwerfällig auf ihn niedersinken. »Ich würde mich bei Ihnen nicht hinsetzen, liebe Freundin, wenn nicht die Beine wären!« fügte sie mit matter Stimme hinzu.

      Warwara Petrowna hob den Kopf ein wenig in die Höhe, drückte mit schmerzlichem Gesichtsausdruck die Finger der rechten Hand gegen die rechte Schläfe, in der sie anscheinend einen heftigen Schmerz (tic douloureux) empfand.

      »Was redest du, Praskowja Iwanowna? Warum solltest du dich denn bei mir nicht hinsetzen? Ich habe mein ganzes Leben lang die aufrichtige Freundschaft deines seligen Mannes genossen, und wir beide, ich und du, haben, als wir noch kleine Mädchen waren, in der Pension zusammen mit Puppen gespielt.«

      Praskowja Iwanowna winkte abwehrend mit den Händen.

      »Das wußte ich doch, daß das kommen würde! Immer und ewig fangen Sie von der Pension an, wenn Sie mir Vorwürfe machen wollen; das ist so ein schlaues Manöver von Ihnen. Aber meiner Ansicht nach ist das nur eine schönklingende Redensart. Ich mag von Ihrer Pension nichts wissen.«

      »Du bist, wie es scheint, schon in sehr schlechter Laune hergekommen. Was machen deine Füße? Da wird dir Kaffee gebracht; bitte, lange zu, trink und sei nicht böse!«

      »Liebe Warwara Petrowna, Sie behandeln mich, als ob ich ein kleines Kind wäre. Ich mag keinen Kaffee!«

      Sie winkte dem Diener, der ihr Kaffee präsentierte, ärgerlich ab. (Übrigens dankten für Kaffee auch die andern außer mir und Mawriki Nikolajewitsch. Stepan Trofimowitsch nahm eine Tasse, stellte sie aber auf den Tisch. Marja Timofejewna hatte zwar sehr große Lust, eine zweite Tasse zu nehmen, und streckte schon die Hand danach aus; aber sie besann sich anders und lehnte in manierlicher Weise ab, wobei sie offenbar mit ihrem Benehmen sehr zufrieden war.)

      Warwara Petrowna lächelte spöttisch. »Weißt du was, liebe Praskowja Iwanowna, du hast dir gewiß wieder irgendeine Einbildung zurechtgemacht, mit der du dann hergekommen bist. Du hast dein ganzes Leben über immer in der Einbildung gelebt. Du ereifertest dich soeben darüber, daß ich von der Pension sprach; aber weißt du wohl noch, wie du hinkamst und der ganzen Klasse versichertest, der Husarenoffizier Schablykin habe um deine Hand angehalten, und wie Madame Lefebure dich sofort der Lüge überführte? Aber du hattest nicht gelogen; du hattest dir das einfach zu deinem Amüsement eingebildet. Nun sage, was du jetzt mitgebracht hast? Was hast du dir wieder eingebildet? Womit bist du unzufrieden?«

      »Sie aber haben sich in der Pension in den Popen verliebt, der uns Religionsstunde gab. Da haben Sie es, wenn Sie anderen von jener Zeit her noch Schlechtes nachreden! Hahaha!«

      Sie lachte höhnisch und geriet dabei ins Husten.

      »Aah, also den Popen hast du nicht vergessen ...« versetzte Warwara Petrowna und warf ihr einen haßerfüllten Blick zu.

      Ihr Gesicht war ganz grünlich geworden. Praskowja Iwanowna СКАЧАТЬ