Die Dämonen. Fjodor Dostojewski
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Читать онлайн книгу Die Dämonen - Fjodor Dostojewski страница 31

Название: Die Dämonen

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754173145

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СКАЧАТЬ zu schroffer Weise gewechselt. Und er erhebt jetzt gegen notre sainte Russie so vielerlei Anklagen, daß ich diesen Umschwung in seinem Organismus (anders kann ich es nicht bezeichnen) schon längst auf die starke Erschütterung seines Familienlebens und speziell auf seine unglückliche Ehe zurückführe. Ich, der ich mein armes Rußland studiert habe und kenne wie meine eigenen Finger und dem russischen Volke mein ganzes Leben geweiht habe, ich kann Ihnen versichern, daß er das russische Volk nicht kennt und überdies ...«

      »Ich kenne das russische Volk auch gar nicht, und ... ich habe gar keine Zeit dazu, es zu studieren!« unterbrach ihn der Ingenieur von neuem und drehte sich wieder kurz auf dem Sofa herum.

      Stepan Trofimowitsch war in der Mitte seiner Auseinandersetzung unterbrochen worden.

      »Der Herr studiert es, er studiert es,« fiel Liputin ein; »er hat dieses Studium bereits begonnen und verfaßt eine interessante Abhandlung über die Ursachen der Zunahme der Selbstmorde in Rußland und überhaupt über die Ursachen, welche die Verbreitung des Selbstmordes in der menschlichen Gesellschaft befördern oder hemmen. Er ist zu staunenswerten Resultaten gelangt.«

      Der Ingenieur geriet in eine schreckliche Erregung.

      »Dazu haben Sie gar kein Recht,« murmelte er zornig; »ich schreibe gar keine Abhandlung. Solche Dummheiten mache ich nicht. Ich habe Sie vertraulich gefragt, nur ganz zufällig. Von einer Abhandlung ist hier überhaupt nicht die Rede; ich veröffentliche nichts, und Sie haben nicht das Recht ...«

      Liputin hatte offenbar seine Freude daran.

      »Pardon,« sagte er, »vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, wenn ich Ihre literarische Arbeit eine Abhandlung nannte. Der Herr sammelt nur Beobachtungen und läßt sich auf den eigentlichen Kern der Frage oder sozusagen auf ihre moralische Seite überhaupt nicht ein und lehnt sogar die Moralität selbst völlig ab und hält sich an den neuesten Grundsatz der allgemeinen Zerstörung zum Zwecke der Erreichung guter Endziele. Er fordert schon mehr als hundert Millionen Köpfe, um die gesunde Vernunft in Europa zur Herrschaft zu bringen, also weit mehr, als auf dem letzten Weltkongreß gefordert wurden. In diesem Gedanken geht Alexei Nilowitsch weiter als alle andern.«

      Der Ingenieur hatte mit einem geringschätzigen, schwachen Lächeln zugehört. Etwa eine halbe Minute lang schwiegen alle.

      »Das sind lauter Dummheiten, Liputin,« sagte schließlich Herr Kirillow mit einer gewissen Würde. »Wenn ich Ihnen zufällig einige Punkte gesagt habe und Sie sie aufgeschnappt haben, so ist das Ihre Sache. Aber Sie haben kein Recht, es zu erwähnen, weil ich nie mit jemandem darüber rede. Es widersteht mir, darüber zu reden ... Wenn es Überzeugungen gibt, so ist es für mich klar ... aber damit haben Sie dumm gehandelt. Ich stelle keine Erwägungen über jene Punkte an, wo schon alles erledigt ist. Ich kann die Erwägungen nicht leiden. Ich mag nie Erwägungen anstellen ...«

      »Vielleicht tun Sie daran ganz recht,« konnte Stepan Trofimowitsch sich nicht enthalten zu bemerken.

      »Ich entschuldige mich bei Ihnen; aber ich bin hier auf niemand zornig,« fuhr der Gast mit fieberhafter Geschwindigkeit fort. »Ich habe vier Jahre lang nur mit wenigen Menschen verkehrt ... Ich habe vier Jahre lang nur wenig gesprochen und mich bemüht, nicht mit andern zusammenzukommen, um meiner Ziele willen, um die es sich hier nicht handelt, vier Jahre lang. Liputin hat das lächerlich gefunden und lacht darüber. Ich verstehe das und kümmere mich nicht darum. Ich bin nicht empfindlich; ich ärgere mich nur über seine Ungeniertheit. Wenn ich Ihnen aber meine Ideen nicht auseinandersetze,« schloß er unerwartet, indem er uns alle der Reihe nach mit festem Blicke ansah, »so unterlasse ich das ganz und gar nicht deswegen, weil ich von Ihnen eine Denunziation bei der Regierung fürchte; das nicht; denken Sie, bitte, nicht Torheiten in diesem Sinne ...«

      Auf diese Worte antwortete niemand mehr etwas; wir sahen einander nur an. Sogar Liputin selbst vergaß zu kichern.

      »Meine Herren, es tut mir sehr leid,« sagte Stepan Trofimowitsch, indem er entschlossen vom Sofa aufstand; »aber ich fühle mich unwohl und leidend. Entschuldigen Sie mich!«

      »Aha, das bedeutet, daß wir fortgehen sollen,« sagte Herr Kirillow mit plötzlichem Verständnis und griff nach seiner Uniformmütze. »Es ist gut, daß Sie es noch einmal gesagt haben; ich bin so vergeßlich.«

      Er stand auf und trat mit gutmütiger Miene und mit ausgestreckter Hand auf Stepan Trofimowitsch zu.

      »Schade, daß Sie unwohl sind und ich gekommen bin.«

      »Ich wünsche Ihnen bei uns allen Erfolg,« antwortete Stepan Trofimowitsch, indem er ihm wohlwollend und in Ruhe die Hand drückte. »Ich begreife vollkommen, daß, wenn Sie nach Ihrer Mitteilung so lange im Auslande gelebt und um Ihrer Ziele willen die Menschen gemieden und Rußland vergessen haben, Sie schließlich uns Stockrussen unwillkürlich mit einer gewissen Verwunderung ansehen müssen, und ebenso wir Sie. Nur eins ist mir nicht recht verständlich: Sie wollen unsere Brücke bauen und erklären gleichzeitig, Sie verträten das Prinzip der allgemeinen Zerstörung! Man wird Ihnen den Bau unserer Brücke nicht übertragen!«

      »Wie? Was haben Sie da gesagt? ... Donnerwetter, ja!« rief Kirillow überrascht und brach auf einmal in ein helles, heiteres Lachen aus.

      Für einen Augenblick nahm sein Gesicht einen ganz kindlichen Ausdruck an, der ihm meines Erachtens sehr gut stand. Liputin rieb sich die Hände, ganz entzückt über Stepan Trofimowitschs wohlgelungene Bemerkung. Ich aber wunderte mich immer noch im stillen, weshalb Stepan Trofimowitsch einen solchen Schreck über Liputins Ankunft bekommen und warum er, als er ihn hörte, gerufen hatte: »Ich bin verloren!«

       V.

      Wir standen alle bei der Türschwelle. Es war jener Augenblick, wo Wirte und Gäste schnell die letzten, liebenswürdigsten Redensarten auszutauschen und dann befriedigt auseinanderzugehen pflegen.

      »Daß der Herr heute so mürrisch ist,« warf Liputin, der schon ganz aus dem Zimmer hinausgegangen war, auf einmal noch wie beiläufig hin, »das kommt nur daher, daß er mit dem Hauptmann Lebjadkin vorhin wegen der Schwester desselben einen heftigen Zusammenstoß gehabt hat. Hauptmann Lebjadkin schlägt seine schöne, irrsinnige Schwester täglich mit der Peitsche, einer richtigen Kosakenpeitsche, morgens und abends. Aus diesem Grunde ist Alexei Nilowitsch sogar in ein Seitengebäude desselben Hauses gezogen, um davon nichts zu sehen und zu hören. Nun, auf Wiedersehen!«

      »Seine Schwester? Eine Kranke? Mit der Peitsche?« schrie Stepan Trofimowitsch auf, wie wenn er selbst einen Hieb mit der Peitsche erhalten hätte. »Was für eine Schwester? Was ist das für ein Lebjadkin?«

      Die frühere Angst war sofort zurückgekehrt.

      »Lebjadkin? Das ist ein Hauptmann a.D.; früher bezeichnete er sich nur als Stabskapitän ...«

      »Ach, was kümmert mich sein Rang? Was für eine Schwester? Mein Gott ... Sie sagen Lebjadkin? Aber bei uns war ja ein Lebjadkin ...«

      »Eben der ist es, unser Lebjadkin; Sie erinnern sich wohl, er wohnte bei Wirginski?«

      »Der ist ja aber mit falschen Banknoten abgefaßt worden.«

      »Nun ist er zurückgekehrt, schon vor fast drei Wochen, und zwar unter ganz besonderen Umständen.«

      »Aber da ist er ja ein Nichtswürdiger!«

      »Als ob es bei uns keine nichtswürdigen Menschen geben könnte!« schmunzelte Liputin auf einmal und sah Stepan Trofimowitsch mit seinen СКАЧАТЬ