Die Dämonen. Fjodor Dostojewski
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Название: Die Dämonen

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754173145

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СКАЧАТЬ »Chère, chère amie!«

      »Jetzt, wo alle diese Lembkes, alle diese Karmasinows herkommen ... O Gott, wie sind Sie heruntergekommen! Ach, was habe ich mit Ihnen für Quälerei! ... Ich möchte, daß diese Leute Hochachtung vor Ihnen empfänden, weil sie nicht soviel wert sind wie Ihr Finger, wie Ihr kleiner Finger; aber wie halten Sie sich? Was werden diese Leute zu sehen bekommen? Was kann ich ihnen präsentieren? Statt in wohlanständiger Weise als ein Zeuge für das Gute und Rechte dazustehen und mit Ihrer eigenen Person ein Muster zu geben, statt dessen umgeben Sie sich mit irgendwelchem Gesindel, haben widerwärtige Gewohnheiten angenommen, sind schlaff und matt geworden, können ohne Wein und Karten nicht leben, lesen nur Paul de Kock und schreiben nichts, während die da alle schreiben; Sie füllen Ihre ganze Zeit nur mit leerem Geschwätz aus. Ist es erlaubt, mit einem solchen Subjekt befreundet zu sein, wie es Ihr Liputin ist, von dem Sie unzertrennlich sind?«

      »Warum denn ›mein‹ und ›unzertrennlich‹?« protestierte Stepan Trofimowitsch schüchtern.

      »Wo ist er jetzt?« fuhr Warwara Petrowna in strengem, scharfem Tone fort.

      »Er ... er verehrt Sie grenzenlos und ist nach S***k gefahren, um die Hinterlassenschaft seiner Mutter in Empfang zu nehmen.«

      »Ich glaube, er tut überhaupt nichts anderes als Geld einnehmen. Und wie steht es mit Schatow? Ist er immer noch derselbe?«

       »Irascible, mais bon.«

      »Ich kann Ihren Schatow nicht leiden; er ist ein schlechter Mensch und von sich zu sehr eingenommen!«

      »Wie befindet sich Darja[12] Pawlowna?«

      »Sie fragen nach Dascha? Wie kommen Sie darauf?« fragte Warwara Petrowna und blickte ihn forschend an. »Sie ist gesund; ich habe sie bei Drosdows gelassen ... Ich habe in der Schweiz etwas über Ihren Sohn gehört, Schlechtes, nichts Gutes.«

       »Oh, c'est une histoire bien bête! Je vous attendais, ma bonne amie, pour vous raconter ...«

      »Lassen Sie es nun genug sein, Stepan Trofimowitsch, und gönnen Sie mir Ruhe; ich bin ganz erschöpft. Wir werden später noch Zeit genug haben, miteinander zu sprechen, namentlich über das Schlechte. Sie fangen an, Speichel aus dem Munde zu spritzen, wenn Sie lachen; das ist auch schon ein Symptom von Hinfälligkeit! Und in wie seltsamer Manier Sie jetzt immer lachen! ... O Gott, was für eine Menge schlechter Gewohnheiten haben Sie angenommen! Karmasinow wird Ihnen keinen Besuch machen! Und hier sind die Leute sowieso schon über alles mögliche schadenfroh ... Erst jetzt zeigen Sie sich in Ihrer wahren Gestalt. Nun genug, genug, ich bin müde! Man muß dem Menschen auch endlich einmal Ruhe gönnen!«

      Stepan Trofimowitsch »gönnte dem Menschen Ruhe«; aber er entfernte sich in großer Verwirrung und Verstimmung.

       V.

      Bei unserm Freunde hatten sich in der Tat nicht wenige schlechte Gewohnheiten festgesetzt, besonders in der allerletzten Zeit. Er war sichtlich und schnell heruntergekommen, und es war richtig, daß er in seiner äußeren Erscheinung unordentlich geworden war. Er trank mehr, war weinerlicher und hatte schwächere Nerven. Sein Gesicht hatte die sonderbare Fähigkeit erlangt, sich auffallend schnell zu verändern und zum Beispiel von dem feierlichsten Ausdrucke zu dem lächerlichsten und sogar zu dem dümmsten überzugehen. Er konnte das Alleinsein nicht ertragen und hatte ein stetes, ungeduldiges Verlangen nach Zerstreuung. Man mußte ihm unbedingt eine Klatschgeschichte erzählen, eine Stadtbegebenheit, und zwar alle Tage etwas Neues. Wenn längere Zeit niemand zu ihm gekommen war, wanderte er unruhig durch die Zimmer, trat ans Fenster, kaute nachdenklich an den Lippen, seufzte tief und fing am Ende beinah an zu schluchzen. Er ahnte etwas und fürchtete immer etwas Unerwartetes, Unvermeidliches; er wurde schreckhaft und achtete sehr auf seine Träume.

      Diesen ganzen Tag sowie den Abend verbrachte er in sehr trüber Stimmung; er ließ mich holen, war sehr aufgeregt, sprach lange, erzählte lange, aber alles sehr unzusammenhängend. Warwara Petrowna wußte schon lange, daß er vor mir keine Geheimnisse hatte. Zuletzt gewann ich den Eindruck, daß ihn etwas Besonderes quäle, etwas, worüber er sich vielleicht selbst nicht klar werden konnte. Wenn wir früher unter vier Augen zusammen waren und er mir etwas vorklagte, wurde fast immer nach einiger Zeit ein Fläschchen gebracht, und alles gewann dann eine weit freundlichere Färbung. Diesmal erschien kein Wein, und er unterdrückte offenbar den mehrmals bei ihm rege werdenden Wunsch, welchen holen zu lassen.

      »Und worüber ist sie immer so aufgebracht?« klagte er alle Augenblicke wie ein Kind. »Tous les hommes de génie et de progrès en Russie étaient, sont et seront toujours des Kartenspieler et des Trinker, qui boivent periodisch ... und ich bin noch gar kein solcher Kartenspieler und kein solcher Trinker ... Sie macht mir Vorwürfe, warum ich nichts schriebe! Ein sonderbarer Gedanke! ... Warum ich still läge! Sie sagt: ›Sie müssen als Muster und als Vorwurf dastehen.‹ Mais entre nous soit dit, was soll denn ein Mensch, dessen Bestimmung es ist, als ›Vorwurf‹ dazustehen, anders tun als still liegen? Kann sie das sagen?«

      Und schließlich wurde mir der hauptsächlichste, besondere Kummer klar, der ihn diesmal so hartnäckig quälte. Viele Male an diesem Abend trat er zum Spiegel und blieb lange vor ihm stehen. Endlich wendete er sich vom Spiegel ab und zu mir hin und sagte in seltsamer Verzweiflung:

      »Mon cher, je suis un heruntergekommener Mensch!«

      Ja, in der Tat, bis dahin, bis auf diesen Tag hatte er, trotzdem Warwara Petrowna oft zu »neuen Anschauungen« überging und ihre »Ideen wechselte«, doch an einer Überzeugung unwandelbar festgehalten, nämlich daß er immer noch ihr weibliches Herz bezaubere, das heißt nicht nur als Verbannter oder als berühmter Gelehrter, sondern auch als schöner Mann. Zwanzig Jahre lang hatte diese für ihn schmeichelhafte und beruhigende Überzeugung in seiner Seele fest gewurzelt, und vielleicht fiel ihm unter allen seinen Überzeugungen die Trennung von dieser am schwersten. Ahnte er an diesem Abend, welch eine gewaltige Prüfung ihm in der nächsten Zukunft bevorstand?

       VI.

      Ich komme jetzt zu der Schilderung des zum Teil spaßhaften Ereignisses, mit welchem meine Erzählung eigentlich erst beginnt.

      In den letzten Tagen des August kehrten endlich auch Drosdows zurück. Ihr Eintreffen erfolgte etwas früher als die von der ganzen Stadt seit langem erwartete Ankunft ihrer Verwandtin, unserer neuen Frau Gouverneur, und brachte einen bemerkenswerten Eindruck in der Gesellschaft hervor. Aber über all diese interessanten Ereignisse werde ich später reden; jetzt beschränke ich mich auf die Bemerkung, daß Praskowja Iwanowna der sie ungeduldig erwartenden Warwara Petrowna ein sehr beunruhigendes Rätsel mitbrachte: Nikolai hatte sich von ihnen schon im Juli getrennt und, nachdem er am Rhein mit dem Grafen K*** zusammengetroffen war, sich mit diesem und der Familie desselben nach Petersburg begeben (NB. Der Graf hatte drei erwachsene Töchter).

      »Von Lisaweta habe ich infolge ihres Stolzes und ihrer Verstocktheit nichts erfahren können,« schloß Praskowja Iwanowna; »aber ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, daß zwischen ihr und Nikolai Wsewolodowitsch etwas vorgefallen ist. Ich weiß die Ursachen nicht; aber ich glaube, es wird zweckmäßig sein, wenn Sie, meine liebe Freundin Warwara Petrowna, nach den Ursachen Ihre Darja Pawlowna fragen. Meiner Ansicht nach ist Lisa gekränkt worden. Ich bin heilfroh, daß ich Ihnen endlich Ihren Liebling Darja Pawlowna habe wiederbringen können, und übergebe sie Ihnen hiermit. Nun bin ich sie los.«

      Sie sprach diese СКАЧАТЬ