Название: "Gedankeninferno"
Автор: Andreas Meyer
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783754175323
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Ich musste ihm noch schöne Grüße von Oberfeldarzt Frau Dr. N. ausrichten, er grinste mich an und meinte: Ja, die kenne ich auch sehr gut, sie stand öfters neben mir im OP. Ich sah die Spritze mit dem Beruhigungsmittel in seiner Hand und wie er es durch den Zugang in meine Venen spritzte. Gleich darauf folgte eine weitere Spritze mit weißem Inhalt und da wusste ich, dass ich sofort im Reich der Träume sein würde. Der Arzt sagte noch: Jetzt geht’s los - und schon war ich im Tiefschlaf. Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Bett auf Station, neben mir wieder der ältere Herr, aber jetzt hellwach. Ich musste feststellen, dass es mir sehr gut ging. Ich hatte wieder die Narkose gut vertragen und keine Schmerzen durch den Eingriff. Na also, was will man mehr. Mein Bettnachbar fragte mich, wieso ich hier war und ich antwortete ihm: Nur wegen der Prostata- Biopsie. Und dass ich am nächsten Morgen wieder nach Hause könne. Er meinte, dass würde er auch gerne, aber er müsse noch ein wenig hierbleiben, denn er würde am Montag an der Wirbelsäule operiert. Ich fragte ihn: Wieso? Und dann begann er mir seine ganze Leidensgeschichte von Anfang an zu erzählen. Zwischendurch dachte ich nur: Man, geht’s dir gut. Er hatte auch vor einem Jahr Prostatakrebs und ihm sollte auch die Prostata entfernt werden. Während der Behandlung stellten die Ärzte fest, dass er eine Krankheit habe, bei der es sehr schwierig sei, Operationen durchzuführen, weil sein Blut sehr dünn sei. Das stellten die Ärzte aber erst während der laufenden OP fest. Deswegen konnten sie die Prostata nicht ganz entfernen, sondern nur eine Ausschabung machen. Hierbei wird mit dem durch die Harnröhre eingeführten Endoskop Gewebe mit einer Hochfrequenz-Schlinge abgetragen und dabei die Wundfläche gleich verschorft. (Quelle: www.prostata.de) Der Eingriff verlief gut und die Ärzte waren zuversichtlich. Sein PSA-Wert war wieder im grünen Bereich.
Nach einiger Zeit stieg aber der PSA-Wert wieder an und die Ärzte mussten dann eine andere Therapie einschlagen und versuchten es mit Chemotherapie und Bestrahlung der Prostata. Als ich das hörte, dachte ich nur: Du armes Schwein. Das möchte doch keiner ernsthaft mitmachen wollen. Ich hörte ihm gespannt zu und dachte für mich: Schlimmer kann es nicht werden. Und es kam schlimmer. Durch die Chemo und die Bestrahlung wurde es zwar besser, aber nicht gut genug. Die Metastasen hatten sich schon in seiner Lendenwirbelsäule verbreitet. Das war gar nicht gut, vor allem hatte er jetzt Tag und Nacht Schmerzen, die so stark waren, dass er sie ohne starke Medikamente nicht aushalten konnte. Er erzählte mir, wie es ist, wenn man nicht mehr stehen, sitzen oder liegen kann vor lauter Schmerzen. Ich wollte es mir nicht vorstellen, was der arme Mann gerade durchmachen musste. Wenn man so etwas mitbekommt, dankt man Gott, dass man sich jeden Tag noch schmerzfrei bewegen kann. Apropos, da sind meine leichten Schmerzen beim Wasserlassen lächerlich. Zurück zu mir. Später bekam ich noch etwas zum Abendessen, danach ging es mir um Welten besser. Mit hungrigem Magen kann man schlecht schlafen. Die Nacht verlief für mich gut, ich konnte gut und fest schlafen, im Gegensatz zu meinem Bettnachbar. Dieser brauchte wieder starke Schmerzmittel in der Nacht, damit er wenigstens ein paar Stunden schlafen konnte. Ich hatte Mitleid mit ihm, als ich das hörte. Vor dem Frühstück konnte ich mich noch Duschen. Nach dem Frühstück verabschiedete ich mich von meinem Bettnachbarn und wünschte ihm alles Gute für die bevorstehende Operation und gute Genesung. Heute würde es mich interessieren, wie es ihm ergangen ist, ob er heute schmerzfrei und gesund leben kann. Ich wurde von meinem guten Freund und ehemaligen Kameraden Klaus, Mitglied der Rettungshundestaffel, abgeholt und nach Hause gebracht.
Zuhause angekommen verbrachte ich ein sehr geruhsames Restwochenende. Am darauffolgenden Montag ging es wieder zum Dienst. Und jetzt hieß es abwarten, bis das Ergebnis der Biopsie da war. Diese Zeit war nicht einfach für mich, vor allem, wenn man weiß, wie so etwas auch enden kann. Bis zu diesem Tag hatte ich meinen Eltern noch nichts davon erzählt, was ich bis dahin alles durchgemacht hatte. Erst, wenn das Ergebnis der Biopsie da war und ich genau wusste, was los ist, würde ich meine Eltern einweihen. Wieso sollte ich zu diesem Zeitpunkt alle Menschen, die ich liebe, verrückt machen, wenn später alles doch nur ein Fehlalarm war. Bis jetzt wussten es nur meine beiden Freundinnen und meine Vermieter. Seit der Biopsie waren nun schon sechs Tage vergangen. Es hieß, zwischen fünf und acht Tagen könne es schon dauern, bis das Ergebnis da sei. Ich hatte zum Glück genügend zu tun, um mich abzulenken im Dienst. Und die folgende Woche war ich noch fast die ganze Woche auf dem Flughafen eingeplant, um den Sprungdienst zu koordinieren. Das machte mir Riesenspaß und wenn ich Glück hatte, konnte ich noch ein paar Runden mit dem Airbus A 400 M mitfliegen. Der Tag der Entscheidung würde kommen, ob ich mich verrückt machte oder einfach darauf wartete. Klar möchte man schon wissen, woran man ist. Ich würde es früh genug erfahren und dann wird man weitersehen. Und bis dahin mochte ich ganz normal weiterleben, wie ich bis dahin auch gelebt hatte. Ob gesund oder nicht gesund, das ist doch egal, die Hauptsache ist, man wacht jeden Morgen wieder auf und kann sein Leben leben.
Tag der Erwartung
Es war Tag 13 nach der Biopsie. In der Zwischenzeit hatte ich schon mehrmals im Sindelfingen im Krankenhaus angerufen und nachgefragt, ob das Ergebnis schon da sei. Bis jetzt kamen nur negative Rückmeldungen. So langsam konnte das Ergebnis endlich da sein, es nervte jetzt echt, so ohne Klarheit zu leben, dachte ich. Ich versuchte noch einmal, den Stationsarzt zu erreichen, wählte seine Nummer und es klingelte durch wie schon oft. Es war Freitag kurz vor 11 Uhr. Eigentlich hatte ich gleich Dienstschluss und konnte nach Hause gehen. Oh, eine Stimme an dem anderen Ende der Leitung. Ja, was wollen Sie denn, ich bin im Stress. Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht stören, ich wollte nur nachfragen, ob das Ergebnis meiner Biopsie schon da ist. Kurze Pause am anderen Ende. Wie heißen Sie denn? Andreas Meyer, Meyer mit „ey“. Es dauerte wieder einige Sekunden. Ich dachte für mich: Man, mach hin, ich will es jetzt endlich wissen. Und dann kam der Satz, den ich nie vergessen werde: „Es sieht echt Scheiße aus.“ Ich dachte, ich höre schlecht. Und meinte nur: Können Sie mir das Ergebnis per E-Mail zukommen lassen? Der Mann antworte: Ja schon, aber jetzt nicht und legte auf. Ich war perplex in diesem Moment, überrascht, erstaunt, verwundert, konsterniert, verdutzt und entgeistert über diesen Menschen. Und so etwas ist auch noch Arzt. Jetzt gibt es ein Ergebnis und ich bin immer noch nicht schlauer als vor dem Telefonat. Ich packte meine Sachen zusammen und fuhr nach Hause. Ich erzählte niemanden von diesem Telefonat. Eigentlich hatte ich vor, es Dr. med. R. S. zu erzählen, leider erfuhr ich nachmittags vom Sekretariat, dass er im Urlaub war. Die nette Dame ließ mir dann das Ergebnis per E-Mail zukommen. Ich bin kein Arzt und was da so steht, hört sich für mich alles gleich an.
Ich musste bis Montag warten, bis ich einen Arzt in der Kaserne fragen konnte. Nun verbringe mal ein ganzes Wochenende mit dem Satz: „Es sieht echt Scheiße aus“. Folter ist milde ausgedrückt, ich dachte, ich muss gleich sterben. Na ja, das kann ich meiner Familie und Lucky nicht antun. Ich bin zwar ein Mensch, der vor dem Sterben Respekt und auch Angst hat, aber ich bin auch ein Kämpfer vor dem Herrn. Deshalb sprach ich mir Mut zu und begann die Wohnung zu putzen wie jeden Freitag. Es ist wichtig, dass man Abschalten kann, den Kopf freibekommt, um später bessere Entscheidungen treffen zu können. Ich dachte öfters über diesen Satz nach am Wochenende und mir war auch klar, dass der Satz die Situation genau beschrieb, wie es um mich stand. Es war zwar undiplomatisch, wie er СКАЧАТЬ