Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes. Erwin Rosenberger
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СКАЧАТЬ Freudenheims durch die offene Tür leicht Einblick haben, lediglich ins Vorzimmer. Da ist alles freundlich und reinlich. Und sie selber, die Töchter Japans, haben verlockende Vorzüge, – eingerechnet ihr Äußeres, das säuberlich und gepflegt ist. Schon der Umstand, dass die Japanerinnen – wie wohl kaum anders zu erwarten ist – aus Japan sind, ist uns ein Reiz; aus Japan, aus dem Lande der aufgehenden Sonne, für das wir eine erhebliche Begeisterung empfinden, da uns die Berichte so viel Schönes und Rühmliches von dem fernen Inselreich, vom Land der Kirschblüte, erzählt haben. Einen Abglanz des verklärenden Nimbus, womit die Fama das Wort „Japan“ umgeben hat, verlegen wir auf das Haupt des japanischen Freudenmädchens. Ich bin noch nicht in Japan gewesen, ich sehne mich hin, wie jeder, der von Reisebegier erfüllt ist, – wohlan, hier ist ein Stück Japan, dieses Mädchen ist wie ein Symbol, wie eine Personifikation des Landes; hast du das Mädchen in Besitz genommen, so hast du gleichsam vorweg den Fuß auf japanischen Boden gesetzt. –

      Ich betrat die Vorhalle des japanischen Häuschens. Vier Japanerinnen halten daselbst Ausschau, stellen sich zur Schau. Sie erheben sich von ihren Sitzen.

      * * *

       Man kann den Miniatur-Raum, auf dem ich solcherart gestern Abend den Anfangsschritt meiner japanischen Liebeserlebnisse tat, eigentlich nicht recht eine „Vorhalle“ nennen. Es ist ein schmaler Balkonvorbau, eine Art Veranda, zwei oder drei Fuß über dem Gassen-Niveau.

      Wenn ein Spaziergänger vor dem Häuschen auf der Gasse stehen bleibt und daselbst mit den Mädchen ein Gespräch anknüpft, mit den Japanerinnen, die zu Werbezwecken auf diesem Vorbau stehen, so haben die kleinen Mägdelein Gelegenheit, den Mann von oben hinab anzusehen, was ihnen sonst, wenn sie mit ihm auf gleicher Stufe stehen, schwer möglich ist, auch falls er kein Riese von Gestalt ist.

      Ich habe schon an den früheren Abenden während meiner Spaziergänge dieses japanische Häuschen wahrgenommen und ich nannte es für mich, um mir’s im Gedächtnis zu kennzeichnen, das „Verandahäuschen“.

      Unter den vier Japanerinnen, die sich gestern Abend in dem kleinen Vorraum aufhielten, als ich diesen betrat, war eine Frau von auffallend üppigen Formen. Auffällig deswegen, weil ich unter all den Japanerinnen, die ich bisher in der Suklajistreet gesehen, noch keine dermaßen formenreiche bemerkt habe.

      Sie war nicht nur weitaus rundlicher als ihre drei Gefährtinnen, sie war auch minder hübsch und weniger jung. Doch mag sie kaum älter als dreißig Jahre sein. Zudem hat sie Japanerinnen-Größe, sie ist also verhältnismäßig klein.

      Während die drei anderen Japanerinnen mit festlich prangenden Gewändern angetan waren, um auf Auge und Herz der Männer eine Verlockung auszuüben, begnügte sich die reichlich Gerundete mit einer sehr einfachen Haustracht, welche, wie man vermuten durfte, von Lockabsichten frei war; zu einer Art Unterrock gesellte sich als zweites Gewandstück ein knapp anliegendes, sehr kurzärmeliges Woll-Leibchen, das freilich durchaus nicht geeignet war, die stattlichen persönlichen Eigenschaften der Dame zu verheimlichen.

       Indes, ich glaube nicht, dass die Wohlbeleibte sich das Ziel gesetzt hatte, mittels ihres bedeutenden Fleischvorrates berauschend auf die Männerwelt einzuwirken, und dass sie eben zu diesem Zwecke das Leibchen, das ihrer Beleibtheit eine ausgiebige Veröffentlichung gewährte, angelegt hatte. Wie schon erwähnt, ich habe in Kamatipura den Eindruck empfangen, dass es dem Geist der Japanerinnen fernliegt, ihre Nacktheiten als ein Mittel zum Männerfang zu weiten und zu verwerten. Die Tatsache, dass die japanischen Mädchen unserer Liebesgasse sich in vollständigster, sozusagen züchtigster Bekleidung zur Schau stellen, weist vielmehr darauf hin, dass die Japanerin sich in einer mangelhaften Toilette für minder verführerisch und anreizend einschätzt als in einer reichlich und überreichlich verhüllenden.

      Das vielverratende Leibchen der kleinen, verschwenderisch gerundeten Frau gestattet demnach den Schluss: sie rivalisiert nicht mit den drei anderen Japanerinnen, – wenigstens nicht vorsätzlich –, sie verzichtet zu deren Gunsten auf die Werbekraft des Kostüms, sie will keinen Mann ins Netz locken.

      Man wird nicht fehlgehen, wenn man vermutet, dass sie die Dame des Hauses ist, die Vorsteherin dieses kleinen ostasiatischen Freuden-Instituts.

      Wirklich trat sie alsbald in der Rolle der fürsorglichen Hausfrau hervor; nach den ersten Grußworten, ehe ich mich noch angeschickt, eine Wahl zu treffen, deutete sie auf eines der Mädchen und sagte empfehlend: „Take this girl!“ Nimm dieses Mädchen!

      Ein solcher unvorhergesehener Ratschlag, der einigermaßen geeignet war, meine Willensfreiheit einzuschränken, erschien mir ein bisschen befremdlich. Es wäre wünschenswert gewesen, dass man meiner Entscheidung nicht vorgreife und dass man freundlichst mir die Annäherung überlasse, statt meinem Geschmack eine bestimmte Richtung vorzuzeichnen.

      Allein, wie dem auch sei, ich fasste die Bevormundung nicht tragisch auf, sondern beschloss, von dem offenbar zielbewussten Rat der wohlgenährten Dame gerne Gebrauch zu machen.

      Immerhin beschäftigte ich mich für einen Augenblick in Gedanken mit der Frage: Wohin zielt sie mit ihrer Zuvorkommenheit? Warum will sie mich gerade mit diesem Mädchen zusammenbringen?

       Und ich gab mir die Auskunft: Vielleicht hat das soeben empfohlene Mädchen zufälligerweise einige Zeit lang eines Besuchers entbehrt und jetzt will die Hüttenbesitzerin in mütterlicher Gerechtigkeit und administrativer Fürsorge wieder einmal der kleinen Strohwitwe einen Gast verschaffen. – Die Kleine jetzt zurückweisen, nachdem sie mir öffentlich sozusagen ans Herz gelegt worden, das wäre ein kränkender, höchst ungalanter Schritt. Und überhaupt, weswegen sollte man sie ablehnen? Wenn ich die drei Mägdelein betrachte, muss ich mir sagen, dass alle drei meinem Auge als gleichwertig erscheinen. Mein an europäische Gesichter gewöhntes Auge hat noch nicht die Fähigkeit, in den japanischen Physiognomien feinere Schönheitsunterschiede wahrzunehmen und festzustellen. –

      Da ich von diesen Betrachtungen, die sich eilig abwickelten, nicht aufgehalten wurde, gab ich ohne Säumen bereitwillig meine Zustimmung zum Vorschlag der korpulenten Hausfrau.

      * * *

      Mit liebenswürdigem Lächeln führt die Kleine den Mann, der ihr vom Schicksal und von der dicken Direktrice beschieden worden, stracks ins Innere des Hauses, in ihr Kämmerlein. (Sie ist, wenn ich richtig schätze, ungefähr 22 Jahre alt.)

      Ihre Miene und ihr Gebaren zeigen, dass sie erfreut und zufrieden ist. Sie benimmt sich gemäß der Fiktion, die in dem Worte „Freudenmädchen“ zum Ausdruck kommt: ein Mädchen, das dem Mann Freuden bringt und selber Freuden empfindet. Und das ist ja just die Stimmung, die der Mann – in der Regel – zwischen den vier Wänden einer Freudenstube zu finden wünscht. Jedenfalls hat er im allgemeinen mehr Gefallen an einem Mädchen nach Art dieser Japanerin als an Freudenmädchen, die mit gleichmütiger Geschäftsmäßigkeit ihre Aufgabe erfüllen oder eine allfällige Berufsverdrossenheit nicht zu maskieren verstehen oder die Miene des Hochmuts aufsetzen, um dahinter die aus ihrem Standesbewusstsein kommenden Verstimmtheiten zu verbergen.

      Während mich die Japanerin mit einem gewinnenden Lächeln in ihre Liebeskammer führt, wird meine Aufmerksamkeit auf ihre Gehweise gelenkt; seltsam, wie die Kleine dahinschreitet! Welch merkwürdige Gangart! Die Füße sind während des Gehens ein wenig nach einwärts gestellt und die ein bisschen knieschlappen Beine bewegen sich mit einer Andeutung von Stolpergang vorwärts.

       Mir fällt ein, dass auch andere Japanerinnen, die ich mitunter in der Suklajistreet auf der Gasse oder in einem Parterrestübchen gesehen habe, solcherart dahin wandelten. Es scheint eine Eigenheit der Japanerinnen zu sein.

      Kein Zweifel, wir müssen uns eingestehen, dass die geschilderte Gehmanier das ist, was man als Schönheitsfehler bezeichnet. Mag sein. Doch er ist nicht imstande, die Sympathie, die СКАЧАТЬ