Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes. Erwin Rosenberger
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Читать онлайн книгу Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes - Erwin Rosenberger страница 10

СКАЧАТЬ der Liebe nicht anders als eine primitive Durchschnitts-Europäerin, sie äußert die natürlichen, „unverdorbenen“ Instinkte des Normal-Weibchens. Die Linie ihres erotischen Betragens weicht in nichts ab von dem geraden Pfad, den die Gelehrten und Laien als die vorschriftsmäßige, allgemein-gültige Norm betrachten.

      Aber wir wollen uns wieder einmal des Sprichwortes erinnern: Wenn zwei das Gleiche tun, so ist es nicht das Gleiche. Wenn das eine Mal eine Europäerin auf einem natürlich-einfachen Pfad mit mir lustwandelt und das andere Mal auf demselben Pfad eine Japanerin, so ist das eben nicht der gleiche Spaziergang. Just dadurch, dass jetzt eine Tochter Japans meine Begleiterin gewesen, empfängt der Spaziergang sein japanisches Gepräge; weil meine Liebesgefährtin ein exotisches Menschenkind ist, wird dieses Liebesereignis von exotischem Zauber umsponnen.

      Ja! Es ist ein außergewöhnliches Abenteuer! Blick auf das fremdartige Geschöpf, mit dem du da beisammen bist, und dich wird jäh die Erkenntnis überfallen, wie weit, weit jenseits des Alltags du jetzt weilst.

      * * *

      Gemessen an anderen Japanerinnen, die ich hier in der indischen Liebesgasse gesehen habe, ist Ajame, meine derzeitige Gefährtin, wohlgebaut und hübsch.

      Wenn von fremdländischem, fremdrassigem Schön und Hässlich die Rede ist, müsste immer zur Einschränkung gesagt werden: sie ist hübsch im Rahmen ihrer Rasse-Eigentümlichkeiten; hübsch, vom Standpunkt ihres vaterländischen Schönheit-Ideals betrachtet.

      Dass Ajame, die Japanerin, tiefdunklen Augen und rabenschwarzes Haar hat, das fasse ich geradezu als eine Selbstverständlichkeit auf. Wenn man im Orient reist, jenseits des Suezkanals, sieht man endlich dunkles Haar und dunkle Augen als eine gesetzmäßige Sache an; wie ein natürliches Bodenprodukt, das einem nicht mehr bemerkenswert, kaum mehr erwähnungswürdig erscheint.

       Gleich all den Japanerinnen, die ich bisher gesehen, ist Ajame sorgfältig frisiert. Eine lichte Masche sitzt vorne an dem kunstvollen Bauwerk aus wohlgepflegtem schimmernd-schwarzem Haupthaar.

      Meine kleine Freundin hat sehr ausgeprägten japanischen Gesichtstypus. Ihr Auge ist von höchst deutlich mongoloidem Charakter. Das obere Augenlid legt sich in ausgiebigem Maße auch über den inneren Augenwinkel und bildet solcherart den „Epikanthus“, die „Mongolenfalte“.

Grafik 14

      Während Ajame da im Bett auf dem Rücken liegt, bleibt zwischen ihrem oberen und ihrem unteren Augenlid nur ein sehr schmaler, langer Spalt, infolge ihrer eigentümlichen Augenform, obwohl sie die Lider nicht zusammenkneift; Ober- und Unterlid sind einander sehr genähert und in der engen, schlitzartigen Lidspalte ist von der dunklen Iris und überhaupt vom Augapfel nur wenig zu sehen.

      Diese Japanerin empfindet wahrscheinlich das Auge des Europäers als etwas Fremdartiges; so wie dem Europäer – oder sagen wir: dem Angehörigen der „Mittelländischen Rasse“ – das Mongolen-Auge als etwas Fremdes erscheint oder unter Umständen als etwas Unschönes, Komisches, – oder als etwas Reizvolles, je nach der Geschmacksrichtung und Stimmung des Betrachters.

      Was würden wir wohl fühlen, wenn wir uns für ein Weilchen eine japanische Anschauungsweise aneignen könnten und mit dem Blick eines Japaners griechische Frauen-Statuen betrachten würden, zum Beispiel die βοωπιζ Hera, die „farren-äugige“ Himmelskönigin! – Spaßhaft, was für Augen diese griechischen Frauen haben! Wie die Kühe … Ein sonderbares Schönheitsideal!

       Ich betrachte das Gesicht der auf dem Rücken liegenden Ajame und ich sage mir: man könnte von einer Gesichtsfläche, von einem Flächengesicht sprechen. Stirn, Augengegend, die Wangenpartien unter den Augen, all dies liegt, dem Anschein nach, wie in einer Ebene. Die Stirn nicht über dem Auge vorgewölbt, nicht vorspringend, und keine aus der Ebene hinausstrebende, hinausragende Nasenwurzel. Fläche, Flachheit! Ja, es ist überhaupt keine Nasenwurzel, kein Nasenteil zwischen den Augen zu sehen. Anstatt der Nasenwurzel nur eine flache „leere“ Stelle. Und unterhalb dieses Nichts erhebt sich wie das Näschen eines Kindes, wie ein niedliches Fleischknöspchen, das Näschen dieser Japanerin.

      – Wenn man die Einzelheiten des Gesichts, eine nach der anderen, hier niederschreibt, mag das vielleicht so klingen, als hätte man's nicht eben mit Schönheiten zu tun. Indes, wie gesagt, der Gesamteindruck von Ajames Gesicht ist sehr angenehm und mancher sonderbare Einzelzug wirkt als reizvolle physiognomische Pikanterie.

      * * *

      Es wird vielleicht Leute geben, welche der Meinung huldigen: O, es genügt nicht, dass die Liebesgefährtin ein fremdartiges, exotisches Menschenkind ist; durch diesen Umstand allein wird das Liebesereignis noch nicht ungewöhnlich und wunderbar. Man muss viel höhere Anforderungen stellen. Soll das Erlebnis außerordentlich sein, so müssen, vor allem die Liebesgenüsse, welche die Frau spendet, von der gewöhnlichen Form und Norm abschweifen. Eine Frau, welche sich in der Liebe so regulär und einfach benimmt, wie irgendeine biedere schlichte Frau Meier oder Schulze, kann uns doch nicht ein seltsames Liebesabenteuer bieten, und wäre sie noch so sehr japanisch. –

      Gewiss, für die Leute, welche unter einem besonderen, absonderlichen erotischen Erlebnis zunächst die außernormalen Gunsterweisungen und Liebkosungen verstehen, müsste die Japanerin Ajame allerdings eine Enttäuschung sein.

      Meine gute simple Ajame! Ihre Liebesbezeugungen sind nicht angekränkelt von raffinierten und überraffinierten Regungen, sie könnten vielmehr, wie erwähnt, ebenso wohl die rührend einfachen, rechtschaffenen Zärtlichkeiten einer hausbackenen Europäerin sein; zudem einer Europäerin, der auch an dem Kussgebiet des Liebeslebens nicht viel gelegen ist.

      Soweit aus der kurzen Bekanntschaft ein Urteil abgeleitet werden darf, kann gesagt werden: Ajame ist das, was man als normal bezeichnet.

       Der Mann, dem dergleichen unsympathisch ist, muss eben die Japanerin meiden und wenn er seine Sehnsucht nach dem Außerordentlichen befriedigen will – außerordentlich gemäß seiner Auffassung – dann wird er gut tun, sich an die Europäerin zu wenden, an eine der vorrätigen europäischen Freudendamen.

      Bei den Europäerinnen dieser Gasse ist das Außergewöhnliche gar sehr gewöhnlich.

      Mir fällt das europäische Freudenmädchen ein, das mich vor kurzem draußen auf der Gasse, in der Suklajistreet, angesprochen hat. Besagte Dame war reich an Jahren und Puderstaub und nachdem sie geheimnisvoll umhergeblickt, ob kein Lauscher – keine Lauscherin – in der Nähe sei, raunte sie mir zu, dass ihre Liebeswissenschaft durchaus nicht vulgär-dürftig, nicht ländlich-plump sei, sondern einen großstädtischen Zug habe, einer Hauptstadt entstamme, ja sogar der Metropole Frankreichs.

      Die Europäerinnen dieses Schlages importieren nach Kamatipura ihre Gepflogenheiten, die Betätigungen, die neben der Norm dahinziehen oder sie kreuzen oder ihr zuwiderlaufen. Und wer darauf aus ist, Nicht-alltägliches zu erleben, hat allerdings die Wahl zwischen jener gepuderten, allseits gebildeten Veteranin aus Europa und dem Mädchen aus Japan, das nur über die primitiven Elementarkenntnisse der Liebe verfügt.

      * * *

      Außer den erwähnten Mängeln besitzt die Japanerin Ajame noch ein Gebrechen. Es gebricht ihr gänzlich an der Selbstüberhebung, dergleichen manche Europäerinnen zur Schau tragen, ob sie nun infolge ihrer Vorzüge eine Berechtigung hierzu haben, wie zum Beispiel jene Veteranin, oder auch nicht. (Ajames niedliches Näschen ist übrigens von Natur aus völlig untauglich, sich hochnäsig zu überheben.)

      Nein, meine liebe Ajame ist nichts weniger als anmaßend oder dünkelhaft. Sie benimmt sich gegen den Mann gemäß der ursprünglichen Frauenempfindung: Er soll dein Herr sein!

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