Название: Der Fundamentalismus seine Entstehung und Gefahren.
Автор: Mag. Abdel Rahman Al Machtouly
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783742734723
isbn:
(4, 93). Die Fundamentalisten haben in den vergangenen Jahren hunderte von Muslimen mit dem Hinweis getötet, sie seien nur nominelle Muslime. Nach dem Koran gilt jedoch jeder Mensch als Muslim, der die Schahada leistet (Bezeugung der Einheit Gottes und daß Mohammed sein Prophet ist). Der Rest des Glaubens gehört in das Gebiet der Beziehung zwischen Mensch und Gott. Es ist nicht möglich, daß ein Muslim einen anderen, der die Schahada leistet, den islamischen Glauben abzusprechen, denn das Töten eines solchen Muslims ist kein Gihad, sondern Mord, für den der Koran das Verweilen in der Hölle als Strafe androht (FAZ 6.3.1995; S. 6). Die Terroraktionen werden aus dem Hinterhalt ausgeübt, was nach dem Koran als Idwan (Aggression) gilt. Scheich AL AZHAR, GADUL HAQQ ALI GAQDUL HAQQ hat den Versuch unternommen, ein Verständnis der Friedensethik im Islam zu etablieren, indem er mit seinem Fetwa die Tatsache hervorhebt, daß die Idee des Gihad an sich nicht gleichbedeutend mit dem Krieg zu übersetzen ist. Der tägliche Gihad gegen die Ignoranz, die Armut, gegen Krankheit und Leiden und die Suche nach Wissen ist die höchste Stufe des Gihad (ebenda). AL AZHAR versucht die DAWA zum Islam als Auferlegung des Islams auf andere zu betrachten: „Die DAWA ist ein Angebot, daran teilzunehmen, kein Zwang.“ Der Glaube kann nicht mit Gewalt auferlegt werden. Die frühen in Mekka offenbarten Verse „Ihr habt eure Religion und ich habe meine“, erinnern an die Bemühung, die DAWA von jeglicher Verbindung mit Gewalt oder Krieg zu trennen (ebenda). Anders als AL AZHAR-Gelehrte Auffassungen hat uns die Realität bewiesen, daß die Fundamentalisten sehr stark dazu neigen, die rigide, wortlautgetreue Autorität des Textes wiederherzustellen. Dieses Verhalten und der Einfluß der Fundamentalisten war sehr deutlich im Skandal um die hintertriebene Beförderung ABU ZAID zum ordentlichen Professor der Universität Kairo im Jahre 1992 (Vgl. Orient 1/94; S. 40). ABU ZAID ist Sprachwissenschaftler, der sich mit dem Islam und mit der Textinterpretation des Korans auseinandergesetzt hat. Er meint, daß die Sprache des Korans wie die Sprache eines jeden anderen Textes, nicht in sich selbst deutlich, insofern als der gedankliche und kulturelle Horizont des Lesers für das Verstehen des Textes und daher zum Erzeugen seiner Bedeutung hinzukommt.( Nasr Hamid ABU ZAID: Islam und Politik; Frankfurt 1996; S. 20) Er geht davon aus, daß jeder der die Zeichen (AYAT) Gottes als solche bezeichneten Verse des Korans (AYAT) interpretiere, erfülle sich die Bestimmung des Textes als eine Botschaft.(Ebenda) Text und Interpretation, NASS und TAWIL sind nach ABU ZAID untrennbar miteinander verbunden, TAWIL ist die andere Seite des Textes.(Ebenda) Er versucht in seinem Buch die Kritik des religiösen Diskurses (NAQDAL KHITAB ad-dini) durch zahlreiche Beispiele eine weit ausholende Erörterung des religiösen Diskurses, die unterschiedliche politische Situation unter den letzten drei Präsidenten ebenso wie Reaktionen auf die politischen Großereignisse des Landes (die Niederlage von 1967, der Camp-David-Vertrag, die Ermordung ANWAR AS Sadat) zu berücksichtigen, aber auch literarische Werke wie „Die Kinder unseres Viertels“ (Der verbotene Roman von NAJIB MACHFUS) vollständig zu analysieren (Orient 1/94; S. 36). Seine Kritik richtet sich hauptsächlich gegen einzelne Religionsvertreter also Theologen der AL AZHAR Universität wie Scheich Muhammad AL Ghazali, Fernsehprediger wie Muhammad Mitwalli AL Sharawi oder Konservative Islamexperten wie Mustafa Mahmud und Fahmi HUWADI (ebenda). ABU ZAID verwendet die Bezeichnung AL KHITAB AL-DINI auf zweierlei Weise. Einmal meint er damit jeglichen islamischen Diskurs, wobei er gegenwärtig in Ägypten drei Haupt-richtungen sieht. Die erste wird durch die offiziellen religiösen Institutionen und die islamische Opposition struk-turiert, die zweite Richtung ist der islamischen Linken zugehörig und die dritte und letzte Richtung sind die Aufklärer (TANWIRIYUN), die sich heute meist im Lager der Säkularisten (ILMANIYUN) finden (Orient 1/94; S. 37). Seine Hauptkritik ist gegen die erste Gruppe gerichtet. Er sieht die Unterscheidung zwischen den Gemäßigten (MUTADILUN) und den Extremisten (MUTATARRIFUN) im Grad aber nicht in der Art.( Vgl.: ABU ZAID: a.a.O.; S. 13) ABU ZAID versucht seine These vor allem durch das HA KIMIYA Prinzip des Indo-Pakistaners ABU AL ALA MAWDUDI, das durch SAYYID QUTB in Ägypten eingeführt wurde und das auf der alleinigen Herrschaft Gottes auf Erden beruht. (Für
Gott gibt es eine einzige, einheitliche Partei, und alle anderen Parteien sind für den Teufel und den Götzen),( Vgl.: Sayyid Qutb, Ma ahlim FIT-Tariq; Kairo 1968; S. 14) zu demonstrieren. Er sieht bereits, daß das Prinzip der HAKIMIYA schon realisiert ist, und dazu meint er „unser gegenwärtiges politisches System beruht auf der Grundlage des Herrschaftsmonopols (IHTIKAR Sultat AL HUKM), und dies ist ihre Interpretation der HAKIMIYA und ihr Verständnis davon. Es ist eine Interpretation, die sich von der Interpretation des religiösen Diskurses unterscheidet, und aus diesem Unterschied ergibt sich der Konflikt. Die Übereinstimmung zwischen beiden Diskursen, dem politischen und dem religiösen, ist essentiell, da beide Systeme auf dem gleichen Konzept strukturiert sind.( Vgl.: ABU ZAID: a.a.O.; S. 78) ABUZAID geht davon aus, daß die arabische Tradition zwei Hauptströmungen hat, eine Richtung, die an der Bewahrung der gesellschaftlichen Verhältnisse interessiert ist, während die Zweite für mehr Offenheit und Veränderung propagiert (Vgl. Orient 1/94; S. 38). Es ist genauso in der Theologie zu beobachten, daß die gesellschaftliche Wirklichkeit in verschiedenen Richtungen und Schulen ausgedrückt, sich im allgemeinen in ahl al hadith, die „Hadith-Partei“, und ahl ar-ray, „Die Partei der individuellen Einsicht oder der eigenen Ansicht, oder in überlieferungs- und vernunftorientierte Richtung“ einteilen ließen (Orient 1/94; S. 39). ABU ZAID sieht als Hauptvertreter der ahl al Hadith Partei die Gelehrten ash Schafii, al Ashari (873-935) und al Ghazali an (ebenda). Diese Hauptvertreter konnten die Ideologie der Mitte „AL IDIYULUJIYA AL WASATIYA“ entwickeln, die von Ash-Schafii auf dem Gebiet des religiösen Rechts begründet wurde, von AL Ashari als Doktrin formuliert und von AL Ghazali ausgearbeitet worden ist. Diese Ideologie bildet die Grundlage für den rückwärtsgewandten, autoritätshörigen, politischreaktionären, an der wörtlichen beziehungsweise überlieferungsorientierten Auslegung festhaltenden, daher vernunftfeindlichen, die Botschaft des Korans verfälschenden, sich ein Interpretationsmonopol anmaßenden und um die Aufzählung, die sich beliebig fortsetzen ließe zu einem Ende zu bringen (ebenda). Eine wichtige politische Bedeutung zeigt sich in der Attacke ABU ZAID auf die Theologen und die Anfragestellung ihres Monopols auf die Auslegung der heiligen Texte. Zahlreiche Intellektuelle kämpfen gegen den wachsenden Einfluß der Geistlichkeit auf alle Bereiche der Gesellschaft. ABU ZAID bezeichnet dieses Phänomen so: Man bekämpft die extremistischen Organisationen und verwirklicht gleichzeitig ihr Programm (Orient 1/94; S. 40). Es ist problematisch geworden, daß jeder interessierte Wissenschaftler, der versucht hat, eine konstruktive Kritik gegen bestimmte Theologen auszuüben, gleich mit dem lebensbedrohlichen Vorwurf des Unglaubens zunichte gemacht wird. Er äußert sich dazu auf diese Art und Weise gegen die allgemeine Herrschaft über Menschen wogegen man Widerstand leisten kann, und bekämpft sie mit den verschiedenen Formen des menschlichen Kampfes um sie durch gerechtere Maßnahmen zu ersetzen. Aber der Kampf gegen die Herrschaft der Theologen wird mit dem Makel des Unglaubens, des Atheismus und der Ketzerei behaftet, indem man ihn als Ungehorsam und Häresie gegen die Macht Gottes bezeichnet. So wird das Konzept zu einer gefährlichen Waffe, die die Menschen jeglicher Macht beraubt, ihre Wirklichkeit zu verändern oder zu verbessern, denn es macht den Konflikt zwischen Menschen zu einem Konflikt zwischen Menschen und Gott.( ABU ZAID: a.a.O.; S. 80)
ABU ZAID mußte nicht nur mit ansehen, wie er bei der Ausübung seiner Tätigkeit an der Universität Kairo behindert wurde, sondern daß er auch die Scheidung von seiner Frau in Kauf nehmen mußte. Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie die ägyptische Regierungspolitik einerseits versagt hat, der Wissenschaft eine Chance zu geben, einen schwierigen und sensiblen Bereich zu analysieren, andererseits inwieweit die Fundamentalisten in wichtigen Bereichen an großem Machtpotential gewonnen haben.
Weiters möchte ich mich mit den muslimischen Erneuerern beschäftigen und analysieren inwieweit sie einen Einfluß auf die Ideologie der Fundamentalisten ausgeübt haben. СКАЧАТЬ