Von Frauen und Kindern. Anton Tschechow
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Название: Von Frauen und Kindern

Автор: Anton Tschechow

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753126784

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СКАЧАТЬ Er sitzt immer in dem kleinen Extrazimmer, Sie wissen, mit dem Marmortisch und der Aschenschale in Form einer Gans ohne Rücken …«

      »Was macht ihr denn da?«

      »Gar nichts! Zuerst begrüßen wir uns, dann setzen wir uns alle an den Tisch, und Papa läßt uns Kaffee und Pastetchen bringen. Wissen Sie, die Ssonja ißt Pastetchen mit Fleisch, und ich kann die mit Fleisch nicht ausstehen! Ich liebe die mit Kohl und Eiern. Wir essen uns so voll, daß wir uns später beim Mittagessen bemühen, damit es die Mama nicht merkt, möglichst viel zu essen.«

      »Worüber sprecht ihr denn da?«

      »Mit dem Papa? Über alles. Er küßt und umarmt uns und erzählt uns verschiedene komische Witze. Wissen Sie, er sagt, daß, wenn wir groß werden, er uns ganz zu sich nehmen wird. Ssonja will nicht, aber ich bin einverstanden. Ohne die Mama wird es natürlich langweilig sein, aber ich werde ihr Briefe schreiben! Ich versteh' es nicht: wir werden sie doch an Feiertagen besuchen können, nicht wahr? Dann hat Papa gesagt, daß er mir ein Pferd kaufen wird. Ein furchtbar guter Mensch! Ich weiß gar nicht, warum ihn die Mama nicht kommen läßt, damit er bei ihr wohnt, und warum sie es nicht haben will, daß wir mit ihm zusammenkommen. Er liebt doch die Mama sehr. Er fragt uns immer aus, wie es der Mama geht und was sie treibt. Als sie krank war, da griff er sich an den Kopf … so! … und lief immer auf und ab. Er bittet uns immer, daß wir ihr folgen und sie ehren. Hören Sie, ist es wahr, daß wir unglücklich sind?«

      »Hm … Warum?«

      »Der Papa sagt es. Ihr seid, sagt er, unglückliche Kinder. Es ist doch wirklich merkwürdig! Betet, sagt er, zu Gott für euch und für sie.«

      Aljoscha heftete seinen Blick auf einen ausgestopften Vogel und wurde nachdenklich.

      »So, so,« brummte Bjeljajew. »So treibt ihr es. Haltet in Konditoreien Versammlungen ab. Und die Mama weiß nichts davon?«

      »N–nein … Woher soll sie es wissen. Die Pelageja wird es ihr doch niemals sagen. Vorgestern brachte uns Papa Birnen mit. So süß wie Marmelade! Ich habe zwei Stück gegessen.«

      »Hm … Hör einmal … Hat der Papa nichts über mich gesagt?«

      »Über Sie? Was soll ich Ihnen sagen …« Aljoscha blickte Bjeljajew prüfend an und zuckte die Achseln.

      »Nein, er hat nichts Besonderes gesagt.«

      »Was hat er zum Beispiel gesagt.«

      »Werden Sie auch nicht böse sein?«

      »Was dir nicht einfällt! Hat er denn auf mich geschimpft?«

      »Geschimpft hat er nicht, aber … wissen Sie, er ist Ihnen böse. Er sagt, daß die Mama durch Sie unglücklich geworden ist und daß Sie Mama zugrunde gerichtet haben. Er ist doch so merkwürdig! Ich erkläre ihm, daß Sie gut sind und die Mama niemals anschreien, und er schüttelt nur den Kopf.«

      »Hat er das gesagt: daß ich sie zugrunde gerichtet habe?«

      »Ja. Seien Sie nur nicht böse, Nikolai Iljitsch!«

      Bjeljajew erhob sich vom Sofa, stand eine Weile da und fing dann an, auf- und abzugehen.

      »Es ist sonderbar und … lächerlich!« brummte er, die Achseln zuckend und höhnisch lächelnd. »Er ist an allem schuld, und ich habe sie zugrunde gerichtet. Wie? Dieses Unschuldslamm! Hat er das wörtlich so gesagt, daß ich die Mama zugrunde gerichtet habe?«

      »Ja, aber … Sie haben eben gesagt, daß Sie nicht böse sein werden.«

      »Ich bin gar nicht böse und … es ist auch nicht deine Sache! Ich bin der Hereingefallene, und da soll ich auch noch der Schuldige sein!«

      Draußen ging die Klingel. Der Junge rannte hinaus. Nach einer Weile trat ins Zimmer eine Dame mit einem kleinen Mädchen: es war Olga Iwanowna, Aljoschas Mutter. Ihr folgte hüpfend, mit den Armen schlenkernd und laut trällernd Aljoscha. Bjeljajew nickte ihr zu und fuhr fort, auf- und abzugehen.

      »Natürlich, wen soll man auch anklagen, wenn nicht mich?« murmelte er schnaubend. »Er hat recht! Er ist der gekränkte Gatte!«

      »Was meinst du eigentlich?« fragte Olga Iwanowna.

      »Was ich meine? Hör' einmal, was für Dinge dein Herr Gemahl predigt! Ich bin nämlich der Schuft und der Verbrecher. Ich habe dich und die Kinder zugrunde gerichtet. Ihr seid alle unglücklich, und nur ich allein bin so furchtbar glücklich! Furchtbar, furchtbar glücklich!«

      »Nikolai, ich verstehe nichts! Was ist los?«

      »Hör' nur, was dieser junge Herr erzählt!« sagte Bjeljajew, auf Aljoscha weisend.

      Aljoscha wurde erst rot, dann blaß, und sein Gesicht verzerrte sich vor Entsetzen.

      »Nikolai Iljitsch!« flüsterte er laut. »Psst!«

      Olga Iwanowna blickte erstaunt auf Aljoscha, dann auf Bjeljajew und dann wieder auf Aljoscha.

      »Frag' ihn nur!« fuhr Bjeljejew fort. »Deine Pelageja, diese dumme Gans, geht mit den Kindern in Konditoreien und richtet ihnen Zusammenkünfte mit dem Herrn Papa ein. Es handelt sich aber nicht darum, sondern darum, daß der Herr Papa leidet und ich ein Verbrecher und Schurke bin, der euer Leben zerstört hat!«

      »Nikolai Iljitsch!« stöhnte Aljoscha. »Sie haben doch Ihr Ehrenwort gegeben!«

      »Ach, laß mich in Ruh!« sagte Bjeljajew, mit der Hand abwehrend. »Hier handelt es sich um etwas Wichtigeres als alle Ehrenworte. Mich empört hier die Heuchelei, die Lüge!«

      »Ich verstehe gar nichts!« versetzte Olga Iwanowna, und in ihren Augen erglänzten Tränen. »Hör' einmal, Aljoscha,« wandte sie sich an den Sohn: »Kommst du mal mit deinem Vater zusammen?«

      Aljoscha hörte nicht auf sie und blickte entsetzt Bjeljajew an.

      »Es kann nicht sein!« sagte die Mutter. »Ich will mal die Pelageja ins Gebet nehmen.«

      Olga Iwanowna ging hinaus.

      »Hören Sie, Sie haben doch Ihr Ehrenwort gegeben!« sagte Aljoscha, am ganzen Leibe zitternd.

      Bjeljajew winkte nur mit der Hand und fuhr fort, auf- und abzugehen. Er dachte nur an die ihm zugefügte Kränkung und merkte nicht mehr die Anwesenheit des Jungen. Er, der erwachsene und ernste Mann hatte ganz andere Sorgen. Aljoscha setzte sich aber in eine Ecke und erzählte mit Entsetzen Ssonja, wie man ihn betrogen hatte. Er zitterte, stotterte und weinte; zum erstenmal in seinem Leben war er so roh mit der Lüge zusammengestoßen; bisher hatte er aber nicht gewußt, daß es in dieser Welt, außer den süßen Birnen, Pasteten und teuren Uhren auch noch vieles andere gibt, wofür seine kindliche Sprache keinen Namen hat.

      Die Kinder

      Papa, Mama und Tante Nadja sind nicht zu Hause. Sie sind zur Taufe gefahren zu dem alten Offizier, der immer mit dem kleinen Schimmel fährt. Ihre Rückkehr erwartend, sitzen Grischa, Anja, Aljoscha, Ssonja und der Sohn der Köchin, Andrej, im Speisezimmer am Esstisch und spielen Lotto. Die Wahrheit gesagt, hätten sie schon längst schlafen gehen müssen, aber wie kann man denn einschlafen, ohne von der Mutter erfahren zu haben, was bei der Taufe für ein СКАЧАТЬ