Abende auf dem Gut Dikanka. Nikolai Gogol
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Читать онлайн книгу Abende auf dem Gut Dikanka - Nikolai Gogol страница 13

Название: Abende auf dem Gut Dikanka

Автор: Nikolai Gogol

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752962369

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СКАЧАТЬ Petrusj, und es überlief ihn kalt. Die Hexe riß ihm die Blume aus der Hand, beugte sich über sie, flüsterte einen langen Spruch vor sich hin und besprengte sie mit einer unbekannten Flüssigkeit. Funken stoben aus ihrem Munde, und Schaum trat ihr auf die Lippen. »Wirf sie hin«, rief sie, indem sie ihm die Blume reichte. Petrusj warf die Blume hin, aber — o Wunder: die Blume fiel nicht gleich zur Erde, sondern leuchtete lange wie eine Feuerkugel mitten im Dunkel und segelte wie ein Kahn durch die Luft; endlich begann sie sich leise zu senken und fiel so fern von ihnen herab, daß das Sternchen kaum mehr zu sehen war und nicht größer erschien, denn ein Mohnkorn. »Hier!« krächzte die Alte dumpf, und Bassawrjuk reichte ihm einen Spaten hin und rief: »Grabe hier nach, Petrusj! Da wirst du so viel Gold finden, als weder du noch Korsch je geträumt haben!« — Petrusj spie sich in die Hände, ergriff den Spaten, trat mit dem Fuß darauf und wühlte die Erde auf, einmal, noch einmal, ein drittes Mal, noch einmal ... Da stieß er auf etwas Hartes! ... Der Spaten klirrte und wollte nicht tiefer in die Erde hinein. Jetzt begannen seine Augen plötzlich ganz deutlich eine kleine, eisenbeschlagene Kiste wahrzunehmen. Schon wollte er sie mit der Hand erfassen, aber die Kiste begann immer tiefer und tiefer in die Erde zu sinken, und hinter sich vernahm er ein Lachen, das dem Zischen von Schlangen glich. »Nie sollst du das Gold erschauen, ehe du nicht Menschenblut herbeischaffst!« rief die Hexe und führte auf einmal ein etwa sechsjähriges Kind vor ihn hin, das mit einem weißen Tuch bedeckt war; sie deutete ihm mit Zeichen an, er müsse dem Kinde den Kopf abhacken. Petrusj erstarrte. Ist’s denn eine Kleinigkeit, so mir nichts, dir nichts einem Menschen den Kopf abzuhacken, und dazu noch einem unschuldigen Kinde! Wütend riß er das Tuch vom Kopfe, und was sah er? Vor ihm stand Iwasj! Das arme Kind stand mit gekreuzten Händchen und gesenktem Köpfchen da ... Wie ein Rasender sprang Petrusj mit dem Messer auf die Hexe los und erhob die Hand ...

      »Was versprachst du, für das Mädchen zu tun?« donnerte ihn Bassawrjuk an, und versetzte ihm einen Schlag in den Rücken, der ihn traf wie ein Schuss. Die Hexe stampfte mit dem Fuße, und eine blaue Flamme sprang aus dem Boden. Das Innere der Erde strahlte auf und war wie aus Glas, und alles in der Erde wurde so deutlich sichtbar, gleich als läge es auf der flachen Hand! In Kisten und Kesseln waren Dukaten und Edelsteine haufenweise aufgestapelt, genau unter der Stelle, auf der sie standen. Des Petrusj Augen brannten, ... sein Verstand verfinsterte sich ... wie ein Toller packte er das Messer, und das unschuldige Blut spritzte ihm in die Augen. Ein teuflisches Gelächter toste auf allen Seiten. — Widerwärtige Ungeheuer sprangen scharenweise vor ihm auf und ab. Wie ein Wolf, die Hände in den enthaupteten Leichnam gekrallt, sog die Hexe das Blut. In Petrusj Kopf kreiste alles, und mit dem Aufwand seiner letzten Kräfte begann er zu laufen. Alles vor ihm versank in rotes Licht. Alle Bäume brannten in rotem Blut und stöhnten. In Rotglut getaucht wankte der Himmel hin und her. Feuerflecke zuckten glimmend vor seinen Augen auf. Entkräftet lief er bis in seine Hütte, sank dort zu Boden wie eine Ähre und ein totenähnlicher Schlaf umfing ihn.

      Zwei Tage und zwei Nächte schlief Petrusj, ohne zu erwachen. Als er am dritten Tage wieder zu sich kam, betrachtete er lange alle Ecken und Winkel seiner Stube, doch vergeblich suchte er sich an die Begebenheiten der letzten Zeit zu erinnern: sein Gedächtnis glich der Tasche eines alten Geizhalses, aus der man keinen Heller herauslocken kann. Nachdem er sich ein wenig gereckt hatte, vernahm er plötzlich zu seinen Füßen ein Klirren. Sieh da: vor ihm lagen zwei Säcke voll Gold. Erst jetzt erinnerte er sich wie in einem Träume, daß er einen Schatz gesucht hatte, und wie es grausig im Walde gewesen war ... Aber um welchen Preis er ihn erhalten hatte, darauf konnte er sich durchaus nicht mehr besinnen.

      Sowie Korsch die Säcke erblickte, da wurde er seidenweich. »Petrusj, so ein Herzensjung‹, den sollt’ ich nicht lieben? Der war mir doch stets wie mein eigner Sohn!« Und der alte Knurrhahn begann so zu schwefeln, daß dem Petrusj die Tränen in die Augen kamen. Da lief Pidorka bestürzt herbei und begann zu erzählen, Iwasj sei von vorbeiziehenden Zigeunern gestohlen worden. Aber Petrusj konnte sich nicht einmal mehr auf ihn besinnen, so sehr stand er im Banne des verdammten Teufelsspukes! Nun war keine Zeit mehr zu verlieren. Der Pole wurde vor die Tür gesetzt, und man feierte Hochzeit: da wurden Kuchen gebacken, Wäsche genäht, man rollte ein Fässchen Schnaps herbei, das junge Paar ward an den Tisch gesetzt, das Hochzeitsgebäck aufgeschnitten, da klimperten Harfen und die Saiten des Zymbals, es kreischten die Schalmeien und die Zithern summten — und die Lustbarkeit begann ...

      Ein Hochzeitsfest aus alten Tagen ist nicht mit einem in unserer Zeit zu vergleichen. Die Tante meines Großvaters erzählte — hei juchhei! Ei wie da die Mädels im prächtigen Kopftuch mit den gelben, blauen und rosa Bändern und der Goldtresse daran darauf lossprangen. Sie hatten feine Hemden an, deren Nähte mit roter Seide bestickt waren und die kleine silberne Blümchen zierten, und hohe Saffianstiefelchen, die mit Hufeisen beschlagen waren; stolz wie Pfauen flogen sie gleich einem Wirbelwind rauschend durchs Zimmer. Wie da die jungen Frauen eine nach der anderen hervortraten mit ihrem bootsartigen Kopfputz, dessen Kappe aus Brokat gewirkt war, mit einem Nackenausschnitt, durch den das goldene Häubchen mit den zwei herabbaumelnden Zipfelchen aus feinstem schwarzen Lammfell hervorguckte, in ihren blauen Überwürfen aus herrlichstem Seidenstoff mit roten Aufschlägen — ei wie sie da gar würdig, die Hände auf die Hüften gestützt, eine nach der anderen hervortraten, und im Takt ihren Hopak tanzten. Wie da die Burschen in ihren hohen Kosakenmützen, in feinen Tuchkitteln mit silbergesticktem Gürtel, und die Pfeife zwischen den Zähnen um sie herum scharwenzelten und ihr Licht durchaus nicht unter den Scheffel stellten! Korsch selbst konnte beim Anblick des jungen Volkes nicht mehr an sich halten und legte los wie in alten Tagen. Mit der Harfe in der Hand, aus der Pfeife paffend und ein Lied vor sich hin singend, so begann der Alte, mit dem Schnapsglas auf dem Kopf, beim lauten Geschrei der lustigen Kumpanei seinen Hopser herunter zu stampfen. Was die nicht alles in ihrer Lustigkeit anstifteten! Schon wenn man anfing, Mummenschanz zu treiben, Gott, was gab’s da nicht alles. Das war eine ganz andere Mummerei als auf unseren heutigen Hochzeiten. Was macht man denn heute? Man verkleidet sich als Zigeunerinnen und Moskowiter, das ist alles! Nein, damals verkleidete sich einer als Jude und der andere als Teufel; erst küßte man sich, und dann packte man einander beim Schopf ... Ich bitt’ euch, das gab ein Lachen, daß man sich den Bauch halten mußte. Oder man legte türkische und tatarische Gewänder an, die da glühten wie das reine Feuer ... Und wenn man erst wirklich anfing, Unsinn und Schabernack zu treiben ... das war geradezu zum Platzen! Mit der Tante meines verstorbenen Großvaters, die mit auf dieser Hochzeit war, begab sich eine drollige Geschichte. Sie trug damals ein weites tatarisches Kleid und ging mit dem Schnapsglas in der Hand umher, um alle wohl zu versorgen. Da mußte einen der Teufel reiten, daß er sie von hinten mit Branntwein begoß, ein anderer mußte gerade in diesem Augenblick Feuer schlagen, und so setzten sie sie denn lichterloh in Brand. Die Flammen flackerten im Nu hoch auf: die arme Tante begann sich voller Schrecken in aller Gegenwart die Kleider vom Leibe zu reißen ... Was sich da für ein Lärm, Gelächter und ein wildes Durcheinander erhob, rein wie auf einem Jahrmarkt! Kurz, die ältesten Leute konnten sich nicht auf eine so lustige Hochzeit besinnen.

      Pidorka und Petrusj begannen ein Leben miteinander wie die feinsten Herrschaften. Alles war in Hülle und Fülle vorhanden, alles blinkte und funkelte nur so ... Doch die lieben Nachbarn, die ihren Wohlstand mitansahen, schüttelten nur den Kopf. »Vom Teufel kommt nichts Gutes!« sagten sie alle einstimmig. »Woher hat er denn den Reichtum, wenn nicht vom Versucher aller rechtgläubigen Christen? Wo hätte er einen solchen Haufen Goldes wohl hergenommen? Warum ist Bassawrjuk gerade an demselben Tage verschwunden, als Petrusj zu seinem Reichtum kam?« — Und was die Leute noch alles redeten. Und in der Tat; es war noch kein Monat vergangen, da war Petrusj nicht mehr wiederzuerkennen. Was mit ihm geschehen war, das weiß Gott allein. Sitzt immer auf ein und derselben Stelle fest und redet kein Wort; er grübelt nur immer, als wollte er sich auf etwas besinnen. Wenn es Pidorka gelang, ein Wort aus ihm herauszupressen, sodaß er sich vergaß, ins Gespräch kam und sogar ganz heiter wurde, dann brauchte er nur wie zufällig auf die Geldsäcke zu blicken, und sofort schrie er los: »Halt, halt, ich hab’s vergessen!« Und wieder verfiel er in Sinnen und quälte sich ab, eine Erinnerung heraufzurufen. Manchmal, wenn er lange Zeit still auf einem Flecke saß, kam es ihm so vor, als ob etwas Längstvergangenes wieder in sein Gedächtnis zurückkehrte ... aber gleich darauf verschwand alles wieder. Es dünkt ihn, er sitzt in der Schenke, man bringt СКАЧАТЬ