Abende auf dem Gut Dikanka. Nikolai Gogol
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Читать онлайн книгу Abende auf dem Gut Dikanka - Nikolai Gogol страница 14

Название: Abende auf dem Gut Dikanka

Автор: Nikolai Gogol

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783752962369

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СКАЧАТЬ zu sinken, der Schweiß rann ihm vom Gesicht, und er sank erschöpft wieder auf seinen Platz zurück.

      Was auch Pidorka tun mochte: Kluge Frauen befragen, Zinndeuten, Wasser besprechen — nichts wollte helfen. So verging der Sommer. Manch ein Kosak hatte schon sein Korn abgemäht und sein Heu geschnitten; manch kühnerer Kosak war ins Feld gezogen. Schwärme von Enten drängten sich auf unseren Weihern, und der Zaunkönig war schon längst verschwunden. Die Steppen färbten sich rot, Getreidehaufen lagen hie und da verstreut wie Kosakenmützen auf dem Felde. Auf den Wegen konnte man schon Wagen begegnen, die mit Reisig und Holz beladen waren. Die Erde wurde hart, und zeitweise gab es schon Frost. Schon rieselte der Schnee vom Himmel herab, und die Zweige der Bäume waren mit Raureif verziert wie mit Hasenpelzchen. Schon stolzierte in klaren Wintertagen der rotbrüstige Gimpel wie ein eitler, polnischer Schlachziz auf den Schneehaufen umher und suchte sich Körner, und die Kinder trieben mit Riesenstäben hölzerne Bälle übers Eis, während ihre Väter ruhig hinter den Öfen lagen und nur ab und zu mit der brennenden Pfeife im Munde vors Haus gingen, um tüchtig auf den russischen Frost zu schimpfen, um sich mal auszulüften, oder weil sie das Korn in den Schobern noch einmal durchdreschen wollten. Endlich begann der Schnee zu schmelzen, und der Hecht schlug mit dem Schwanz das Eis auf; Petrusj aber war derselbe geblieben, und nur um so düsterer geworden, je weiter die Zeit vorrückte. Wie angeschmiedet saß er mitten im Zimmer, die Säcke mit dem Golde zwischen den Beinen. Er verwilderte, war ganz und gar mit Haaren bewachsen, und wurde ein wahres Schreckbild; immer denkt er an ein und dasselbe, will sich etwas ins Gedächtnis zurückrufen, grollt mit sich und wütet, daß es ihm nicht gelingt. Oft springt er wild von seinem Sitze auf, fährt mit den Händen umher und heftet seine Augen auf etwas, als ob er es festhalten wollte; seine Lippen bewegen sich, als wollten sie ein längst vergessenes Wort aussprechen und — erstarren ... Tobsucht packt ihn; wie toll nagt und beißt er an seinen Händen, und voll Grimm reißt er sich ganze Büschel von Haaren aus, bis er wieder still wird, bewußtlos hinsinkt, wieder zu sinnen anfängt; und dann wieder dieselbe Wut, und dieselbe Qual ... Was für eine Strafe Gottes war das! Was Pidorka durchmachen mußte, das war kein Leben mehr! Zuerst graute sie’s, allein im Hause zu bleiben, aber dann gewöhnte sich die Ärmste an ihr Unglück. Die Pidorka von einst war nicht mehr wiederzuerkennen. Ihr Gesicht hatte weder Farbe noch ein Lächeln mehr; abgehärmt und abgezehrt war’s, ausgeweint waren die klaren Augen. Einst gab ihr jemand aus Erbarmen den Rat, sie solle zu der Zauberin gehen, die in der Bärenschlucht hauste, und von der der Ruf ausging, sie könne alle Gebreste der Welt heilen. Sie beschloß, dies letzte Mittel zu versuchen. Nach vielem Hin und Her überredete sie endlich die Alte, mit ihr mitzugehen. Es war gegen Abend und gerade vor Johannisnacht. Petrusj lag besinnungslos auf der Bank und nahm den neuen Gast gar nicht wahr. Doch bald begann er sich nach und nach aufzurichten und um sich zu blicken. Plötzlich erbebte er wie auf dem Schafott; sein Haar sträubte sich ... und er brach in ein solches Lachen aus, daß die Angst Pidorka ins Herz schnitt. »Ich hab’s, ich hab’s!« schrie er in fürchterlicher Lustigkeit, schwang das Beil hoch empor und ließ es aus aller Leibeskraft auf die Alte fallen. Das Beil sauste zwei Zoll tief in die Eichentür hinein. Die Alte war verschwunden, und mitten in der Stube stand ein Kind von sieben Jahren in weißem Hemdchen mit verhülltem Haupte ... Das Tuch flog herunter. »Iwasj!« schrie Pidorka und stürzte auf ihn zu; doch das Gespenst war vom Kopf bis zu Füßen mit Blut bedeckt und erglühte in rotem Lichte, das die ganze Stube in brennendes Rot tauchte. Voller Angst lief sie auf den Flur; als sie wieder ein wenig zu sich gekommen war, wollte sie ihm helfen; aber vergebens! Die Tür war so fest hinter ihr zugeschlagen, daß man nicht imstande war, sie wieder zu öffnen. Die Leute liefen zusammen, begannen zu klopfen, schlugen die Tür ein: Keine Seele war da! Die ganze Stube war voll Rauch, nur in der Mitte, wo Petrusj gestanden hatte, lag ein Haufen Asche, von dem hie und da ein Qualm aufstieg. Man eilte zu den Säcken, darin lagen statt der Dukaten nur zerbrochene Scherben. Mit glotzenden Augen, aufgesperrten Mäulern, und ohne den Mut, sich zu regen, standen die Kosaken wie angewurzelt da. In solche Angst hatte sie dies Wunder versetzt.

      Was weiter geschah, das weiß ich nicht. Pidorka legte das Gelübde ab, eine Pilgerfahrt zu machen; sie suchte ihr Hab und Gut zusammen, das ihr vom Vater übrig geblieben war, und war in der Tat einige Tage später aus dem Dorfe verschwunden. Wohin sie sich begeben hatte, das wußte niemand zu sagen. Geschwätzige alte Weiber wollten wissen, sie sei dort, wo auch Petrusj sei; aber ein Kosak, der aus Kiew kam, erzählte, er habe im Kloster eine zum Skelett abgemagerte Nonne gesehen, die immerwährend betete und in der ihre Landsleute allen Anzeichen nach Pidorka wiedererkannt hätten. Bis jetzt, hieß es, habe noch niemand von ihr ein einzig Wörtlein gehört, sie solle allein zu Fuß gekommen sein und habe eine Fassung für das Heiligenbild der Mutter Gottes mitgebracht, eine Fassung, die mit solchen bunten Steinen besetzt gewesen sei, daß allen die Augen flimmerten, wenn sie sie ansähen.

      Mit Verlaub, aber damit war noch nicht alles zu Ende. An demselben Tage, als der Böse Petrusj zu sich genommen hatte, tauchte auch Bassawrjuk wieder auf; aber alle mieden ihn von nun ab. Man wußte jetzt, was das für ein Vogel war: niemand anders als der Satan war’s, der Menschengestalt angenommen hatte, um Schätze zu heben; und da unreine Hände nicht Schätze heben können, so lockte er brave Burschen an sich. Noch in demselben Jahre ließen alle ihre Lehmhütten stehen und liegen und zogen ins Kirchdorf; aber auch dort hatte man keine Ruhe vor dem verfluchten Bassawrjuk. Die Tante meines verstorbenen Großvaters erzählte, er habe eine besondere Wut auf sie gehabt, weil sie ihre alte Schenke auf der Landstraße nach Oposchnjany aufgegeben hatte, und er habe mit allen Mitteln versucht, seinen Zorn an ihr auszulassen. Einst waren die Dorfältesten in der Schenke beieinander; sie saßen und unterhielten sich, wie man so sagt, nach Amt und Würden am Tisch, auf dessen Mitte ein gewiß nicht allzu kleiner gebratener Hammel stand. Man schwatzte über dies und jenes, auch über mannigfache Wunder und Ungeheuerlichkeiten. Auf einmal schien’s, und nicht nur einem, — was ja nichts bedeuten würde, — sondern allen, als ob der Hammel den Kopf erhob, die gebrochenen Augen wie lebendig leuchteten, und als ob plötzlich ein borstiger schwarzer Schnurrbart sich auf die Anwesenden zubewegte. Alle erkannten in dem Hammelkopf sofort die Fratze Bassawrjuks, und die Tante meines Großvaters dachte schon, er würde gleich Schnaps bestellen! ... Die guten Leutchen griffen nach ihren Mützen und zogen ihres Weges. Ein anderes Mal sah der Kirchenvorstand in eigener Person, der es liebte, ab und zu ein Stündchen bei Großvaters Schnapsglas zu verbringen, noch ehe er zum zweiten Male das Glas geleert hatte, auf einmal, wie das Glas anfing, sich ehrerbietigst vor ihm bis zur Erde zu verneigen. »Hol’ dich der Teufel!« rief er und begann sich zu bekreuzigen ... Aber da widerfuhr seiner Ehehälfte gleichfalls ein Wunder: sie hatte gerade begonnen, Teig in einem mächtigen Trog zu kneten, da sprang der Trog auf einmal in die Höhe. »Halt! Halt! Wohin willst du?« rief sie. Aber da begann er, die Henkel in die Hüften gestemmt, ehrwürdig in der Stube umherzutänzeln ... Ja lacht nur! Aber unserem Großvater war’s nicht zum Lachen zumute. Vergeblich ging Vater Afanassi im ganzen Dorfe mit Weihwasser umher und suchte den Teufel durch Besprengen aller Straßen zu vertreiben. Es half nichts. Noch lange klagte die Tante meines verstorbenen Großvaters darüber, daß, sobald es Abend wurde, jemand aufs Dach klopfte und an den Wänden kratzte.

      Aber das ist noch nicht alles! Jetzt scheint ja auf der Stelle, wo unser Dorf steht, alles ruhig zu sein; aber es ist noch garnicht so lange her, — mein verstorbener Vater und ich haben es noch erlebt — daß kein ehrenwerter Mensch an der verfallenen Schenke, die noch lange Zeit danach immer wieder von den unreinen Geistern ausgebessert wurde, ohne Furcht vorbeigehen konnte. Aus dem rußigen Schlot schlugen Säulen Qualms empor, die so hoch in die Luft stiegen, daß einem beim Hinaufsehen die Mütze herunterfiel, und aus dem Qualm fielen glühende Kohlen über die ganze Steppe. Und der Teufel — gar nicht nennen dürft’ man den Hundesohn — schluchzte so jämmerlich in seiner Kammer, daß die Aasgeier erschreckt in ganzen Scharen aus dem nahen Eichenwäldchen emporstießen und mit wildem Geschrei am Himmel umherschossen.

      Mainacht oder Die Ertrunkene

      Der Teufel mag wissen wie’s kommt! Machen sich ehrliche getaufte Leute an irgend etwas, so müssen sie sich abrackern, wie der Windhund hinterm Hasen, und kriegen’s doch nie zu fassen. Kommt aber der Böse und wackelt СКАЧАТЬ