Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab
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Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil

Автор: Gustav Schwab

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742772916

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СКАЧАТЬ einer stillschweigenden Einwilligung des Zeus zufolge, die eben erst mit

       stattlichen Mauern versehene Hauptstadt mit ihrem Königsgeschlecht und Volke diesen Göttern, zu

       welchen sich mit dem glühendsten Hasse in kurzer Zeit auch Hera gesellte, zum Verderben

       überlassen.

       Priamos, Hekabe und Paris

       Das weitere Los des Königes Laomedon und seiner Tochter Hesione ist schon von uns berichtet

       worden. Ihm folgte sein Sohn Priamos in der Regierung. Dieser vermählte sich in zweiter Ehe mit

       Hekabe oder Hekuba, der Tochter des phrygischen Königes Dymas. Ihr erster Sohn war Hektor. Als

       aber die Geburt ihres zweiten Kindes herannahete, da schaute Hekabe in einer dunkeln Nacht im

       Traume ein entsetzliches Gesicht. Ihr war, als gebäre sie einen Fackelbrand, der die ganze Stadt Troja

       in Flammen setze und zu Asche verbrenne. Erschrocken meldete sie diesen Traum ihrem Gemahle

       Priamos. Der ließ seinen Sohn aus erster Ehe, Aisakos mit Namen, kommen, welcher ein Wahrsager

       war und von seinem mütterlichen Großvater Merops die Kunst, Träume zu deuten, erlernt hatte.

       Aisakos erklärte, seine Stiefmutter Hekabe werde einen Sohn gebären, der seiner Vaterstadt zum

       Verderben gereichen müsse. Er riet daher, das Kind, das sie erwartete, auszusetzen. Wirklich gebar

       die Königin einen Sohn, und die Liebe zum Vaterland überwog bei ihr das Muttergefühl. Sie

       gestattete ihrem Gatten Priamos, das neugeborne Kind einem Sklaven zu geben, der es auf den Berg

       Ida tragen und daselbst aussetzen sollte. Der Knecht hieß Agelaos. Dieser tat, wie ihm befohlen war;

       aber eine Bärin reichte dem Säugling die Brust, und nach fünf Tagen fand der Sklave das Kind gesund

       und munter im Walde liegen. Jetzt hob er es auf, nahm es mit sich, erzog es auf seinem Äckerchen

       wie sein eigenes Kind und nannte den Knaben Paris.

       Als der Königssohn unter den Hirten zum Jünglinge herangewachsen war, zeichnete er sich durch

       Körperkraft und Schönheit aus und wurde ein Schutz aller Hirten des Berges Ida gegen die Räuber;

       daher ihn jene auch nur Alexander, das heißt Männerhilfe, nannten.

       Nun geschah es eines Tages, als er mitten im abwegsamsten und schattigsten Tale, das sich durch die

       Schluchten des Berges Ida hinzog, zwischen Tannen und Steineichen, ferne von seinen Herden, die

       den Zugang zu dieser Einsamkeit nicht fanden, an einen Baum gelehnt mit verschränkten Armen

       hinabschaute durch den Bergriß, der eine Durchsicht auf die Paläste Trojas und das ferne Meer

       gewährte, daß er einen Götterfußtritt vernahm, der die Erde um ihn her beben machte. Ehe er sich

       besinnen konnte, stand, halb von seinen Flügeln, halb von den Füßen getragen, Hermes der

       Götterbote, den goldnen Heroldsstab in den Händen, vor ihm; doch war auch er nur der Verkündiger

       einer neuen Göttererscheinung; denn drei himmlische Frauen, Göttinnen des Olymp, kamen mit

       leichten Füßen über das weiche, nie gemähete und nie gewendete Gras einhergeschritten, daß ein

       heiliger Schauer den Jüngling überlief und seine Stirnhaare sich aufrichteten. Doch der geflügelte

       Götterbote rief ihm entgegen: »Lege alle Furcht ab; die Göttinnen kommen zu dir als zu ihrem

       Schiedsrichter: dich haben sie gewählt, zu entscheiden, welche von ihnen dreien die schönste sei.

       Zeus befiehlt dir, dich diesem Richteramte zu unterziehen; er wird dir seinen Schirm und Beistand

       nicht versagen!« So sprach Hermes und erhob sich auf seinen Fittichen, den Augen des Königssohnes

       entschwebend, über das enge Tal empor. Seine Worte hatten dem blöden Hirten Mut eingeflößt; er

       wagte es, den schüchternen gesenkten Blick zu erheben und die göttlichen Gestalten, die in

       überirdischer Größe und Schönheit seines Spruches gewärtig vor ihm standen, zu mustern. Der erste

       Anblick schien ihm zu sagen, daß eine wie die andere wert sei, den Preis der Schönheit

       davonzutragen; doch gefiel ihm jetzt die eine Göttin mehr, jetzt die andere, so wie er länger auf einer

       der herrlichen Gestalten verweilt hatte. Nur schien ihm allmählich eine, die jüngste und zarteste,

       holder und liebenswürdiger als die andern, und ihm war, als ob, aus ihren Augen ausgehend, ein Netz

       von Liebesstrahlen sich ihm um Blick und Stirne spänne. Indessen hub die stolzeste der drei Frauen,

       die an Wuchs und Hoheit über die beiden andern hervorragte, dem Jünglinge gegenüber an: »Ich bin

       Hera, die Schwester und Gemahlin des Zeus. Wenn du diesen goldenen Apfel, welchen Eris, die

       Göttin der Zwietracht, beim Hochzeitmahle der Thetis und des Peleus unter die Gäste warf, mit der

       Aufschrift: ›Der Schönsten‹, mir zuerkennest, so soll dir die Herrschaft über das schönste Reich der

       Erde nicht fehlen, ob du gleich nur ein aus dem Königspalaste verstoßener Hirte bist.« »Ich bin Pallas,

       die Göttin der Weisheit«, sprach die andere mit der reinen, gewölbten Stirne, den tiefblauen Augen

       und dem jungfräulichen Ernst im schönen Antlitz; »wenn du mir den Sieg zuerkennst, sollst du den

       höchsten Ruhm der Weisheit und Männertugend unter den Menschen ernten!« Da schaute die

       dritte, die bisher immer nur mit den Augen gesprochen hatte, den Hirten mit einem süßen Lächeln

       noch durchdringender an und sagte: »Paris, du wirst dich doch nicht durch das Versprechen von

       Geschenken betören lassen, die beide voll Gefahr und ungewissen Erfolges sind! Ich will dir eine

       Gabe geben, die dir gar keine Unlust bereiten soll; ich will dir geben, was du nur zu lieben brauchst,

       um seiner froh zu werden: das schönste Weib der Erde will ich dir als Gemahlin in die Arme führen!

       Ich bin Aphrodite, die Göttin der Liebe!«

       Als Venus dem Hirten Paris dies Versprechen tat, stand sie vor ihm, mit ihrem Gürtel geschmückt, der

       ihr den höchsten Zauber der Anmut verlieh. Da erblaßte vor dem Schimmer der Hoffnung und ihrer

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