Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil
Автор: Gustav Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742772916
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dem verhaßten Zuge freizubleiben. Aber der einsichtsvolle Palamedes durchschaute den
verschlagensten aller Sterblichen, ging, während Odysseus seinen Pflug lenkte, heimlich in seinen
Palast, brachte seinen jungen Sohn Telemachos aus der Wiege herbei und legte diesen in die Furche,
über die Odysseus eben hinwegackern wollte. Da hob der Vater den Pflug sorgfältig über das Kind
hinweg und wurde von den laut aufschreienden Helden seines Verstandes überwiesen. Er konnte
sich jetzt nicht länger mehr weigern, an dem Zuge teilzunehmen, und versprach, die bitterste
Feindschaft gegen Palamedes in seinem listigen Herzen, zwölf bemannte Schiffe aus Ithaka und den
Nachbarinseln dem Könige Menelaos zur Verfügung zu stellen.
Der andere Fürst, dessen Zustimmung noch nicht erfolgt, ja dessen Aufenthalt man nicht einmal
kannte, war Achill, der junge, aber herrliche Sohn des Peleus und der Meeresgöttin Thetis. Als dieser
ein neugebornes Kind war, wollte seine unsterbliche Mutter auch ihn unsterblich machen, steckte
ihn, von seinem Vater Peleus ungesehen, des Nachts in ein himmlisches Feuer und fing so an zu
vertilgen, was vom Vater her an ihm sterblich war. Bei Tage aber heilte sie die versengten Stellen mit
Ambrosia. Dies tat sie von einer Nacht zur andern. Einmal aber belauschte sie Peleus und schrie laut
auf, als er seinen Sohn im Feuer zucken sah. Diese Störung hinderte Thetis, ihr Werk zu vollbringen,
sie ließ den unmündigen Sohn, der auf diese Weise sterblich geblieben war, trostlos liegen, entfernte
sich und kehrte nicht mehr in den Palast ihres Gatten zurück, sondern entwich in das feuchte
Wellenreich der Nereiden. Peleus aber, der seinen Knaben gefährlich verwundet glaubte, hub ihn
vom Boden auf und brachte ihn zu dem großen Wundarzt, dem Erzieher so vieler Helden, dem
weisen Zentauren Chiron. Dieser nahm ihn liebreich auf und nährte den Knaben mit Bärenmark und
mit der Leber von Löwen und Ebern. Als nun Achill neun Jahre alt war, erklärte der griechische Seher
Kalchas, daß die ferne Stadt Troja in Asien, welcher der Untergang durch griechische Waffen
bevorstehe, ohne den Knaben nicht werde erobert werden können. Diese Wahrsagung drang auch zu
seiner Mutter Thetis hinab durch die tiefe See, und weil sie wußte, daß jener Feldzug ihrem Sohn den
Tod bringen würde, so stieg sie wieder empor aus dem Meere, schlich sich in ihres Gatten Palast,
steckte den Knaben in Mädchenkleider und brachte ihn in dieser Verwandlung zu dem Könige
Lykomedes auf der Insel Skyros, der ihn unter seinen Mädchen als Jungfrau heranwachsen ließ und in
weiblichen Arbeiten großzog. Als aber dem Jüngling der Flaum um das Kinn zu keimen anfing,
entdeckte er sich in seiner Verkleidung der lieblichen Tochter des Königes, Deïdameia. Die gleiche
zärtliche Neigung vereinigte in der Verborgenheit den Heldenjüngling mit der königlichen Jungfrau,
und während er bei allen Bewohnern der Insel für eine Verwandte des Königs galt und auch bei
Deïdameia für nichts anderes gelten sollte, war er heimlich ihr Gemahl geworden. Jetzt, wo der
Göttersohn zur Besiegung Trojas unentbehrlich war, entdeckte der Seher Kalchas, dem wie sein
Geschick so auch sein Aufenthalt kein Geheimnis geblieben, diesen letztern den Atriden; und nun
schickten die Fürsten den Odysseus und den Diomedes ab, ihn in den Krieg zu holen. Als die Helden
auf der Insel Skyros ankamen, wurden sie dem Könige und seinen Jungfrauen vorgeführt. Aber das
zarte Jungfrauengesicht verbarg den künftigen Helden, und so scharfsichtig der Blick der beiden
Griechenfürsten war, so vermochten sie doch nicht, ihn aus der Mädchenschar herauszuerkennen.
Da nahm Odysseus seine Zuflucht zu einer List. Er ließ wie von ungefähr in den Frauensaal, in dem die
Mädchen sich befanden, einen Schild und einen Speer bringen und dann die Kriegstrompete blasen,
als ob der Feind heranrückte. Bei diesen Schreckenstönen entflohen alle Frauen aus dem Saale, Achill
aber blieb allein zurück und griff mutig zu dem Speer und zu dem Schilde. Jetzt ward er von den
Fürsten entlarvt und erbot sich, an der Spitze seiner Myrmidonen oder Thessalier, in Begleitung
seines Erziehers Phönix und seines Freundes Patroklos, welcher mit ihm einst bei Peleus aufgezogen
worden war, mit fünfzig Schiffen zu dem griechischen Heere zu stoßen.
Zum Versammlungsort aller griechischen Fürsten und ihrer Scharen und Schiffe wurde die Hafenstadt
Aulis in Böotien, an der Meerenge von Euböa, durch Agamemnon ausersehen, den die Volkshäupter
als den tätigsten Beförderer der Unternehmung zum obersten Befehlshaber derselben ernannt
hatten.
In jenem Hafen sammelten sich nun außer den genannten Fürsten mit ihren Schiffen unzählige
andere. Die vornehmsten darunter waren der riesige Ajax, der Sohn des Telamon aus Salamis, und
sein Halbbruder Teucer, der treffliche Bogenschütze; der kleine, schnelle Ajax aus dem Lokrerlande;
Menestheus aus Athen, Askalaphos und Ialmenos, Söhne des Kriegsgottes, mit ihren Minyern aus
Orchomenos; aus Böotien Peneleos, Arkesilaos, Klonios, Prothoënor; aus Phokis Schedios und
Epistrophos; aus Euböa und mit den Abanten Elephenor; mit einem Teile der Argiver und andern
Peloponnesiern außer Diomedes, Sthenelos, der Sohn des Kapaneus, und Euryalos, der Sohn des
Mekistheus; aus Pylos Nestor der Greis, der schon drei Menschenalter gesehen; aus Arkadien
Agapenor, der Sohn des Ankaios; aus Elis und andern Städten Amphimachos, Thalpios, Diores und
Polyxenos; aus Dulichion und den Echinadischen Inseln Meges, der Sohn des Phyleus; mit den
Ätoliern Thoas, der Sohn des Andraimon; aus Kreta Idomeneus und Meriones; aus Rhodos der
Heraklide Tlepolemos; aus Syme Nireus, der schönste Mann im griechischen Heere; aus den
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