Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab
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Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil

Автор: Gustav Schwab

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742772916

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      Kapitel 1

      In uralten Zeiten wohnten auf der Insel Samothrake, im Ägäischen Meere, zwei Brüder, Iasion und

       Dardanos, Söhne des Zeus und einer Nymphe, Fürsten des Landes. Von diesen wagte Iasion, als ein

       Göttersohn, seine Augen zu einer Tochter des Olymp zu erheben, warf eine ungestüme Neigung auf

       die Göttin Demeter und wurde zur Strafe seiner Kühnheit von seinem eigenen Vater mit dem Blitze

       erschlagen. Dardanos, der andere Sohn, verließ, tief betrübt über den Tod seines Bruders, Reich und

       Heimat und ging hinüber auf das asiatische Festland an die Küste Mysiens, da wo die Flüsse Simois

       und Skamander vereinigt in das Meer strömen und das hohe Idagebirge sich nach dem Meere

       abgedacht in eine Ebene verliert. Hier herrschte der König Teukros, kretischen Ursprungs, und nach

       ihm hieß auch das Hirtenvolk jener Gegenden Teukrer. Von diesem Könige wurde Dardanos

       gastfreundlich aufgenommen, bekam einen Strich Landes zum Eigentum und die Tochter des Königs

       zur Gemahlin. Er gründete eine Ansiedlung, das Land wurde nach ihm Dardania und das Volk der

       Teukrer von nun an Dardaner genannt. Ihm folgte sein Sohn Erichthonios in der Herrschaft, und

       dieser zeugte den Tros, nach welchem die Landschaft nun Troas, der offene Hauptort des Landes

       Troja, und Teukrer oder Dardaner jetzt auch Trojaner oder Troer genannt wurden. Nachfolger des

       Königs Tros war sein ältester Sohn Ilos. Als dieser einst das benachbarte Land der Phryger besuchte,

       wurde er von dem Könige Phrygiens zu eben angeordneten Kampfspielen eingeladen und trug hier

       im Ringkampfe den Sieg davon. Er erhielt als Kampfpreis fünfzig Jünglinge und ebenso viele

       Jungfrauen, dazu eine buntgefleckte Kuh, die ihm der König mit der Weisung eines alten

       Orakelspruches übergab: wo sie sich niederlegen würde, da sollte er eine Burg gründen. Ilos folgte

       der Kuh, und da sie sich bei dem offenen Flecken lagerte, der seit seinem Vater Tros der Hauptort des

       Landes und seine eigene Wohnung war, auch schon Troja hieß, so baute er hier auf einem Hügel die

       feste Burg Ilion oder Ilios, auch Pergamos geheißen, wie denn das ganze Wesen von nun an bald

       Troja, bald Ilion, bald Pergamos genannt wurde. Ehe er jedoch die Burg anlegte, bat er seinen

       Ahnherrn Zeus um ein Zeichen, daß ihm die Gründung derselben genehm sei. Am folgenden Tage

       fand er das vom Himmel gefallene Bild der Göttin Athene, Palladion genannt, vor seinem Zelte liegen.

       Es war drei Ellen hoch, hatte geschlossene Füße und hielt in der rechten Hand einen erhobenen

       Speer, in der andern Rocken und Spindel. Mit diesem Bilde hatte es folgende Bewandtnis: Die Göttin

       Athene wurde nach der Sage von ihrer Geburt an bei einem Triton, einem Meergott, erzogen, der

       eine Tochter namens Pallas hatte, die gleichen Alters mit Athene und ihre geliebte Gespielin war.

       Eines Tages nun, als die beiden Jungfrauen ihren kriegerischen Übungen oblagen, traten sie zu einem

       scherzhaften Wettkampfe einander gegenüber. Eben wollte die Tritonentochter Pallas einen Streich

       auf ihre Gespielin führen, als Zeus, für seine Tochter bangend, den Schild aus Ziegenfell, die Ägis,

       dieser vorhielt. Dadurch erschreckt, blickte Pallas furchtsam auf und wurde in dem Augenblicke von

       Athene tödlich verwundet. Tiefe Trauer bemächtigte sich der Göttin, und sie ließ zum dauernden

       Andenken ein recht ähnliches Bild ihrer geliebten Gespielin Pallas verfertigen, legte demselben einen

       Brustharnisch von dem gleichen Ziegenfelle, wie der Schild war, um, der nun auch Ägispanzer oder

       Ägide hieß, stellte das Bild neben die Bildsäule des Zeus und hielt es hoch in Ehren. Sie selbst aber

       nannte sich seitdem Pallas Athene. Dieses Palladion nun warf, mit Einwilligung seiner Tochter, Zeus

       vom Himmel in die Gegend der Burg Ilios herunter, zum Zeichen, daß Burg und Stadt unter seinem

       und seiner Tochter Schutze stehe.

       Der Sohn des Königs Ilos und der Eurydike war Laomedon, ein eigenmächtiger und gewalttätiger

       Mann, welcher Götter und Menschen betrog. Dieser dachte darauf, den offenen Flecken Troja, der

       noch nicht befestigt war wie die Burg, mit einer Mauer zu umgeben und so zu einer förmlichen Stadt

       zu machen. Damals irrten die Götter Apollo und Poseidon, die sich gegen Zeus, den Göttervater,

       empört hatten und aus dem Himmel gestoßen waren, heimatlos auf der Erde umher. Es war der

       Wille des Zeus, daß sie dem Könige Laomedon an der Mauer Trojas bauen helfen sollten, damit seine

       und Athenes Lieblingsstadt der Zerstörung trotzende Mauern hätte. So führte sie denn ihr Geschick

       in die Nähe von Ilios, als eben mit dem Bau der Stadtmauern begonnen wurde. Die Götter machten

       dem Könige Laomedon ihre Anträge, und da sie auf der Erde nicht bloß müßig gehen durften noch

       ohne Arbeit mit Ambrosia gespeist wurden, so bedingten sie sich einen Lohn aus, der ihnen auch

       versprochen ward, und fingen nun an zu frönen. Poseidon half unmittelbar bei dem Bau; unter seiner

       Leitung stieg die Ringmauer breit und schön, eine undurchdringliche Schutzwehr der Stadt, in die

       Höhe. Phöbos Apollo weidete inzwischen das Hornvieh des Königes in den gewundenen Schluchten

       und Tälern des waldreichen Gebirges Ida. Die Götter hatten versprochen, auf diese Weise dem

       Könige ein Jahr lang zu frönen. Als nun diese Frist abgelaufen war, auch die herrliche Stadtmauer

       fertig stand, entzog der trügerische Laomedon den Göttern gewaltsam ihren gesamten Lohn, und als

       sie mit ihm rechteten und der beredte Apollo ihm bittere Vorwürfe machte, da jagte er beide fort,

       mit der Androhung, dem Phöbos Hände und Füße fesseln zu lassen, beiden aber die Ohren zu

       verstümmeln. Mit großer Erbitterung schieden die Götter und wurden Todfeinde des Königs und des

       Volkes der Trojaner; auch Athene kehrte sich von der Stadt, die bisher СКАЧАТЬ