Название: SPUK
Автор: Howard Phillips Lovecraft
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752914245
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Philippe jedoch, der sich jetzt als Angehöriger der großen Welt fühlte - er hatte eine Ingenieurschule in Marseille besucht und arbeitete nun in einer Flugzeugfabrik bei Toulon - betrachtete all diesen lokalen Aberglauben als dummes Zeug und Unsinn. Er war mit seinem Motorrad aus Toulon gekommen, um die Ferien hier zu verbringen. Wir hatten uns im vorangegangenen Sommer in Les Baux kennengelernt. Er und ich wohnten nun im selben kleinen Hotel, dem Hotel René, das am Rand des steilen Abhangs lag und von Philippes Tante, Madame Plomb, und ihrem Mann Martin geführt wurde. Und Philippe hatte sich, wie ich schon sagte, in Maguelonne verhebt.
So sah die Lage, kurz Umrissen, aus, als die seltsame Kette der Ereignisse begann, in die ich zunächst nur als zufälliger Zeuge, zuletzt aber als aktiver Teilnehmer verwickelt war.
Sie begann an einem heißen Nachmittag, als ich in meinem Zimmer lag und las. Mein Raum hatte zwei Außenwände mit Fenstern, von denen aus man das Tal überblickte, und einem Seitenfenster unmittelbar über dem Tor in der mittelalterlichen Befestigungsmauer, durch das sich die Straße in Serpentinen nach unten wand.
Dicht unter diesem Fenster hörte und erkannte ich ganz plötzlich die nörgelnde und krächzende Stimme von Mère Tirelou, die zornig lauter wurde, und Philippes Organ, das halb liebenswürdig, halb spöttisch antwortete.
Es war Zufall und kein Lauschen, unmöglich, sie zu überhören, und dann, nach einigen gemurmelten Äußerungen, hob die alte Frau wieder ihre Stimme, doch diesmal mit einem so eigenartigen, unnatürlichen Tonfall, dass ich aufstand, um zu sehen, was los war.
Sie standen in der Sonne genau unter dem Fenster, er groß, blond, das Haar zerzaust, barhäuptig, in Knickerbockern und Sporthemd; sie grau, gebeugt und wie ein Habicht - nein, eher wie eine Fledermaus, mit ihrer Arlesienne-coiffe und dem Umhang, die Arme ausgebreitet, um ihm den Weg zu versperren. Und sie stimmte einen unheimlichen Singsang aus Knüttelversen an, wobei sie mit ihren krallenhaften Händen in der Luft umherfuhr:
So fall, so fall, mein hübscher Jüngling,
Doch aufstehn wirst du nimmermehr.
Es windet sich der verstrickte Fuß,
Es folgt ihm das verstrickte Hirn.
So wirst du fallen, mein hübscher Knab’,
Doch aufstehn wirst du nimmermehr.
Verstricke dich und winde dich,
Netz und Schlingen sind gewoben.
Sie versperrte Philippe nun nicht mehr den Weg, sondern trat zur Seite und forderte ihn auf, vorbeizugehen, so dass ihr Rücken mir zugewandt war, während Philippe so dastand, dass ich sein Gesicht und den darüber huschenden Ausdruck sehen konnte - zuerst interessierte, ungläubige, überraschte Aufmerksamkeit, als könne er den eigenen Ohren nicht trauen, dann ein gutgelauntes, aber spöttisches und keckes Grinsen, während die alte Frau ihre Knüttelverse wiederholte.
»Nein, nein, Mère Tirelou«, sagte er lachend, »mit diesem Zeug kannst du mir keine Angst machen. Hol lieber einen Besenstiel, wenn du mich vertreiben willst. Spar dir deine Netze und Zaubersprüche für Bleo und die Hirten auf.«
So war er mit einem kecken und fröhlichen Gruß und einem au revoir auch schon pfeifend die Straße hinab, während die alte Frau hinter ihm her schrie: »So fall, so fall, so wirst du fallen, doch nicht aufstehn, mein hübscher Junge; nicht aufstehn, nicht aufstehn, nicht aufstehn!«
Ich sah zu, wie Philippe die gewundene Straße ins Tal hinabschritt, während Mère Tirelou, sich über die Brüstung lehnend, ebenfalls zusah, bis er weit unten nur noch ganz winzig zu erblicken war und hinter der Mauer des Obstgartens verschwand, der die Straße am Pavillon der Königin Jeanne säumt. Dann nahm sie ihren Stock auf, rief Bleo, ihren Hund, und humpelte durch das Tor.
»Also«, dachte ich, »glaubt die alte Frau tatsächlich, dass sie eine Hexe-ist, und denkt sicher, sie hätte Philippe mit einem wirksamen Bann belegt!«
Aber es fiel mir nicht ein, mich auch nur im Geringsten beunruhigen zu lassen. Ich hatte recht umfangreiche theoretische Kenntnisse über Hexerei, oder glaubte sie zu haben. Ich glaubte, sie laufe letzten Endes nur auf Suggestion und Autosuggestion hinaus. Ich hatte erlebt, dass sie zu konkreten Ergebnissen führte, aber nur in Fällen, in denen das Opfer selbst (meist ein Angehöriger primitiver oder unzivilisierter Volksgruppen) zutiefst abergläubisch und infolgedessen furchtsamen Regungen zugänglich war. Ich war absolut sicher, dass völliger, hartnäckiger, skeptischer Unglaube, Verachtung und Lachen einen stärkeren Gegenzauber bildeten als jede Menge von Exorzismen und heiligem Wasser, und deshalb kam es mir nicht einen einzigen Augenblick in den Sinn, Philippe könnte in der kleinsten Gefahr schweben.
Mit dieser Überzeugung und die gesunde Wiederkehr von Philippe deshalb als sichere Schlussfolgerung vorwegnehmend, dachte ich an jenem Nachmittag kaum noch an die Angelegenheit; las zu Ende, aß früh zu Abend, spazierte zur Spitze des Abhangs, um den Sonnenuntergang zu sehen, und ging früh zu Bett.
Gewöhnlich Hegt das ganze Dorf Les Baux einschließlich des Hotel René kurz nach zehn Uhr in tiefem Schlaf und ist still wie ein Grab. Es war das Geräusch hastiger Schritte, die auf den Steinplatten des Hotelflurs tappten, das mich spät in der Nacht weckte, doch gleichzeitig hörte ich leise Stimmen auf der Straße unter meinem Fenster, sah Lichter blitzen, hörte Stiefel auf dem Straßenpflaster klappern.
Ich knipste eine Lampe an, sah, dass es kurz nach Mitternacht war, zog mich an und ging nach unten. Martin Plomb sprach mit einer Gruppe von Nachbarn. Seine Frau stand im Eingang, in einen gesteppten Morgenrock gehüllt.
»Was ist denn passiert?«, fragte ich sie.
»Wir machen uns Sorgen um Philippe«, antwortete sie. »Er wollte heute Nachmittag einen Spaziergang ins Tal machen und ist noch nicht zurück. Sie wollen nach ihm suchen. Wir haben uns nichts dabei gedacht, dass er zum Abendessen nicht kam, aber jetzt ist Mitternacht vorbei, und wir haben Angst, dass er vielleicht verunglückt ist.«
Schon begannen die Männer in Gruppen zu zweit und zu dritt, einige mit altmodischen Bauernlaternen, ein paar mit elektrischen Taschenlampen, den Abhang des Bergs hinabzuklettern. Ich ging zu Martin Plomb, der am Tor stand und ihnen Anweisungen gab, welchen Weg sie einschlagen sollten und durch Rufe mit anderen Gruppen in Kontakt zu bleiben. Er selbst wollte weiter oben auf dem anderen Hang suchen, in Richtung der Feengrotte, wo Philippe gelegen dich kletterte, da er fürchtete, sein Neffe sei vielleicht in eine Schlucht gestürzt. Ich begleitete ihn...
Es war kurz vor Anbruch des Morgens, nach stundenlanger ergebnisloser Suche, als wir vom Ende des Tals plötzlich andere Rufe hörten. Ich konnte die Worte nicht verstehen, aber Martin sagte sofort: »Sie haben ihn gefunden.« Wir suchten uns einen Weg über die Felsen und kletterten zur Straße, wo wir nun blitzende Lichter sehen konnten, die nach Les Baux zurückkehrten.
Sie trugen Philippe auf einer improvisierten Bahre aus zwei Schösslingen und dazwischen geflochtenen Kiefernzweigen. СКАЧАТЬ