Название: Kaiser und Galiläer
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752997835
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Julian. Weiter, weiter – ich bitte Dich!
Basilios. Da ist nichts weiter. Makrina schreibt nur, sie sähe in der Wiederkunft des Maximos ein Zeugnis, daß der Zorn des Herrn über uns ist. Sie glaubt, daß großes Ungemach uns bevorstehe um unserer Sünde willen.
Julian. Ja, ja, ja! – Hör', Basilios, sie ist gewiß ein seltenes Weib, Deine Schwester.
Basilios. In Wahrheit, das ist sie.
Julian. Wenn Du mir aus ihren Briefen vorliest, so ist mir, als hörte ich etwas Ganzes und Volles reden, etwas, wonach ich mich lange gesehnt habe. Sag' mir, hat sie noch immer die Absicht, die Welt zu fliehen und in Öde und Einsamkeit zu leben?
Basilios. Sie hat noch immer die feste Absicht.
Julian. Wirklich? Sie, die mit allen Gaben gesegnet erscheint? Sie, die jung und schön sein soll; sie, die Reichtümer zu erwarten hat, und der ein – für ein Weib wenigstens – ganz ungewöhnliches Wissen eignet? Weißt Du wohl, Basilios, daß ich darauf brenne, sie von Angesicht zu sehen. – Was will sie in der Einsamkeit?
Basilios. Ich habe Dir doch erzählt, ihr Bräutigam ist gestorben. Nun hält sie ihn für ihren harrenden Eheherrn, dem sie all ihr Sinnen und Trachten schulde, und dem rein zu begegnen sie verpflichtet sei.
Julian. Seltsam, wie viele in diesen Zeiten in die Einsamkeit sich sehnen. – Wenn Du Makrina schreibst, so sag' ihr, daß auch ich –
Basilios. Sie weiß es, Julian – aber sie glaubt nicht daran.
Julian. Warum nicht? Was schreibt sie?
Basilios. Ich bitte Dich, Freund, laß mich –
Julian. Hast Du mich lieb, so verbirgst Du mir nicht ein Wort von dem, was sie schreibt!
Basilios reicht ihm den Brief. Du willst es – so lies; da ist der Anfang.
Julian liest. »Jedesmal, wenn Du von des Kaisers jungem Vetter schreibst, der Dein Freund ist, füllt eine große, leuchtende Freude meine Seele« – Basilios, sei Du mein Auge – lies weiter für mich.
Basilios liest. »Deine Schilderung, mit welch fester Zuversicht er nach Athen kam, war mir wie ein Bild aus der Zeit der heiligen Schriften. Ja, ich glaube, er ist der wiedergeborene David, der die Kämpen der Heiden zu Boden schmettern soll. Der Geist Gottes sei über ihm im Streit und alle Tage!«
Julian faßt ihn am Arme. Genug davon! Auch sie? Was denn fordert Ihr alle wie aus einem Munde von mir? Habe ich mich etwa durch Schuldschein Euch verschrieben, mit den Löwen der Macht zu ringen –?
Basilios. Wie kommt es, daß alle Gläubigen in atemloser Erwartung auf Dich die Blicke richten?
Julian geht einige Mal auf und nieder im Säulengang, bleibt stehen und greift nach dem Brief. Gib her, laß sehen – liest: »Der Geist Gottes sei über ihm im Streit und alle Tage!« – Basilios, wenn ich könnte –! Aber ich komme mir vor wie jener Dädalos zwischen Himmel und Meer. Schwindelnde Höhe und bodenlose Tiefe –. Was wollen diese Stimmen, die von Osten und Westen mir zurufen, ich solle das Christentum erlösen? Wo ist es, dieses Christentum, das erlöst werden soll? Ist es bei dem Kaiser oder beim Cäsar? Ich meine, ihre Taten schreien: nein und aber nein! Ist es bei den Mächtigen und Vornehmen, – bei diesen lüsternen Halbmännern des Hofes, die ihre Hände über dem satten Bauch falten und piepsen: ob Gottes Sohn wirklich aus Nichts erschaffen ist? Oder ist das Christentum bei den Erleuchteten, bei denen, die, wie Du und ich, Schönheit und Weisheit aus den heidnischen Quellen getrunken haben? Neigt nicht die Mehrzahl unserer Brüder zur arianischen Ketzerei, der selbst der Kaiser so sehr gewogen ist? Und vollends der ganze Pöbel im Reich, – alle, die wider die Tempel wüten, die Heiden und der Heiden Geschlecht ermorden! Geschieht das um Christi willen? Haha, nachher tun sie sich gegenseitig ab – über der Hinterlassenschaft der Ermordeten. Du kannst Makrina fragen, ob das Christentum in der Einsamkeit zu finden ist, – auf der Säule, wo der Säulenheilige auf einem Bein steht. Oder in den Städten? Vielleicht bei jenen Bäckern in Konstantinopel, die jüngst durch Faustkampf die Frage entscheiden wollten, ob die Dreieinigkeit aus drei Personen oder aus drei Substanzen bestände! – Wer von all diesen würde Christus wohl anerkennen, wenn er wieder zur Erde niederstiege? Heraus mit der Diogeneslaterne, Basilios! Leucht' in das nächtliche Dunkel! Wo ist das Christentum?
Basilios. Such' Antwort da, wo sie zu finden in allen kraftlosen Zeiten.
Julian. Verschließ nicht Deines Wissens Born! Letze mich, wenn Du kannst. Wo soll ich suchen und finden?
Basilios. In den Schriften der heiligen Männer.
Julian. Dieselbe Antwort der Verzweiflung! Bücher, – immer Bücher! Kam ich zu Libanios, so hieß es: Bücher, Bücher! Komme ich zu Euch, – Bücher, Bücher, Bücher! Steine statt Brot! Bücher nützen mir nichts; – nach Leben hungert mich, Zusammenleben mit dem Geist – von Angesicht zu Angesicht! Ward Saulus sehend durch ein Buch? War es nicht eine Lichtflut, die ihm entgegenschlug, ein Gesicht, eine Stimme –!
Basilios. Denk an das Gesicht und an die Stimme, die jener Agathon aus Makellon –?
Julian. Eine rätselvolle Botschaft – ein Orakelspruch, den ich nicht deuten kann. War ich der Erkorene? Des Reiches Erbe, hieß es. Was ist das für ein Reich –? Tausend Zweifel lauern über dieser Sache. Nur das weiß ich: in Athen ist nicht die Höhle des Löwen. Aber wo, wo? Gleich Saulus tappe ich im nächtlichen Dunkel. Will Christus etwas von mir, so mag er deutlich reden. Den Finger im Nägelmal –
Basilios. Und doch steht geschrieben –
Julian mit der Hand abweisend. Ich weiß alles, was da geschrieben steht. Geschriebenes – das ist nicht Wahrheit für das Fleisch. Fühlst Du nicht Ekel und Übelkeit, wie an Bord eines Schiffes bei Windstille, – so hin und her geworfen zwischen Leben, Schrift, heidnischer Weisheit und Schönheit? Es muß eine neue Offenbarung kommen. Oder eine Offenbarung von etwas Neuem. Es muß, sag' ich; – die Zeit ist erfüllet. Ja, eine Offenbarung! O, Basilios, könntest Du die auf mich herabflehen! Den Bluttod, wenn es sein müßte –! Den Bluttod –, ah, ich schwelge in seiner Wonne, die Dornenkrone um meine Schläfen –! Er greift mit beiden Händen nach dem Kopf, faßt den Rosenkranz, reißt ihn ab, besinnt sich lange und sagt: Schau – den hatte ich vergessen! Er wirft den Kranz weg. Nur Eins habe ich in Athen gelernt –
Basilios. Was, Julian?
Julian. Die alte Schönheit ist nicht länger schön, und die neue Wahrheit nicht länger wahr.
Libanios kommt eilig durch den Säulengang von rechts; schon von fern: Da haben wir ihn – da haben wir ihn!
Julian. Ihn? Ich dachte, Du hättest sie beide.
Libanios. Welche beiden?
Julian. Milons Söhne.
Libanios. СКАЧАТЬ