Die Waffen nieder. Bertha von Suttner
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Название: Die Waffen nieder

Автор: Bertha von Suttner

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783966512114

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СКАЧАТЬ die Sie das organisiert haben, als wahre Engel ... Sehen Sie, ich bin selber ein alter Soldat (Feldmarschall-Leutnant X. schaltete er, sich vorstellend, ein) und kann es beurteilen, was für eine enorme Wohltat den armen Kerlen geschieht, die sich dort schlagen ... Ich habe die Feldzüge von anno 9 und 13 mitgemacht – da hat's noch keine »patriotischen Hilfsvereine« gegeben; da hat man den Verwundeten keine Kisten voll Verbandzeug und Charpie nachgeschickt. – Wie viele mußten da, wenn die Vorräte der Feldscherer erschöpft waren, jämmerlich verbluten, die durch eine Sendung, wie diese hier, hätten gerettet werden können! Das ist eine segensreiche Arbeit – die Eure – Ihr guten edlen Menschen – Ihr wißt gar nicht, Ihr wißt gar nicht, wieviel Gutes Ihr da tut!« Und dem alten Manne fielen zwei große Tränen auf den weißen Schnurrbart herab.

      Draußen erhob sich ein Lärm von Schritten und Stimmen. Beide Flügel der Eingangstür wurden aufgerissen und ein Gardist meldete:

      »Ihre Majestät die Kaiserin.«

      Der Vizepräsident eilte zur Tür hinaus, um die hohe Besucherin, wie geziemend, am Fuße der Treppe zu empfangen, doch sie war schon im Nebensaal angelangt.

      Ich schaute von meinem verborgenen Plätzchen mit Bewunderung nach der jugendlichen Monarchin, die mir im einfachen Straßenkleide beinahe noch lieblicher erschien, als in den Prunkroben der Hoffeste.

      »Ich bin gekommen«, sagte sie zu Herrn v. Suttner, »weil ich heute früh einen Brief des Kaisers vom Kriegsschauplatz erhalten habe, worin er mir schreibt, wie nützlich und willkommen die Gaben des »patriotischen Hilfsvereins« sich erweisen – und da wollte ich selbst Einsicht nehmen ... und das Komitee von der Anerkennung des Kaisers in Kenntnis setzen.«

      Hierauf ließ sie sich von allen Einzelheiten der Vereinstätigkeit unterrichten und betrachtete eingehend die verschiedenen aufgestapelten Gegenstände.

      »Sehen Sie nur, Gräfin,« sagte sie zu der sie begleitenden Oberhofmeisterin, indem sie ein Wäschestück zur Hand nahm, »wie gut diese Leinwand ist – und wie hübsch genäht.«

      Dann bat sie den Vizepräsidenten, sie noch in die anderen Räume zu geleiten und verließ an seiner Seite den Saal. Sie sprach mit sichtlicher Zufriedenheit zu ihm und ich hörte sie noch sagen: »Es ist ein schönes, patriotisches Unternehmen, welches den armen Soldaten –«

      Den Rest verstand ich nicht mehr. »Arme Soldaten –« das Wort klang mir noch lange nach, sie hatte es so mitleidsvoll betont. Ja wohl, arm, und je mehr man tat, ihnen Trost und Hilfe zu senden, desto besser. Aber wie – flog es mir durch den Kopf – wenn man sie gar nicht hinschicken würde in all den Jammer, die armen Leute: wäre das nicht noch viel besser?«

      Ich verscheuchte diesen Gedanken ... es muß ja sein – es muß ja sein. Andere Entschuldigung gibt es für die Greuel des Kriegführens keine, als die das Wörtlein »muß« enthält.

      Nun ging ich wieder meiner Wege. Die Freundin, die ich besuchen wollte, wohnte ganz nahe vom »Landhaus« – auf dem Kohlmarkt. Im Vorübergehen trat ich in eine Buch- und Kunsthandlung, um eine neue Karte Oberitaliens zu kaufen; die unsere war von den fähnchengekrönten Stecknadeln schon ganz durchlöchert. Außer mir waren noch mehrere Kunden anwesend. Alle verlangten nach Karten, Schematismen und dergleichen. Nun kam die Reihe an mich.

      »Auch ein Kriegsschauplatz gefällig?« fragte der Buchhändler.

      »Sie haben es erraten.«

      »Das ist nicht schwer. Es wird ja beinahe nichts anderes gekauft.«

      Er holte das Gewünschte herbei, und wahrend er die Rolle für mich in ein Papier schlug, sagte er zu einem neben mir stehenden Herrn:

      »Sehen Sie, Herr Professor, jetzt geht es jenen schlecht, welche belletristische oder wissenschaftliche Werke schreiben, oder verlegen – es fragt kein Mensch danach. So lange der Krieg währt, interessiert sich niemand für das geistige Leben. Das ist für Schriftsteller und Buchhändler eine schlimme Zeit.«

      »Und eine schlimme Zeit für die Nation,« entgegnete der Professor, »bei welcher solche Interesselosigkeit natürlich geistigen Niedergang zur Folge hat.«

      Und da wollte mein Vater – dachte ich zum drittenmal – daß zum Wohle des Landes dreißig Jahre lang ...« »So gehen Ihre Geschäfte schlecht?« mischte ich mich jetzt laut in die Unterhaltung.

      »Nur meine? Alle, fast alle, meine Gnädige,« antwortete der Buchhändler. »Mit Ausnahme der Armeelieferanten gibt es keinen Geschäftsmann, dem der Krieg nicht unberechenbaren Schaden brächte. Alles stockt: die Arbeit in den Fabriken, die Arbeit auf den Feldern, unzählige Menschen werden verdienst- und brotlos. Die Papiere fallen, das Agio steigt, alle Unternehmungslust versiegt, zahlreiche Firmen müssen Bankrott erklären – kurz es ist ein Elend – ein Elend!« »Und da wollte mein Vater –.« wiederholte ich im stillen, während ich den Laden verließ.

      * * *

      Meine Freundin fand ich zu Hause.

      Gräfin Lori Griesbach war in mehr als einer Hinsicht meine Schicksalsgenossin, Generalstochter, wie ich, kurze Zeit an einen Offizier verheiratet, wie ich, und – wie ich – Strohwitwe. In einem übertrumpfte sie mich: sie hatte nicht nur ihren Mann, sondern auch noch zwei Brüder im Krieg. Aber Lori war keine ängstliche Natur; sie war vollkommen überzeugt, daß ihre Lieben unter dem besonderen Schutze eines von ihr sehr verehrten Heiligen standen, und sie rechnete zuversichtlich auf deren Wiederkehr.

      Sie empfing mich mit offenen Armen.

      »Ach, grüß' dich Gott, Martha – das ist wunderhübsch von dir, daß du mich aufsuchst. – Aber du siehst gar so bleich und gedrückt aus ... doch keine schlimme Nachricht vom Kriegsschauplatze?«

      »Nein, Gott sei Dank. Aber das Ganze ist doch so traurig –«

      »Ja so – du meinst die Niederlage? Da mußt du dir nichts daraus machen, die nächsten Berichte können einen Sieg vermelden.«

      »Siegen oder besiegt werden – der Krieg an und für sich ist schon schrecklich ... Wäre es nicht besser, wenn es gar keinen solchen gäbe?«

      »Wozu wäre denn da das Militär da?«

      »Ja, wozu?« Ich sann nach. »Dann gäb' es keins.«

      »Was du für Unsinn sprichst! Das wäre eine schöne Existenz – lauter Zivilisten – mir schaudert! Das ist zum Glück unmöglich.«

      »Unmöglich? Du mußt recht haben. Ich will es glauben – sonst könnte ich nicht fassen, daß es nicht schon längst geschehen.«

      »Was geschehen?«

      »Die Abschaffung des Krieges. Doch nein: ebensogut könnte ich sagen, man solle das Erdbeben abschaffen ...«

      »Ich weiß nicht, was du meinst. Was mich anbelangt, so bin ich froh, daß dieser Krieg ausgebrochen, weil ich hoffe, daß sich mein Ludwig auszeichnen wird. Auch für meine Brüder ist es eine gute Sache. Das Avencement ging schon so langsam von statten, jetzt haben sie doch eine Chance –«

      »Hast du kürzlich Nachricht erhalten,« unterbrach ich. »Sind die deinen alle heil?«

      »Eigentlich schon ziemlich lange nicht. Aber du weißt, wie der Postverkehr oft unterbrochen ist, und wenn man von einem heißen Marsch- oder Schlachttag so recht müde geworden, hat man auch nicht viel Lust zum Schreiben. Ich bin ganz ruhig. Sowohl Ludwig als СКАЧАТЬ