Der Wildfang. Hedwig Courths-Mahler
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Название: Der Wildfang

Автор: Hedwig Courths-Mahler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4066338123138

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СКАЧАТЬ Musch, liebe, kleine Musch, darüber darfst Du Dich doch nun wirklich nicht mehr erschrecken. Jetzt habe ich nun aber einen Mordshunger, so ein Morgenritt macht Appetit, das kannst Du mir glauben!«

      »So kannst Du Dich aber doch nicht zu Tisch setzen, Rose-Marie — mit dieser derangierten Frisur.«

      Rose-Marie schüttelte lachend die goldblonde Haarflut über ihren Rücken.

      »Ach so — das dumme Haar! Wenn Du mir doch erlauben wolltest, daß ich es ratzekahl abschnitte. Wonnig muß das sein, so mit einem Kahlkopf herumlaufen. Nun, mach nur nicht so ein entsetzliches Gesicht, kleine Musch. Warte nur einen Augenblick, gleich mache ich Toilette!«

      Sie kramte aus ihrer Kleidertasche allerlei hervor: ein Stück Bindfaden, einen Schlüssel, ein Kerzenstümpfchen, einige unreife Stachelbeeren, ein zerknülltes Taschentuch und schließlich unansehnliches, blaues Band.

      Das letztere zog sie glättend über das Knie, strich sich dann das Haar glatt zurück und band das Band so fest darum, daß auch nicht ein widerspenstiges Löckchen entwischen konnte.

      »So,« sagte sie befriedigt, und stopfte den Inhalt ihrer Tasche wieder in dieselbe zurück, »nun bin ich doch tadellos frisiert, nicht wahr, Musch?«

      Die Mutter schüttelte seufzend den Kopf.

      »Es ist ein Kreuz mit Dir, Rose-Marie. Die schöne, blaue Schleife, die ich Dir gestern erst gab, wie sieht die nun aus?«

      »Ach, Musch, ich mußte heute morgen das Kälbergatter zubinden, weil die Racker sonst ausgebrochen wären, der Riegel ging kaputt. Na, und da ich nichts anderes zur Hand hatte, mußte die Schleife dran glauben. Vati sagt: Man muß sich zu helfen wissen!«

      Gerhard lachte laut und herzlich auf.

      »Du Schlauberger, konntest Du dazu nicht lieber den Bindfaden nehmen, den Du eben noch in der Tasche hattest?«

      Rose-Marie machte ein Schelmengesicht.

      »Nein, Vati, denn diesen Bindfaden fand ich erst später auf dem Hofe. Ich nahm ihn mit für spätere Fälle!«

      »So, so! Na — nun ’ran an die Krippe, Wildfang — jetzt wird gefuttert!« sagte der Vater.

      Seine Frau verzog das Gesicht.

      »Fritz, wenn Du immer in diesem Stalljargon mit Rose-Marie sprichst, wird sie sich nie wie ein gebildetes junges Mädchen ausdrücken lernen!«

      Vater und Tochter sahen sich schelmisch an.

      »Siehste, Wildfang, jetzt krieg’ ich auch noch Schelte Deinetwegen!«

      Rose-Marie fiel ihm um den Hals.

      »Herzensvati, unsere Musch hat ihre liebe Not Mit uns!«

      Sie lachten ein herzhaftes Duett und streichelten von beiden Seiten die seufzende Mutter, bis diese schließlich mit einstimmen mußte.

      »Es ist ein Kreuz mit Euch,« schalt sie halb lachend, halb ärgerlich.

      »Na, nun sieh’ nur nicht so schrecklich besorgt aus, Henriette. Kommt Zeit, kommt Rat. Eine Zierpuppe, die vor lauter vornehmen Allüren nicht leben und sterben kann, soll unser Wildfang doch nicht werden.«

      Auf den Herzenstakt kommt es in erster Linie an, und den besitzt das Kind, gottlob .Das bißchen Firlefanz und äußere Politur, das lernt sie noch früh genug; sie ist ja nicht auf den Kopf gefallen.«

      Rose-Marie hatte sich inzwischen eine Schnitte Brot mit Butter und Schinken belegt und biß, dies in der Hand haltend, kräftig hinein.

      »Kind, wozu hast Du wohl Gabel und Messer?«

      Rose-Mark legte mit einem drolligen Seufzer das Brot auf den Teller zurück und benutzte das Besteck.

      »Siehst Du wohl, es geht auch so,« sagte ihre Mutter. —

      Ähnliche Szenen wiederholten sich fast jeden Tag. Frau Henriette hätte ihre Tochter am liebsten ganz anders erzogen, als ihr Mann. Ihr galt die äußere Form als Hauptsache.

      Sie empfand es sehr störend, daß Rose-Marie wie ein wilder Junge aufwuchs.

      Aber Fritz Gerhard setzte seinen Willen durch. Zu sehr hatte er unter der Kränklichkeit seiner Frau gelitten, zu sehr eine schaffensfreudige, tatkräftige Hilfe an ihr entbehrt im Kampf ums Dasein.

      Rose-Marie sollte stark und gesund bleiben und einen frohen, heiteren Willen zur Betätigung erhalten.

      Er hoffte, später eine tüchtige Hilfe an ihr zu haben. Da er keinen Sohn hatte, sollte sie seine Nachfolgerin werden.

      Schon jetzt stand sie trotz ihrer Jugend ihren Mann. Forsch und fest wollte er sie haben, ohne mädchenhafte Zimperlichkeit.

      Daß da bei allem guten Willen die Erziehung etwas sehr einseitig blieb, war verständlich.

      Das züchtige Schalten und Walten der Frauen war Rose-Marie noch ein unbekanntes Feld.

      Sie konnte tatsächlich noch keine Nabel regieren, vermochte weder ihren Anzug, noch ihr Zimmer in Ordnung zu halten und stand mit der trockenen Schulweisheit aus dem Kriegsfuß.

      Schreiben war ihr ein Greuel, die französischen und englischen Stunden bei der Frau Pastor haßt sie geradezu, und die Klavierstunde, die ihr ebenfalls diese Dame, eine frühere Erzieherin, erteilte, waren eine Quelle des Elends für sie und diejenigen, die zuhören mußten.

      Trotz alledem war Rose-Marie ein sehr kluges, aufgewecktes Kind.

      Wenn sie mit ihrem geliebten Vati über die Felder ritt, dann sprachen sie zusammen wie zwei Kameraden.

      Der Vater breitete dann den großen Schatz seiner Lebensweisheit vor den Augen seines Kindes aus und gab ihm an praktischen Wissen soviel, als es in keiner Schule lernen konnte.

      So bekam Rose-Marie einen scharfen Blick, schnelle Auffassungskraft und klares Denken.

      Der Vater ließ sie nicht im unklaren darüber, wie schwer er zu kämpfen hatte, um die ihm lieb gewordene Scholle zu halten.

      Sie nahm an seinen Sorgen teil, wenn die Ernte schlecht ausfiel, wenn er das Großwasser fürchtete, oder wenn das Vieh erkrankte.

      Mit seiner Frau konnte Gerhard über all diese Dinge nicht reden, denn sie regte sich dann gleich so auf, daß sie wochenlang hinfällig und leidend war.

      So gewöhnte er sich daran, mit seiner Tochter alles zu besprechen. Und sie war ihm ein tapferer, kleiner Kamerad, der ihm durch sein sonniges, heiteres Wesen manche Bürde leichter machte, und auf den er sich fest verlassen konnte.

      Niemand wußte außer dem Gutsherrn so genau Bescheid im Burgauer Gutshof, als seine Tochter; höchstens noch der langjährige Großknecht Böllermann. —

      Es war eine stillschweigende Übereinkunft zwischen Vater und Tochter, daß der Mutter alle ernsten Sorgen, alle Unruhen fernzuhalten seien.

      Sie verwöhnten die zarte, kleine Musch abwechselnd, nahmen aber alles, was sie sagte, nie sehr ernst. Deshalb blieb auch Frau Gerhards Einfluß СКАЧАТЬ