Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Alexandra Lavinia Zepter
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Читать онлайн книгу Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ) - Alexandra Lavinia Zepter страница 29

СКАЧАТЬ Beispiel macht auch deutlich, dass inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen nicht isoliert voneinander erworben und gefördert werden können, sondern aufeinander abzustimmen sind. Abbildung 4.2 gibt spezifiziert für dieses Lehr- und Praxisbuch einen Überblick der im DaZ-Kontext relevanten und zu fördernden Kompetenzen.

      Um Schüler:innen, die erst im Schulalter mit der deutschen Sprache in Kontakt gekommen sind, oder Schüler:innen nichtdeutscher Herkunftssprachen, die zwar in Deutschland aufgewachsen sind, aber in der Unterrichtssprache Deutsch Sprachförderbedarf haben, an die sprachlichen Anforderungen des Regelunterrichts heranzuführen, bedarf es ebenfalls eines kompetenzorientierten Unterrichts. Dieser sollte optimalerweise bei der Bearbeitung eines bestimmten Themas prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen aufeinander abgestimmt in den Blick nehmen und (den Entwicklungsstand der Lernenden berücksichtigend) zusammenführen. Die für den Zweitsprachenerwerb relevanten prozessbezogenen Kompetenzen (man spricht auch von Teilfertigkeiten) sind:

       Hör-/Hörsehverstehen

       Sprechen

       Lesen/Leseverstehen

       Schreiben

      Die inhaltsbezogenen Kompetenzen zielen auf den Sprachgebrauch und die Sprachreflexion und schließen auch den Umgang mit Medien, Texten und Operatoren mit ein.

      Wie lassen sich nun aber im DaZ-Unterricht prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen in Beziehung zueinander setzen? Dies sei mit Hilfe der Abb. 4.2 kurz illustriert:

      Abb. 4.2:

      Prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen für DaZ1

      In das weiße Themen-Feld des Schaubildes lässt sich jedes dem Sprachentwicklungsstand und der Jahrgangsstufe angemessene Stundenthema einfügen (z. B. Schule, Tagesablauf, Einkaufen, Familie, Tiere im Zoo, Personenbeschreibung, Fahrradreparatur, Bundestagswahl). Ausgehend vom Thema und zunächst im Bereich der inhaltsbezogenen Kompetenzen bleibend, wird im nächsten Schritt überlegt: Welche sprachlichen Mittel sind für die Bearbeitung dieses Themas relevant? Beispielsweise für das Thema Tagesablauf: Temporaladverbiale (am Morgen, mittags etc.); für Personenbeschreibung: Adjektive (groß, stattlich etc.). Welche sprachlichen Mittel sollten also eingeführt und geübt werden? Und welche (dis-/kontinuierliche) Textform erweist sich unter Berücksichtigung des aktuellen Sprachniveaus als besonders geeignet? Zum Beispiel für das Thema Schule: Stundenplan; Einkaufen: Einkaufsliste; Tagesablauf: Tagebucheintrag; Personenbeschreibung: Steckbrief (vgl. Curriculum Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Baden-Württemberg, 2019: 5).

      Anschließend gilt es zu überlegen, welche der prozessbezogenen Kompetenzen (Hören, Hörsehverstehen, Sprechen, Lesen, Leseverstehen, Schreiben) bei der Themenbearbeitung in welcher Weise einbezogen werden sollten. Idealerweise werden inhaltsbezogene Kompetenzen (ein konkretes Thema mit spezifischem Wortschatz, bestimmte grammatische Mittel und/oder eine bestimmte Textsorte) unter Einbeziehung mehrerer prozessbezogener Kompetenzen erarbeitet, geübt, gefestigt und erweitert. Hierbei sollten die rezeptiven Kompetenzen (Hören, Lesen) den produktiven (Sprechen, Schreiben) vorausgehen (ebd.: 5).

      Welche der Kompetenzen in einer Unterrichtseinheit gefördert werden, ist also abhängig von einer Vielzahl von Faktoren. Dabei hat der gewählte (zum Thema passende) performative Zugang einen maßgeblichen Einfluss auf diese Entscheidung und auf die konkrete Ausgestaltung und Verknüpfung einzelner Kompetenzbereiche. Auf der rechten Seite von Abb. 4.3 sind alle in diesem Lehr- und Praxisbuch vorgestellten performativen Zugänge in einer zufälligen Abfolge aufgelistet.

      Abb. 4.3:

      Zusammenhang von Thema, performativem Zugang und Kompetenzbereichen

      Der Zusammenhang von Thema, performativem Zugang und Kompetenzbereichen sei im Folgenden kurz veranschaulicht – beginnend mit dem Einfluss des performativen Zugangs auf die prozessbezogenen Kompetenzen:

      Angenommen das Thema der Unterrichtseinheit oder der Doppelstunde wäre ‚Märchen‘, dann könnte man sich diesem beispielsweise durch emotionsauslösende, zum Sprechen anregende Bilder nähern (Kap. 5) oder über die Erzählkunst und hierfür, um das Sprachverstehen zu unterstützen, das japanische Bildertheater Kamishibai einsetzen (Kap. 6). Bei beiden performativen Zugängen liegt der Förderschwerpunkt auf den prozessbezogenen Kompetenzen medialer Mündlichkeit (Hören, Hörsehverstehen, Sprechen). Die mediale Schriftlichkeit (Lesen, Leseverstehen, Schreiben) ist zwar bei diesen Zugängen nachgeordnet, kann und sollte aber (je nach Fortschritt im Alphabetisierungsprozess bzw. im Zweitschrifterwerb) mit spezifischen Aufgaben einbezogen werden. Will man als Lehrkraft bei der Behandlung des Themas ‚Märchen‘ dagegen die mediale Schriftlichkeit fokussieren, dann bieten sich beispielsweise die performativen Zugänge des Vorlesetheaters (Kap. 8) oder des performativ-ästhetische Dimensionen integrierenden generativen Schreibens an (Kap. 9). Auch hier gilt – wie zuvor (nur komplementär) –, dass auch Fertigkeiten medialer Mündlichkeit beansprucht werden, beispielsweise bei den mündlichen Absprachen und dem Aushandeln einzelner Beiträge in Vorbereitung auf die jeweiligen Präsentationsphasen.

      Jedes Thema, jeder Text (so auch ein Märchen) lässt sich darüber hinaus nutzen, um grammatische Strukturen in ihrer Funktion erfahrbar zu machen und den inhaltsbezogenen Kompetenzbereich Sprachgebrauch/SprachreflexionKompetenzbereich Sprachgebrauch/Sprachreflexion zu stärken. Für einen performativen Grammatikzugang eignet sich die Methode der Dramagrammatik in besonderer Weise (Kap.17 bis 21). Auch hier wird darauf geachtet, alle Teilfertigkeiten einzubeziehen.

      Die Lehrkräfte haben also durch die Wahl des performativen Zugangs die Möglichkeit, bestimmte prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzbereiche in verstärktem Maße zu fördern, ohne die anderen Bereiche dabei unberücksichtigt zu lassen.

      Die Kombination von Fokussierung bei gleichzeitiger Integration der übrigen Kompetenzbereiche ist im Rahmen von performativen Zugängen gut umsetzbar, sie ist jedoch nicht etwas, das performative Lehr-Lern-Arrangements in spezifischer Weise auszeichnet. Ein Herausstellungsmerkmal lässt sich dagegen in Bezug auf den Einsatz von MedienMedienEinsatz – neben Sprachgebrauch/Sprachreflexion ein weiterer Bereich inhaltbezogener Kompetenzen – ausmachen. Um die Besonderheit nachzuvollziehen, müssen wir genauer verstehen, was der Begriff Medien bedeutet bzw. worauf er sich im Unterricht beziehen kann.

      Mit dem Begriff MedienMedien werden im Bildungskontext meist elektronische und digitale Medien assoziiert. Ein Medium ist aber zunächst einmal nur ein „vermittelndes Element“ (Fremdwörterduden 2013: 857). Bezogen auf Kommunikation steht der Begriff Medium damit sowohl für dem Menschen inhärente Vermittlungsinstanzen als auch für technische Hilfsmittel zur Übertragung von Botschaften (Pürer 2014: 68, nach Burkart 1998). „Menschliche Kommunikation zeichnet sich durch eine Vielfalt immaterieller wie materieller Vermittlungsformen und -möglichkeiten aus“ (ebd.). Ein Versuch, diese Vielfalt zu klassifizieren, stammt von Pross (1972), der zwischen primären, sekundären und tertiären Medien unterscheidet.

       Typologie der Medi enTypologie der Medien

      Primäre MedienMedienprimäre sind die Medien des menschlichen Elementarkontaktes. Dazu gehören die Sprache sowie nichtsprachliche Vermittlungsinstanzen wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt etc. Diese originären Medien teilen die Gemeinsamkeit, dass der Körper bzw. die Sinne des Menschen zur Produktion, zum Transport und zur Wahrnehmung der Inhalte ausreichen. Es bedarf keiner zusätzlichen Geräte für das Aussenden oder Empfangen der Botschaften.

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