Narrenschwämme. Jochen Gartz
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Narrenschwämme - Jochen Gartz страница 7

Название: Narrenschwämme

Автор: Jochen Gartz

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783037884942

isbn:

СКАЧАТЬ bei uns ausgebreitet, die Häufigkeitsbeschreibungen in der älteren Literatur entsprechen den heutigen Beobachtungen. In der Schweiz kommt die Art überall vor. Da diese Weiden hauptsächlich im Jura zu finden sind, herrscht oft die irrtümliche Meinung vor, dass die Pilze nur in etwa 1000 m Höhe vorkommen.

      Trotzdem kann die Psilocybe semilanceata vereinzelt an Standorten mit optimalen Bedingungen sehr stark fruktifizieren.

      Ich möchte hier auf zwei solcher Heidestandorte eingehen, die wir mehrjährig feldmykologisch untersucht haben.

      An der ersten Lokalität fruktifizierte die Pilzart im sehr hohen Gras auf saurem Boden in einer Senke. Die Grasfläche lag als Schneise im Wald zwischen einem Bach und einem Moorteich. Auch noch im Herbst konnte bei Sonneneinstrahlung eine erheblich höhere Temperatur festgestellt werden als im Umland. Rehdung trug regelmäßig zur Düngung bei. Die Fruchtkörper der Erstfunde hatten durch das Wachstum im sehr hohen Gras Stiele bis zu 21 cm Länge (!), die Hüte waren so winzig, dass bei den Pilzen erst die Blauung und dann die chromatographische Untersuchung Hinweise auf die Identität der Psilocybe semilanceata lieferte. Spätere Funde ließen sich dann morphologisch eindeutig der Pilzart zuordnen. Während drei Jahren konnten jeweils zur Herbstzeit 30 bis 60 Pilze gefunden werden, dann erfolgte leider eine Vernichtung des Standortes durch Umgestaltung der Moorabstichstelle zum Moorlagerplatz mit Zufahrtsstraße.

       Abb. 12 Pilzbeschreibung nach Michaelis (1977)

      Der zweite Standort wurde nur einen Kilometer entfernt im gleichen Jahr entdeckt und anschließend während 15 Jahren untersucht. Früher weideten regelmäßig Kühe auf der sehr großen Wiese im Wald neben einem Bach, der den Boden stark durchfeuchtet. Heute weiden gelegentlich Schafherden dort, und im Gras findet man regelmäßig Rehdung. An dieser Lokalität fruktifiziert die Pilzart sehr üppig. Hunderte von Fruchtkörpern wachsen jeden Herbst auf dieser Wiese (Farbbild 1.2).

      Abb. 13 Erste Publikation über den Psilocybingehalt deutscher Pilzproben.

      Bei trockenem Wetter sind die Pilze verhältnismäßig gut zu erkennen. Durch die ausgeprägte Hygrophanität verändert sich die Hutfarbe bei Nässe in dunkeloliv-schwarzbraun. Nur durch genaue Betrachtung der Blätter und der elastischen, gekrümmten Stiele können die Pilze dann von Düngerlingsarten (Kapitel 2.4) differenziert werden. Ein besonderes Merkmal ist, wie bei vielen andern Pilzarten, die psychoaktiv wirken, eine allerdings verhältnismäßig gering auftretende Blaufärbung des unteren Stielteiles und teilweise des Hutes, besonders bei Nässe (Kapitel 4). Bei alten, nassen Fruchtkörpern können durchscheinend blaue Flecke spontan auf den Hüten auftreten, während die Stielverfärbungen meist erst durch das Abtrennen der Fruchtkörper von den Myzelien nach 30 bis 60 Minuten sichtbar werden. Ich fand auch bei Massenvorkommen immer blaugrün verfärbte Pilze gemeinsam mit solchen, die dieses Merkmal nicht aufwiesen. Die Blaufärbung bleibt beim Trocknen der Pilze unter teilweiser Ausblassung erhalten.

      Die hier zitierten Pilzbeschreibungen aus früherer Zeit sind so detailliert, dass ich keine bessere hinzufügen könnte. Im Gegensatz zu mancher Literaturmeinung verströmen die feuchten Fruchtkörper beim Öffnen des Behältnisses sehr wohl einen Geruch, der ähnlich, aber schwächer als bei Psilocybe bohemica (Kapitel 2.3) als rettich- bis mohnartig beschrieben werden könnte und nicht unangenehm wirkt.

      Auch zeigen die Pilze noch eine Besonderheit, die bei andern Arten kaum untersucht wurde. Unter dem Licht einer Quarzlampe fluoresziert die Psilocybe-Art – der verursachende Stoff konnte aber bis heute nicht identifiziert werden.

      Wahrscheinlich ist Psilocybe semilanceata der psychoaktivste Pilz unter den europäischen Arten. Die eindrucksvolle und rapid einsetzende Wirkung kommt nicht nur in den zitierten Intoxikationen aus England, sondern auch in der folgenden Schilderung des ersten Selbstversuches eines Mykologen zum Ausdruck:

      Nach der Aufnahme von nur 1,3 g der getrockneten und gepulverten Pilze (30 Exemplare) in Wasser setzte nach 20 Minuten bei nüchternem Magen sehr plötzlich und unerwartet unter starkem Tränenfluss die Psychose ein. Die Erscheinungen kann man am besten als eine Verknüpfung von Visionen und Gedanken bezeichnen – später fand ich den Begriff der „Imagination“ in der Literatur. Äußerst unangenehm wurde von mir nach der Art eines Tagtraumes ein Flug erlebt, bei dem mich an jedem Arm eine Hexe gepackt hatte… Wir flogen zu dritt irgendwann und irgendwo. Danach sahen alle umliegenden Gegenstände wie ausgebleicht aus. Bei Augenschluss wurden abstrakte Ornamente ohne besondere Leuchtkraft oder emotionale Wirkung gesehen. Während dieser Zeit trat weitere Dysphorie verknüpft mit schuldbewusstem Grübeln auf. Nach fünf Stunden war die Wirkung plötzlich vorüber, allmählich stellte sich leichter Kopfschmerz ein, weitere Folgen wurden nicht festgestellt.

image

      Abb. 14 Psilocybe semilanceata von einem Heidestandort im Jahre 1989 (491 Pilze).

      An einem Spätsommertag nahm ich 0,6 g des Pilzpulvers in der Natur ein. Das Wetter war sonnig und sehr warm, ich wanderte durch meine Heimatlandschaft, in der ich schon oft als Kind gespielt hatte. Plötzlich verspürte ich einen emotionalen Zustand, der am ehesten als eine kindliche Anschauungs- und Gefühlswelt zu dem mich umgebenden Wald beschrieben werden könnte. Die Umgebung wirkte besonders scharf konturiert, mein Blick erschien mir frisch und unverbraucht. Ich erinnerte mich plötzlich sehr detailliert, wie klein die Bäume vor Jahrzehnten gewesen waren, wie vor Dunkelheit dort kaum anderes Wachstum zu beobachten war, was mich teilweise geängstigt hatte. Gleichzeitig kamen mir meine Bewegungen viel kindlicher und elastischer vor. Der beglückende Zustand als Wiedererleben der Kindheit hielt etwa zwei Stunden an. Auf dem Heimweg sah ich ein Kälbchen auf der Weide. Es erweckte bei mir großes Mitleid, als ich sah, wie es unter den lästigen Fliegen litt. Dieses Mitempfinden steigerte sich kurzzeitig zu einer Art Verschmelzungsgefühlen mit dem Kalb, die ich als sehr sonderbar und nicht besonders angenehm empfand. Nach vier Stunden war die Wirkung ohne Folgen abgeklungen.

      Abb. 15 Gute Beschreibung der Psilocybe semilanceata aus Sachsen durch R. Buch.

      Ein drittes Pilzexperiment mit Psilocybe semilanceata in Oregon führte schließlich zu einer vollständigen Identifikation mit einer Person des 19. Jahrhunderts:

      Wir СКАЧАТЬ