Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121103

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СКАЧАТЬ Es geschieht also für dich, wenn ich gehe!«

      »Und so 'ne Kleinigkeit wie Hugh spielt natürlich gar keine Rolle?«

      »O ja, die Hauptrolle. Deshalb werde ich ihn auch mitnehmen.«

      »Und wenn ich mich weigere?«

      »Das wirst du nicht!«

      Ganz ratlos: »Ach – Carrie, Teufel noch einmal, was willst du denn eigentlich überhaupt?«

      »Ich hab' ein Recht auf mein eigenes Leben.«

      »Das hab' ich auch!«

      »Und?«

      »Ich habe ein Recht auf mein Leben – und das bist du, du bist mein Leben.«

      »Du hast ein Recht darauf, wenn du mich halten kannst. Kannst du das?«

      2

      Das letzte, was sie auf dem Bahnsteig sah, war Kennicott, getreu mit der Hand winkend, das Gesicht so voll verständnisloser Einsamkeit, daß er nicht lächeln, nur krampfhaft den Mund verziehen konnte. Sie winkte ihm, solange sie konnte, und als er nicht mehr zu sehen war, wäre sie am liebsten aus dem Zug gesprungen und zu ihm zurückgelaufen. Sie dachte an hundert Zärtlichkeiten, um die sie sich nicht gekümmert hatte.

      Sie hatte ihre Freiheit, und die war leer. Dieser Augenblick war nicht der höchste in ihrem Leben, sondern der niedrigste und verzweifeltste, und das war schließlich doch ausgezeichnet, denn statt abwärtszugleiten, begann sie emporzusteigen.

      Sie seufzte: »Ich könnte das nicht tun, wenn Will nicht so freundlich wäre, wenn er mir nicht das Geld gäbe.« Doch eine Sekunde später: »Ich bin neugierig, wieviel Frauen wohl immer zu Hause bleiben würden, wenn sie das Geld hätten?«

      Hugh klagte: »Mammi!« Er saß neben ihr auf der roten Plüschbank im Personenwagen; ein dreieinhalbjähriger Junge. »Ich mag nicht mehr Eisenbahn spielen. Spielen wir was anderes.«

      Fünfunddreißigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      1

      Sie fand Beschäftigung im Kriegsversicherungsamt. Obgleich der Waffenstillstand mit Deutschland wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Washington unterzeichnet wurde, arbeitete das Büro weiter. Täglich hatte sie Korrespondenzen zu registrieren; später beantwortete sie Anfragen. Es war ein Einerlei langweiliger Einzelheiten, doch sie versuchte sich einzureden, sie hätte »richtige Arbeit« gefunden.

      Sie bemerkte, daß sie Büroarbeit tun konnte, ohne etwas von der vorgeblichen Frauentugend der Häuslichkeit zu verkehren; daß das Kochen und Aufräumen, wenn man nicht wichtigtuerisch herumwirtschaftete wie die Bessietanten, nur ein Zehntel von der Zeit in Anspruch nimmt, die in Gopher Prairie als anständig gilt.

      Daß sie sich nicht bei der Lustigen Siebzehn für ihre Gedanken entschuldigen, daß sie am Ende des Tages nicht Kennicott Bericht darüber erstatten mußte, was sie getan hatte oder noch tun wollte, war eine Erlösung, welche die Büroermüdung wett machte. Sie fühlte, daß sie nicht mehr die Hälfte einer Ehe, sondern ein ganzer Mensch für sich war.

      Nach einem Kreisler-Konzert, das für die Regierungsangestellten gegeben wurde, ging sie einmal die Sechzehnte Straße entlang; die Lampen flammten in sanften Lichtkreisen auf, Wind blies durch die Straße, frisch wie die Präriewinde, nur freundlicher, sie blickte die Ulmenallee der Massachusetts Avenue entlang, sie freute sich an den reinen Linien des Schottischen Freimaurertempels: da wußte sie, daß sie die Stadt liebte wie nichts außer Hugh. Ihre Tage vergingen schnell, und sie erkannte, daß sie in ihrer Dummheit des Davonlaufens den Mut zur Klugheit gefunden hatte.

      Der erste Monat war ein verzweifeltes Jagen nach Wohnung in der übervölkerten Stadt. Sie mußte in einem ungemütlichen großen Zimmer in einer schäbigen Pension hausen, die von einer unwilligen, verarmten Dame geführt wurde, und Hugh der Obhut einer zweifelhaften Kinderpflegerin überlassen. Aber später fand sie ein Heim.

      2

      Immer mußte sie Washington (wie es ihr zweifellos auch in New York oder London gegangen wäre) eine gehörige Portion Hauptstraße gewähren. Die vorsichtige Stumpfheit eines Gopher Prairie zeigte sich in den Pensionen, in denen damenhafte Büroangestellte mit jungen Offizieren über das Kino schwatzten; tausend Sam Clarks und einige Witwen Bogart waren im sonntäglichen Automobilkorso zu erkennen, in Gesellschaften nach dem Theater und bei den offiziellen Dinners, zu denen sich die Auswanderer aus Texas und Michigan drängten, um sich in ihrem Glauben zu stärken, daß ihre verschiedenen Gopher Prairies entschieden »gehörig schmissiger und gemütlicher seien als dieser protzige Osten«.

      Allein sie fand ein Washington, das nichts mit der Hauptstraße zu tun hatte.

      Guy Pollock schrieb einem Vetter, der jetzt Hauptmann war, einem liebenswürdigen, freundlichen jungen Menschen, der Carola zu Tanztees mitnahm und mit ihr lachte; sie hatte ja immer jemand gebraucht, mit dem sie lachen könnte. Der Hauptmann machte sie mit der Sekretärin eines Abgeordneten bekannt, einer zynischen jungen Witwe, die viele Bekannte in der Marine hatte. Durch sie lernte Carola Marineoffiziere und Majore, Journalisten, Chemiker, Geographen und Finanzexperten aus den Ämtern kennen, und eine Lehrerin, die im Hauptquartier der kriegerischen Frauenrechtlerinnen ein und aus ging. In dieses Hauptquartier nahm die Lehrerin sie mit. Carola wurde nie eine hervorragende Frauenrechtlerin. Man erkannte sie lediglich als tüchtige Adressenschreiberin an. Aber sie wurde gleichmütig von dieser Familie freundlicher Frauen aufgenommen, die, wenn sie nicht von Pöbelhaufen bedrängt oder verhaftet wurden, Tanzstunden besuchten, Picknicks am Chesapeake Canal veranstalteten oder über die Politik der American Federation of Labor sprachen.

      Zusammen mit der Sekretärin des Abgeordneten und der Lehrerin mietete Carola eine kleine Wohnung. Hier war ihr Heim, hier kam sie mit ihren Menschen zusammen. Obgleich es den größten Teil ihres Gehalts verschlang, hielt sie sich eine ausgezeichnete Pflegerin für Hugh. Sie selbst brachte ihn zu Bett und spielte an Feiertagen mit ihm. Manches Mal war sie über diese Mädchen mit ihren Zigaretten und ihrem unheimlichen Wissen ebenso empört, wie sie sich über Gopher Prairie empört hatte.

      3

      Die graphische Darstellung, die Carolas Fortschritte verzeichnet, ist nicht leicht zu lesen. Die Kurven sind gebrochen und wechseln oft die Richtung; häufig sinken sie, statt zu steigen, in gebrochene Linien. Einige Züge aber lassen sich verfolgen.

      Unglücklichen Frauen ist es gegeben, ihre Empfindsamkeit durch zynischen Klatsch, durch Jammern, durch Religionen (Hochkirche oder »Neudenken«) oder durch einen Nebel von Unbestimmtheiten zu schützen. Carola hatte sich in keine dieser Möglichkeiten vor der Wirklichkeit geflüchtet, aber Gopher Prairie hatte sie, die zärtlich und heiter war, ängstlich gemacht. Sogar ihre Flucht war nichts weiter als der vorübergehende Mut des Entsetzens gewesen. Was sie in Washington gewann, war nicht Kenntnis von Amtsmethoden und Gewerkschaften, sondern erneuter Mut, jene freundliche Zufriedenheit, die Gleichgewicht heißt. Was sie von Arbeiten sah, die sich auf Millionen von Menschen und viele Völker auswirkten, reduzierte die Hauptstraße von aufgeblasener Wirklichkeit auf ihre tatsächliche Bedeutungslosigkeit. Sie konnte nie wieder so viel erschrockene Ehrfurcht vor der Macht СКАЧАТЬ