Gesammelte Werke. Sinclair Lewis
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4066338121103

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СКАЧАТЬ Fislingers Kollegheft für praktische Theologie (das Elmer vor Prüfungen auch als Elmers Kollegheft betrachtete) war mit praktischer Theologie folgender Art angefüllt:

      Seelsorgerbesuch:

      Keine Parteilichkeit.

       Dienstmädchen nicht übersehen, freundlich sein.

       Unterhaltend sein, gefällige Manieren, Lachen, eventuell eine komische Geschichte, aber keinen Skandal oder Kritik anderer.

       Nur 15-30 Minuten bleiben.

       Fragen, ob Mitbeten erwünscht, nicht darauf bestehen.

       An gute Gelegenheiten bei Krankheit, Kummer, Hochzeit denken.

       Scherzend fragen, warum Gatte nicht öfter in der Kirche.

      Die Hymnologie-Vorlesung fand Elmer erträglich; die Vorlesungen: Auslegung des Neuen Testaments, Kirchengeschichte, Theologie, Missionswesen und Vergleichende Religionswissenschaft ertrug er stumpfsinnig, verfluchte er hitzig. Wer zum Teufel scherte sich darum, ob Adoniram Judson durch die Lektüre seines Griechischen Neuen Testaments Baptist geworden sei? Wozu der ganze Blödsinn mit der Menge Prophezeiungen in der Offenbarung – er dachte nicht daran, über so neunmalkluge Sachen zu predigen! Und von ihnen zu erwarten, daß sie mit diesem Filioque-Beweis in der Theologie etwas anfangen könnten! Zu dumm!

      Die Dozenten für das Neue Testament und für Kirchengeschichte waren Geistliche, die von bewundernden, doch gelangweilten Großstadtgemeinden die Treppe hinaufgeworfen worden waren. Zu beiden hatten höfliche Diakone gesagt: »Wir halten Sie im wesentlichen für einen Gelehrten, Bruder, mehr als für einen Seelsorger. Sie sind überaus gelehrt. Wir sind an der Arbeit, Ihnen die große Ehre zu verschaffen, die Ihnen zukommt – die Berufung auf den Lehrstuhl in einem unserer Baptistenseminare. Sie werden vielleicht ein etwas geringeres Gehalt bekommen, dafür aber um so mehr von den Ehren, die Sie in so hohem Ausmaße verdienen, und viel leichtere Arbeit haben, sozusagen.«

      Die dankbaren Weisen hatten angenommen und verbrachten den Rest ihres Lebens damit, daß sie Meinungen aus fünfzehnter Hand lasen, friedliche Schläfchen machten und die gähnenden Studenten mit der blutlosen, weitschweifigen Bücherweisheit anödeten, die sie Wissenschaft nannten.

      Doch die schlimmste von Elmers Plagen war die Vorlesung Dr. Bruno Zechlins, Professors für Griechisch, Hebräisch und Exegese des Alten Testaments.

      Bruno Zechlin war Bonner Dr.phil. und Edinburgher S.T.D. Er war einer von dem Dutzend ernst zu nehmender Gelehrter, die es an sämtlichen theologischen Instituten Amerikas gibt, und zufällig war er ein völliger Versager. Er las stockend, er schrieb undeutlich, er konnte nicht von Gott reden, als ob er ihn persönlich kenne, und konnte nicht freundlich zu Dummköpfen sein.

      Das Mizpah-Seminar gehörte zum rechten Flügel der Baptisten; es repräsentierte, was zwanzig Jahre später als »Fundamentalismus« bekannt werden sollte; und in Mizpah stand Dr. Zechlin unter dem Verdacht der Ketzerei.

      Überdies hatte er einen lohfarbenen deutschen Bart und war nicht in Kansas oder Ohio geboren, sondern in einer Stadt, die lächerlicherweise Frankfort hieß.

      Elmer verachtete ihn, weil er einen Bart trug, weil er von der hebräischen Syntax begeistert war, weil er keine nützlichen Tips für ehrgeizige, junge Berufspropheten wußte, und weil es ihm anscheinend besondere Freude bereitet hätte, Elmer in Griechisch durchfallen zu lassen.

      Doch Frank Shallard liebte Dr. Zechlin, ihn als einzigen von den Mitgliedern des Lehrkörpers.

      2

      Frank Shallards Vater war ein freundlicher Baptistengeistlicher, gelehrt, gemäßigt liberal, nicht ohne Erfolg; seine Mutter stammte aus einer etwas heruntergekommenen Main-Line-Familie. Er war in Harrisburg geboren und in Pittsburgh aufgewachsen, immer unter dem Schatten der Kirche – in seinem Fall einem freundlichen, heiteren Schatten, obgleich sein Vater sich lange bei Familiengebeten aufhielt und seinen Jungen lehrte, alle weltlichen Unreinheiten zu vermeiden, wozu auch das Tanzen, das Theater und die frivolen Werke Balzacs gehörten.

      Es war die Rede davon, Frank an die Brown-Universität oder nach Pennsylvanien zu schicken, aber als er fünfzehn Jahre alt war, erhielt sein Vater einen Ruf an eine große Kirche in Cleveland, und die Lehrer des Oberlin-Colleges in Ohio durften für Frank die Zeugnisse des Christentums, die in Plautus, Homer, dem Rechnen, Basketball und der Geschichte der französischen Revolution zu finden sind, interpretieren und verherrlichen.

      Es steckte viel von einem geborenen Dichter in ihm, und, wie es bei Dichtern nicht allzu selten der Fall ist, etwas von forschendem und wissenschaftlichem Geist. Aber sowohl Phantasie wie Verstand waren in einer Frömmigkeit aufgegangen, in der Zweifel nicht nur sündhaft, sondern, viel schlimmer noch, taktlos war. Seine Gaben, die sich Rosen und dem Gesang hätten zuwenden können, fliegenden Fahnen und aufschneiderischer Bravour, oder auch Mitleid mit den hoffnungslosen Arbeitern, waren in Anspruch genommen von der schrecklichen Majestät des jüdischen Jehova, der wärmenden Gnade unseres Herrn, den Erzählungen von seiner Geburt – juwelengeschmückte Könige und das Lagerfeuer der Hirten, der strahlende Stern und das Kindlein in der Krippe; Mythen, schimmernd wie Emailleknospen – und er war bezaubert von den Mysterien der Offenbarung.

      Er war nicht nur in Theologie eingehüllt worden, seine ganze Erfahrung stammte aus Büchern, statt aus den Worten arbeitender Menschen. Im College war er ein Einsiedler gewesen, heiter, aber anspruchsvoll, von der Manierlosigkeit und dem rohen Lachen seiner Klassengefährten angewidert.

      Sein Denken war nach innen gewendet, von jeder Untersuchung der Menschen als Säugetiere abgekehrt und einem Leid zugeführt worden: daß sündige und leidende Seelen nicht mehr voller Bereitschaft die Sicherheit eines mystischen Prozesses suchten, der als Bekehrung, Reue und Erlösung bekannt war und, wie ihm die edelsten und gelehrtesten Männer seines Bekanntenkreises versicherten, zuversichtlich allem Weh abhelfen sollte. Seine eigene Erfahrung bestätigte das nicht durchaus. Auch nachdem er schon mit ziemlicher Begeisterung gerettet worden war, mußte er sich dabei ertappen, daß er noch immer über die Zudringlichkeit von Bauernflegeln in stille Wut geriet, noch immer heimliche, neugierige Blicke auf gerundete Mädchenkörper warf. Aber das, versicherte er sich, geschah nur, weil er noch nicht »zur Vollkommenheit gelangt war«.

      Es gab Zweifel. Die Gewohnheit des alttestamentarischen Gottes, die blutige Niedermetzelung eines jeden zu verlangen, der ihm nicht schmeichelte, erschien ihm ziemlich antisozial, und er mußte darüber nachdenken, ob all die wollüstigen Worte im Hohenlied Salomos sich wirklich auf das Treueverhältnis zwischen Christus und der Kirche bezögen. Es schien so unähnlich den Tagungen der Oberlinkapelle und der Miller-Avenue-Baptistenkirche von Cleveland, Ohio. Sollte es möglich sein, daß Salomo vielleicht Beziehungen zwischen weltlicheren, frivoleren Geschöpfen meinte?

      Die Verstandeskräfte, die Frank hatte, widmete er nicht der Untersuchung der Heiligen Schrift, an der sein Zweifel vieles auszusetzen hatte, sondern der Untersuchung und Verscheuchung des Zweifels selbst. Für ihn war es ein Axiom, daß der Zweifel etwas Verruchtes sei, und er konnte sich einer ziemlich beträchtlichen Begabung für seine Zweifelaustreibung erfreuen. Er fand ein gutes Teil Selbstachtung und Vergnügen in den purpurverbrämten Doppeldeutigkeiten der Religion.

      Daß er Geistlicher werden sollte, war stets selbstverständlich gewesen. Er hatte keinen so deutlichen und ekstatischen Ruf wie Elmer erlebt, wußte aber seit jeher, daß er sich immer mit Theorien über die Eucharistie herumschlagen und den Menschen den Weg zu den auf keiner Karte verzeichneten Hochebenen weisen würde, die da heißen Gerechtigkeit, Idealismus, Ehrlichkeit, Aufopferung, Schönheit, Erlösung.

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