Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sinclair Lewis: Die großen Romane - Sinclair Lewis страница 31

Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

isbn:

СКАЧАТЬ bin arm und beneide die Reichen doch nicht, wie sich's gehört. Ich bin ein alter Junggeselle. Ich verdien' genug Geld, um mich satt zu essen, na, und dann sitz' ich bei mir und drück' mir die Hand und rauch' ein bißchen und lese Geschichte, und ich trag' auch nichts zum Reichtum von Bruder Elder oder Papa Cass bei.«

      »Sie – Sie lesen wohl ziemlich viel.«

      »Ja. Was mir grad' in die Hände kommt. Wissen Sie, ich bin ein einsamer Wolf. Ich handle mit Pferden und säge Holz und arbeit' im Holzfällerlager – ich bin ein erstklassiger Wegebauer. Ich hab' mir immer gewünscht, ich könnt' ins College gehen. Aber ich würd's wohl recht langweilig finden und wahrscheinlich auch rausgeschmissen werden.«

      »Sie sind wirklich ein merkwürdiger Mensch, Herr –«

      »Bjornstam. Miles Bjornstam. Halb Yankee und halb Schwede. Gewöhnlich bekannt als »die verdammte faule, großmäulige Unke, die nicht zufrieden damit ist, wie wir alles machen«. Nein, ich bin nicht merkwürdig – was Sie auch damit gemeint haben! Ich bin bloß ein Bücherwurm. Wahrscheinlich les' ich mehr, als ich verdauen kann.«

      Sie fragte:

      »Sie sagen, die Lustige Siebzehn ist blöd. Warum meinen Sie das?«

      »Ach, Sie können sich drauf verlassen, daß wir, die die Grundlagen der wohlhabenden Klassen untergraben, Bescheid wissen. Tatsache, Frau Kennicott, ich will Ihnen sagen, soviel ich sehen kann, sind in dieser Männerstadt die einzigen Leute, die überhaupt Verstand haben – ich meine keinen Kladdenverstand oder Entenjagdverstand oder Verstand zum Kinderverhauen, sondern wirklichen Denkverstand – die einzigen sind Sie und ich und Guy Pollock und der Vorarbeiter in der Mühle. Der ist Sozialist, der Vorarbeiter. Erzählen Sie das aber nicht Lym Cass! Lym würde 'nen Sozialisten schneller an die Luft setzen als 'nen Pferdedieb!«

      »Nein, nein, ich werde ihm bestimmt nichts erzählen.«

      »Der Vorarbeiter und ich streiten uns mächtig rum. Er ist 'n richtiges Parteimitglied von der alten Schule. Zu dogmatisch. Er glaubt immer, er kann alles vom Ausforsten bis zum Nasenbluten reformieren, wenn er Phrasen wie »Mehrwert der Arbeit« daherredet. Ist genau so, wie wenn er aus 'm Gebetbuch vorlesen würde. Aber trotzdem, er ist ein Plato J. Aristoteles im Vergleich zu Leuten wie Ezra Stowbody oder Professor Mott oder Julius Flickerbaugh.«

      »Das ist sehr interessant, was Sie von ihm erzählen.«

      Er bohrte mit dem Fuß in einem Schneehaufen herum wie ein Schuljunge. »Quatsch. Sie meinen, ich red' zuviel. Na ja, das tu' ich auch, wenn ich jemand wie Sie in die Finger krieg'. Sie wollen wahrscheinlich weiterlaufen und schauen, daß Ihnen die Nase nicht erfriert.«

      »Ja, ich muß wohl gehen. Aber sagen Sie: warum haben Sie Fräulein Sherwin von der Hochschule in Ihrer Liste der Stadtintelligenz nicht genannt?«

      »Ich glaub', sie gehört eigentlich nicht dazu. Nach allem, was ich hör', ist sie überall dabei und überall hinterher, wo's nach Reform aussieht, viel mehr als die Leute glauben. Sie läßt Frau Reverend Warren, die Vorsitzende von dem Thanatopsisklub, glauben, daß sie alles leitet, aber der heimliche Boss ist Fräulein Sherwin, und sie plagt alle bequemen Damen, bis sie was tun. Aber so wie ich mir die Sache vorstell' – wissen Sie, ich halt' nichts von den feinen Reformen. Fräulein Sherwin will die Löcher in dem verfaulten Schiff von Stadt reparieren, indem sie recht fleißig Wasser ausschöpft, und Pollock will sie reparieren, indem er der Masse Gedichte vorliest! Ich, ich möcht' es aufs Dock raufbringen und den armseligen Trottel von Schuster rausschmeißen, der's so gebaut hat, daß es besoffene Fahrt macht, und dann möcht' ich's, richtig vom Kiel auf, neu bauen lassen.«

      »Ja – das – das wäre besser. Aber ich muß nach Haus laufen. Meine arme Nase ist fast ganz erfroren.«

      »Hören Sie, kommen Sie doch lieber rein, sich wärmen, und sehen Sie sich an, wie 'ne alte Junggesellenbude aussieht.«

      Sie warf zweifelnde Blicke auf ihn, auf die niedrige Hütte und den Hof, in dem Brennholz, verfaulte Bohlen und ein reifenloser Waschzuber herumlagen. Sie war etwas unruhig, aber Bjornstam gab ihr keine Gelegenheit, lange zu wählen … Er streckte den Arm mit einer willkommenheißenden Bewegung aus, die versicherte, daß sie ihre eigene Herrin, daß sie nicht eine wohlanständige Ehefrau, sondern ein ganzes Menschenwesen sei. Mit einem unsicheren: »Also, nur auf einen Augenblick, um mir die Nase zu wärmen«, blickte sie die Straße entlang, um sich davon zu überzeugen, daß sie nicht beobachtet wurde, und ging rasch in die Hütte.

      Sie blieb eine Stunde; sie hatte noch keinen rücksichtsvolleren Gastgeber kennengelernt als den »Roten Schweden«.

      Er hatte nur einen Raum: kahler Tannenfußboden, eine kleine Werkbank, eine Schlafnische mit einem erstaunlich nett gehaltenen Bett, eine Bratpfanne und ein Kaffeetopf auf einem Regal hinter dem dickbäuchigen Kanonenofen, Hinterwäldlerstühle – der eine war aus einem halben Faß zurechtgebaut, der andere aus einer alten Bohle – und eine Reihe unglaublich zusammengestellter Bücher: Byron und Tennyson und Stevenson, ein Handbuch für Gasmaschinen, ein Buch von Thorstein Vehlen und ein abgegriffener Band, »Pflege, Fütterung, Krankheiten und Aufzucht von Geflügel und Vieh«.

      Nur ein Bild war da – eine kolorierte Tafel aus einem Magazin mit einem Dörfchen steilgiebliger Häuser im Harz, dessen Anblick an Kobolde und goldblonde Jungfrauen denken ließ.

      Bjornstam machte keine Umstände mit ihr. Er schlug vor: »Sie können sich den Mantel aufmachen und die Füße auf die Kiste vor dem Ofen legen.« Er schleuderte seinen Hundefellmantel in die Nische, hockte sich auf den Faßstuhl und näselte:

      »Ja, wahrscheinlich bin ich ein ganz verkommenes Subjekt, aber, weiß Gott, ich bewahr' mir meine Unabhängigkeit durch meine Taglöhnerarbeit, und das ist mehr, als so geschliffene Bengel wie Bankangestellte zuwege bringen. Wenn ich mit irgend 'nem Affen grob bin, so kommt das vielleicht zum Teil daher, daß ich's nicht besser versteh' (und der Himmel weiß, daß ich nicht sehr viel davon versteh', wie man mit feinem Besteck umgeht und was für Hosen man zu 'nem Cutaway trägt), aber meistens geschieht's, weil ich damit was sagen will. Ich bin so ziemlich der einzige Mensch in der Johnson-Provinz, der den Köder in der Unabhängigkeitserklärung erkennt, daß Amerikaner angeblich das Recht haben auf ›Leben, Freiheit und Streben nach dem Glück‹.

      Einmal treff ich den alten Ezra Stowbody auf der Straße. Er sieht mich an, so als ob er mich dran erinnern möchte, daß er ein großmächtiges Tier und zweihunderttausend Dollar wert ist, und sagt: ›Äh, Bjornquist –‹

      ›Ich heiß' Bjornstam, Ezra‹, sag' ich. Er weiß recht gut, wie ich heiße.

      ›Na, wie Sie auch heißen,‹ sagt er, ›ich hab' gehört, daß Sie eine Gasolinsäge haben. Sie sollen mal zu mir rüberkommen und mir vier Klafter Ahorn sägen‹, sagt er.

      ›Also mein Gesicht gefällt Ihnen‹, sag' ich, 'n bißchen unschuldig.

      ›Darauf kommt's doch nicht an. Sägen Sie mir das Holz noch vor Sonnabend‹, sagt er, richtig scharf. 'n gewöhnlicher Arbeiter stellt sich her und wird mit 'ner Fünftelmillion Dollar, die in einem alten Pelzmantel rumgeht, frech!

      ›Ja, darauf kommt's aber an‹, sag' ich, nur um ihn zu piesacken. ›Woher wissen Sie denn, ob mir Ihr Gesicht gefällt?‹ Na, der hat vielleicht wild ausgesehen. ›Ne, ne, wenn ich mir's recht überleg', paßt mir Ihr Kreditgesuch nicht. Gehen Sie damit zu 'ner anderen Bank. Bloß gibt's keine‹, sag' ich und laß ihn stehen.

      Freilich. Wahrscheinlich war's ekelhaft und dumm. Aber ich hab' mir gedacht, es СКАЧАТЬ