Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
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Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

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СКАЧАТЬ werden! Was ist Liebe – die göttliche Liebe, meine ich, nicht die fleischliche, sondern die göttliche Liebe, wie sie von der Kirche gelehrt wird? Was ist –«

      »Hören Sie!« protestierte der Gottloseste von den elf. »Sie sollten sich nicht über die Kirche lustig machen, mein ich. Ich selber geh' ja nie in die Kirche, aber vielleicht war' ich 'n besserer Mensch, wenn ich's täte, und auf jeden Fall hab' ich Respekt vor den Leuten, die in die Kirche gehen, und meine Kleinen schick' ich in die Sonntagsschule. Gott verdammt noch einmal, und ob!«

      »Teufel, ich mach' mich nicht über die Kirche lustig«, protestierte Elmer.

      »Teufel, er macht sich nicht über die Kirche lustig. Er verhohnepipelt nur die Prediger«, versicherte Ad Locust. »Prediger sind genau so gewöhnliche Menschen wie wir auch.«

      »Freilich; Prediger können fluchen und lieben genau so wie jeder andere. Ich weiß Bescheid! Was sie alles ausfressen, während sie so tun, als ob sie anders wären,« sagte Elmer in traurigem Ton, »davor würde Ihnen grausen, meine Herren, wenn Sie es wüßten.«

      »Also, auf jeden Fall bin ich der Ansicht, daß Sie sich nicht über die Kirche lustig machen sollten.«

      »Teufel, er macht sich nicht lustig über die Kirche.«

      »Natürlich, ich mach' mich nicht lustig über die Kirche. Aber laßt mich doch mit meiner Predigt zu Ende kommen.«

      »Natürlich, laßt ihn mit seiner Predigt zu Ende kommen.«

      »Wo war ich? … Was ist Liebe? Sie ist der Abend- und der Morgenstern – diese ungeheuren Himmelskörper, die während ihrer Fahrt durch die purpurnen Abgründe des riesigen Firmaments in ihrem goldenen Glanz die Verheißung bergen auf höhere und schönere Dinge, die – die – na, sagt mal, ihr gescheiten Affenschwänze, würd' ich 'nen großartigen Prediger abgeben oder nicht?«

      Der Beifall war derartig, daß der Mixer kam und sie düster betrachtete; und Elmer mußte mit allen trinken. Das heißt, er trank mit vieren von ihnen.

      Doch er war außer Übung. Außerdem hatte er zu Mittag nichts gegessen.

      Er wurde kreideweiß; Schweiß stand auf seiner Stirn und in zwei Tropfenreihen auf seiner Oberlippe, seine Augen wurden plötzlich leer.

      Ad Locust schrie: »Paßt auf! Elm macht schlapp!«

      Sie führten ihn hinauf in Ads Zimmer, auf jeder Seite stützte ihn ein Mann, und einer schob von hinten nach, gerade bevor er bewußtlos umfiel, und diesen ganzen Nachmittag, an dem er mit dem Flowerdale-Baptisten-Ausschuß hätte zusammenkommen sollen, schnarchte er auf Ads Bett, bis auf die Schuhe und den Rock völlig angezogen. Um sechs Uhr kam er zu sich, als Ad sich besorgt über ihn beugte.

      »Gott, ist mir schrecklich!« ächzte Elmer.

      »Hier. Was Sie brauchen, ist ein ordentlicher Schluck.«

      »Ach du lieber Gott, ich darf nichts mehr trinken,« sagte Elmer, danach greifend. Seine Hand zitterte so, daß Ad genötigt war, ihm das Glas an den Mund zu halten. Er wußte, daß er Diakon Eversley sofort anrufen mußte. Nach zwei weiteren Schlucken fühlte er sich besser, seine Hand wurde fest. Die Pequotleute begannen hereinzukommen und redeten vom Dinner. Er verschob sein Telephongespräch mit Eversley bis nach dem Dinner; er verschob es weiter; dann fand er sich, um zehn Uhr morgens am Ostersonntag, bei einem völlig fremden jungen Weib in einer völlig fremden Wohnung und hörte Ad Locust im Nebenzimmer singen: »Hab' ich 'nen Durst.«

      Elmer bereute und stöhnte fleißig vor seinem ersten Morgentrunk, dann tröstete er sich: »Herr Gott, jetzt kann ich unmöglich in diese Kirche. Na, ich werd' dem Ausschuß erzählen, daß ich krank war. He, Ad! Wie sind wir bloß daher gekommen? Können wir in dem Loch irgendwas zum Frühstück kriegen?«

      Er trank zwei Flaschen Bier, sprach voller Güte mit der jungen Dame im Kimono und den roten Pantoffeln und kam sich im ganzen wie ein Prachtkerl vor. Mit Ad, denjenigen von den Elf, die noch nicht tot waren, und einem Häufchen kreischender junger Damen fuhr er am Ostersonntag nachmittag zu einem Tanzlokal am See hinaus, dann kehrten sie wieder zu Hummern und Lustbarkeiten nach Monarch zurück.

      »Jetzt ist aber Schluß damit. Morgen früh mach' ich mich an die Arbeit, such' den Eversley auf und verabred' alles«, gelobte sich Elmer.

      4

      Um jene Zeit waren Ferngespräche noch ungewöhnliche Ereignisse, doch Eversley, Diakon und Rechtsanwalt, war ein rühriger Mensch. Als der neue Prediger am Sonnabend bis sechs Uhr nachmittag nicht erschienen war, telephonierte Eversley nach Babylon, wartete, bis Dekan Trosper dort an die Zentrale gerufen wurde, und sprach in merklicher Erregung über das Fehlen des geistlichen Angestellten.

      »Ich werde Ihnen Bruder Hudkins schicken – einen ausgezeichneten Prediger, der jetzt hier lebt, pensioniert. Er wird mit dem Mitternachtszug fahren«, sagte Dekan Trosper.

      Zu Mr. Hudkins sagte der Dekan: »Und sehen Sie sich auch um, schauen Sie, ob Sie irgend was über Bruder Gantry in Erfahrung bringen können. Ich mach' mir Sorgen um ihn. Der arme Junge war ganz einfach wie erschlagen wegen einer höchst unglückseligen Privatsache … anscheinend.«

      Nun hatte Mr. Hudkins einige Jahre lang eine Mission in der South Clark Street in Chicago geführt und wußte allerlei von unheiligen Dingen. Er hatte Elmer Gantry bei Vorlesungen in Mizpah gesehen. Als er mit der Ostermorgenandacht in Monarch fertig war, ging er nicht nur auf die Polizei und in Spitäler, sondern unternahm auch eine Runde durch die Hotels, Restaurants und Bars. So kam es, daß Elmer, während er fröhlich Hummern mit kalifornischem Rotwein herunterspülte, hier und da pausierte, um die Blondine an seiner Seite zu küssen und (auf Verlangen) seinen Trinkspruch zu wiederholen, vom Reverend Mr. Hudkins, der die angenehme Rolle des Racheengels spielte, von der Cafétür aus beobachtet wurde.

      5

      Als Elmer Montag vormittag Eversley anrief, um von seiner Krankheit zu erzählen, fauchte der Diakon: »Ist gut. Ich hab' schon jemand anderen.«

      »Ja, aber, hören Sie doch, Dekan Trosper dachte, Sie und der Ausschuß könnten vielleicht über eine halbständige Vereinbarung mit mir sprechen –«

      »Nein, nein, nein.«

      Wieder in Babylon, ging Elmer sofort ins Bureau des Dekans.

      Ein Blick auf dessen Miene genügte.

      Der Dekan beschloß eine zweiminütliche fließende Ansprache mit den Worten:

      »Der Lehrkörper ist heute früh zusammengetreten, Sie sind aus Mizpah relegiert. Selbstverständlich bleiben Sie ordinierter Baptistengeistlicher. Ich könnte von Ihrer Heimatgemeinde erreichen, daß Ihre Vollmachten anulliert werden, aber es würde ihnen großen Kummer bereiten, zu erfahren, bei was für einem verlogenen Ungeheuer sie Gevatter gestanden sind. Außerdem möchte ich Mizaph nicht in einen derartigen Skandal verwickeln. Aber wenn ich jemals hören sollte, daß Sie eine Baptistenkanzel besteigen, werd' ich Sie entlarven. Ich glaube ja nicht, daß Sie Verstand genug haben, um Saloonwirt zu werden, aber Sie könnten einen einigermaßen guten Mixer abgeben. Ihre Strafe will ich Ihren Mitternachtsgedanken überlassen.«

      Elmer winselte: »Sie hätten nicht – Sie hätten nicht so mit mir sprechen dürfen! Heißt es nicht in der Bibel, du sollst siebenzig mal siebenmal vergeben СКАЧАТЬ