Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
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Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

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СКАЧАТЬ aus die Rettungsleine«, mit dem dazu gehörigen Bild: ein Wrack, von der Brandung, die das Präriekind sich hundert Fuß hoch vorstellte, in der Dunkelheit zertrümmert. »Vorwärts, christliche Soldaten«, zu dem man mit den Füßen stampfen konnte, ohne dafür getadelt zu werden.

      Sonntagsschul-Picknicke! Limonade, Wettlaufen auf allen vieren, Fahrten auf dem Leiterwagen, das Singen von »Mit Nelly auf dem Heimweg«.

      Die Sonntagsschulkarten mit den Bibelstellen! Wohl, sie wurden hauptsächlich zum Spielen verwendet, aber da Elmer das Spiel meistens gewann (er war der erste Junge in Paris, der zwei echte falsche Würfel besaß), hatte er eine ganze Menge davon in seiner Sammlung; sie erweckten in ihm eine Vorliebe für geschmacklose Kleider, für Marmorsäulen und purpurverzierte Königspaläste, was ihm noch sehr zustatten kommen sollte: es fiel ihm später nicht schwer, in den prächtigeren Lasterheimen schnell heimisch zu werden. Die drei Könige, die Körbchen aus Rubin und Sardonyx trugen. König Zedekia in Gold und Scharlach, der auf einem saphirblauen Teppich kniete, während seine Gewappneten blutbefleckt herangesprengt kamen, rotes Blut auf schimmerndem Stahl, mit Nachrichten von dem Heer unter Nebukadnezars, des babylonischen großen Königs, Bannern. Und in seinem ganzen Leben mußte Elmer in Augenblicken der Inbrunst, während Gebetsübungen in riesigen Kirchen, beim Sonnenuntergang am Meer, an einen schwarzbärtigen David denken, der vor wilden roten Klippen stand – eine heroische Gestalt, die zu Ehrgeiz, Macht und Herrschaft aufforderte.

      Weihnachtsabend in der Sonntagsschule! Die Freuden, offiziell bis halbzehn aufzubleiben. Der Baum, unglaublich groß, ebenso unglaublich leicht in Brand geratend, der von Silberschnüren, Silbersternen und Schnee aus Watte funkelte. Die beiden runden Öfen, rotglühend. Lichter und Lichter und Lichter. Ganze Eimer voll Backwerk, und für jedes Schulkind ein Geschenk – gewöhnlich ein Buch, sehr hübsch, mit kolorierten Bildern von Lämmern und feuerspeienden Bergen. Der Weihnachtsmann – es konnte unmöglich Lorenzo Nickerson, der Anstreicher, sein, so bärtig war er, so rotbackig und so geistreich in seinen Bemerkungen über jedes einzelne Kind, das nach vorn marschierte, um sich sein Geschenk zu holen. Das einfach zauberhafte Entzücken, wenn das Damenquartett von den Schäfern sang, die nachts ihre Herden hüteten … auf braunen, einsamen Bergspitzen unter einem ungeheuren Stern.

      Und der entsetzliche Morgen, an dem der Prediger selbst, Rev. Wilson Hinckley Skaggs, Elmer auf den Stufen beim Spielen um Sonntagsschul-Pfennige erwischte, ihn, einen scharfen und nicht sehr sauberen geistlichen Daumennagel in sein Ohrläppchen bohrend, durch das Schiff hinaufführte und dem Gelächter aller preisgab.

      Und die anderen, nicht ständigen Prediger: Bruder Organdy, der einen holte, um sich das Holz umsonst sägen zu lassen; Bruder Blunt, der sich hinter Schuppen schlich, um einen am Abend vor Allerheiligen zu erwischen; Bruder Ingle, der frommen Eifer zeigte, aber jung und wirklich menschlich war und einem Pfeifen aus Weidenzweigen machte.

      Und der Morgen, als Elmer hinter der Orgel einen Wecker versteckt hatte, der herrlich losging, gerade als der Aufsichtshabende (Dr. Prouty, der Dentist) säuselte: »Jetzt wollen wir alle ganz besonders still sein, während Schwester Holbrick vorbetet.«

      Und immer die drei Stühle, die hinter der Kanzel standen, die einschüchternden, steifen Stühle mit gelbem Plüsch und geschnitzten Eichenverzierungen, die, wie er voll unbehaglicher Scheu überzeugt war, auf den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist warteten.

      Er hatte tatsächlich alles von der Kirche und der Sonntagsschule bekommen, nur eines vielleicht nicht, den Wunsch nach Reinheit, Güte und Einsicht.

      2

      Selbst wenn Elmer die Kirche nicht schon lange gekannt hätte, wäre er ihr durch seine Mutter zugeführt worden. Außer seiner Freundschaft mit Jim Lefferts hatte Elmer nur eine einzige wahre Zuneigung: zu seiner Mutter, und diese gehörte der Kirche.

      Sie war eine kleine, energische, herumnörgelnde, aber freundliche Frau, einst leidenschaftlicher Zärtlichkeit, jetzt aber leidenschaftlichem Beten ergeben, die einen außerordentlichen Mut besaß. Von Logan Gantry, Futtermittel-, Mehl-, Holz- und Ackergeräthändler, einem großen, liebenswürdigen Mann, der gern Schulden machte und Whisky trank, früh als Witwe zurückgelassen, hatte sie sich und Elmer durch Nähen, Hutgarnieren, Brotbacken und Milchverkaufen erhalten. Jetzt besaß sie ihre eigene Putz- und Kleiderwerkstatt, klein und finster, aber voll Stolz in der Hauptstraße errichtet, und war in der Lage, Elmer die dreihundert Dollars jährlich zu geben, die im Verein mit seinem Sommerverdienst bei der Ernte und auf dem Holzplatz genügten, um ihn zu ernähren – in Terwillinger, im Jahre 1902.

      Sie hatte immer gewünscht, daß Elmer Prediger würde. Sie war ganz munter und zählte die Pfennige beim Wechseln nicht mit törichter Genauigkeit, aber vor einem Prediger, der im langen Rock auf der Tribüne stand, empfand sie atemlose Scheu.

      Elmer war seit seinem sechzehnten Lebensjahr ein gut beleumundetes Glied der Baptistenkirche gewesen er war höchst befriedigend durch Untertauchen im Kayooska River getauft worden. Der Evangelist war ein kräftiger Mann gewesen und hatte Elmer trotz dessen Größe nicht nur untergetaucht, sondern in heiliger Begeisterung unter Wasser gehalten, so daß er spuckend wieder heraufgekommen war, im Zustand der Gnade und Verdrecktheit. Er war auch öfters gerettet worden, und einmal, als er Lungenentzündung hatte, waren der Pastor und alle besuchenden Damen der Meinung gewesen, er nähme schnell an Gnade zu.

      Doch dem Wunsch seiner Mutter, daß er Prediger werden sollte, hatte er Widerstand entgegengesetzt. Er hätte seine unterhaltsamen Laster aufgeben müssen, und in großäugiger und keuchender Glückseligkeit entdeckte er alljährlich mehr davon. Und dann empfand er auch ein schwerfälliges Unbehagen und schämte sich, sooft er vor seinen kichernden Kameraden in Paris aufzustehen und fromm zu erscheinen versuchte.

      Selbst noch in seiner Collegezeit war es schwer für ihn, seiner Mutter nicht nachzugeben. Sie reichte ihm zwar nur bis an die Achsel, aber ihr geschäftiger Eifer, ihre gelenkige Zungenfertigkeit und der Heroismus, mit dem sie seit so langer Zeit für ihn sorgte, hatten solchen Einfluß auf ihn, daß er sich vor ihr fürchtete, wie er sich vor Jim Lefferts' Spott fürchtete. Er brachte es nie über sich, ihr ehrlich seine Ungläubigkeit einzugestehen, sondern knurrte immer nur: »Ach, sieh mal. Ma, ich weiß nicht. Das Dumme ist, daß man mit dem Predigen nicht viel Geld verdient. Sieh mal, 's hat ja keine Eile. Ich muß mich ja noch nicht entscheiden.«

      Und jetzt wußte sie, daß er wahrscheinlich Anwalt werden würde. Nun, das war nicht das Schlechteste, dachte sie; er könnte eines Tages in den Kongreß kommen und die ganze Nation reformieren, bis sie ein wohlgefälliges Ebenbild Kansas' wäre. Aber wenn er nur der Mysterien hätte teilhaftig werden können, die den Abendmahlstisch umschweben –

      Sie hatte mit Eddie Fislinger über ihn gesprochen. Eddie kam aus einer Stadt, die zwölf Meilen von Paris entfernt war. Obgleich noch Jahre vergehen konnten, bis er schließlich zum Geistlichen ordiniert sein würde, war Eddie schon in seinem zweiten Jahr im Terwillinger von seiner Heimatgemeinde zum Predigen zugelassen worden, und eines Sommers hatte er allen Ernstes einen Monat lang (während Elmer draußen bei der Ernte war oder beim Baden, oder Obstgärten plünderte) auf der Baptistenkanzel in Paris Dienst gemacht.

      Mrs. Gantry konsultierte ihn, und Eddie belehrte sie mit der ganzen Würde eines Neunzehnjährigen.

      Oh ja, Bruder Elmer wäre ein prächtiger junger Mann – so stark – sie alle bewunderten ihn – ein wenig zu sehr von den eitlen Freuden dieser Welt versucht, doch das hätte seinen Grund darin, daß er jung wäre. Oh ja, eines Tages würde Elmer sich die Hörner abgelaufen haben und ein guter christlicher Gatte, Vater und Geschäftsmann sein. Aber, was den geistlichen Dienst anlangte – nein. Mrs. Gantry dürfte sich nicht zu sehr um diese Mysterien kümmern. Das hinge von Gott ab. Man müßte seinen Ruf bekommen, bevor man die Berufung zum geistlichen Dienst in sich fühlte, СКАЧАТЬ