Название: PLATON - Gesammelte Werke
Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4066338120939
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Theaitetos: Gesagt werde dies zwar; aber ich bin nun schon ganz bedenklich, weil er uns als so vieles erschienen ist, was man denn nun, wenn man es ernsthaft meint und behauptet, sagen soll, daß der Sophist in Wahrheit sei.
Fremder: Mit Recht bist du bedenklich. Aber auch jenem, muß man glauben, sei es nun schon ganz bedenklich, wohinaus er wohl unserer Untersuchung entkommen wolle. Denn richtig ist das Sprüchwort Vielen ist nicht leicht ausweichen; jetzt also müssen wir ihm erst am meisten zusetzen.
Theaitetos: Wohl gesprochen.
Fremder: Zuerst laß uns etwas stillstehn und ausruhen, und laß uns bei uns selbst zusammenrechnen indem wir ausruhen, als wie vielerlei uns der Sophist erschienen ist. Ich glaube zuerst wurde er gefunden als reicher Jünglinge wohlbelohnter Nachsteller.
Theaitetos: Ja.
Fremder: Zweitens war er ein Großhändler für die Seele vorzüglich mit Kenntnissen.
Theaitetos: Richtig.
Fremder: Und zeigte er sich nicht drittens als ein Krämer mit eben diesen?
Theaitetos: Ja, und viertens war er uns doch ein Eigenhändler mit Kenntnissen.
Fremder: Richtig erinnert. Das fünfte will ich versuchen anzuführen. Aus der Kampfgeschicklichkeit wurde er nämlich als ein Kunstfechter im Streitgespräch abgesondert.
Theaitetos: Das war er.
Fremder: Das sechste war freilich zweifelhaft; doch haben wir es ihm eingeräumt, und sagen er sei der von Meinungen, welche in der Seele den Kenntnissen im Wege stehn, reiniget.
Theaitetos: Auf alle Weise.
Fremder: Merkst du nun nicht, daß wenn einer als vieler (232) Dinge kundig sich zeigt, und doch nur mit dem Namen Einer Kunst benannt wird, dies nicht kann eine gesunde Vorstellung sein, sondern daß offenbar der dem dies mit einer Kunst begegnet dasjenige an ihr nicht zu entdecken weiß, worauf alle jene verschiedenen Kenntnisse abzwecken, weshalb er auch mit vielen Namen statt eines den der sie besitzt benennt?
Theaitetos: Hiemit mag es wohl diese Bewandtnis eigentlich haben.
Fremder: Nicht also soll uns dies bei unserer Untersuchung aus Trägheit begegnen; sondern laß uns zuerst etwas von dem über den Sophisten gesagten wieder aufnehmen, denn eines hat mir eingeleuchtet als ganz vorzüglich ihn bezeichnend.
Theaitetos: Welches denn?
Fremder: Wir sagen doch, er sei ein Künstler im Streitgespräch.
Theaitetos: Ja.
Fremder: Nicht auch daß er eben hierin ein Lehrer werde für Andere?
Theaitetos: Unbedenklich.
Fremder: So laß uns denn sehen, worin denn solche Leute sich rühmen Andere streitbar zu machen im Gespräch. Unsere Untersuchung gehe aber von Anfang an so. Zuerst über göttliche Dinge, wie sie den Meisten verborgen sind, setzen sie sie doch in Stand sich zu streiten?
Theaitetos: Gesagt wird das ja von ihnen.
Fremder: Und was offenbar ist auf der Erde und am Himmel, auch darüber?
Theaitetos: Allerdings.
Fremder: Aber auch in geselligen Versammlungen, wenn vom Werden und Sein im Allgemeinen gesprochen wird, wissen wir doch daß sie selbst gewaltig sind im Widersprechen, und daß sie auch die Andern tüchtig machen in dem was sie selbst sind.
Theaitetos: Auf alle Weise.
Fremder: Und über Gesetze und alle Staatsangelegenheiten versprechen sie nicht sie streitbar zu machen?
Theaitetos: Niemand würde ja wohl, daß ich es gerade heraussage, mit ihnen reden, wenn sie dies nicht versprächen.
Fremder: Und wiederum in allen und jeden einzelnen Künsten, wie man jedem Meister darin widersprechen muß, das liegt öffentlich bekannt gemacht und niedergeschrieben da, für jeden der es lernen will.
Theaitetos: Du meinst wohl die Protagoreischen Sachen über das Ringen und die andern Künste.
Fremder: Und ähnliches, o Trefflicher, von vielen Andern. Aber scheint nun nicht diese Kunst des Widerspruchs im Allgemeinen über Alles hinreichendes Geschick zu besitzen zum Streit?
Theaitetos: Man sieht ja fast nicht daß sie etwas übrig ließe.
Fremder: Du aber Kind, bei den Göttern, hältst du das für möglich? denn vielleicht seht ihr Jüngeren hierin schärfer und wir stumpfer!
(233) Theaitetos: Was doch, und worin meinst du? Denn ich verstehe noch nicht was du jetzt fragst.
Fremder: Ob es wohl möglich ist, daß irgend ein Mensch alles weiß.
Theaitetos: Glückselig, o Fremdling, wäre dann unser Geschlecht.
Fremder: Wie könnte also wohl je im Widerspruch gegen den Kundigen ein selbst Unkundiger etwas Gesundes vorbringen?
Theaitetos: Auf keine Weise.
Fremder: Was wäre also eigentlich das Geheimnis in diesem sophistischen Kunststück?
Theaitetos: In welchem doch?
Fremder: Auf welche Weise sie wohl im Stande sind den Jünglingen die Meinung beizubringen, daß in allen Dingen unter Allen sie die kundigsten wären? Denn offenbar, wenn sie weder bündig widersprächen, noch jenen es zu tun schienen, oder auch wenn sie es schienen, aber wegen dieses Streitens um nichts mehr für weise gehalten würden: dann könnten sie, wie du vorher sagtest, warten bis ihnen jemand Geld gäbe um eben hierin ihr Schüler zu werden.
Theaitetos: Gewiß, sie könnten warten.
Fremder: Nun aber werden sie es doch?
Theaitetos: Gar sehr.
Fremder: Also haben sie, denke ich, den Schein dessen kundig zu sein worüber sie sich streiten?
Theaitetos: Wie sollten sie nicht!
Fremder: Sie tun das aber über alles. Sagen wir so?
Theaitetos: Ja wohl.
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