Название: PLATON - Gesammelte Werke
Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4066338120939
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Fremder: Für den Leib gibt es doch dieser zwei Zustände wegen zwei gewisse Künste?
Theaitetos: Welche sind diese?
Fremder: Für die Häßlichkeit die Gymnastik, für die Krankheit die Heilkunst.
(229) Theaitetos: Offenbar.
Fremder: So ist auch wohl für Üppigkeit, Ungerechtigkeit und Feigheit unter allen Künsten die angemessenste die bändigende Kunst der Rechtsverwaltung.
Theaitetos: Wahrscheinlich ist es, wenigstens menschlichem Urteil nach.
Fremder: Wie aber für den sämtlichen Unverstand könnte man wohl eine andere richtiger nennen als die belehrende?
Theaitetos: Keine.
Fremder: Wohl denn! ob wir sagen sollen, daß es nur eine Art der Belehrung gebe oder mehrere, und vornehmlich zwei wichtigste, das erwäge.
Theaitetos: Ich erwäge.
Fremder: Und ich denke, so werden wir es am schnellsten finden.
Theaitetos: Wie?
Fremder: Wenn wir den Unverstand betrachten, ob er selbst etwa einen Einschnitt in der Mitte hat. Denn wenn er zwiefach ist, wird offenbar die Belehrung auch zwei Teile haben müssen, für jede Art von jenem einen.
Theaitetos: Wie also? zeigt sich dir etwa schon was wir jetzt suchen?
Fremder: Ich glaube eine sehr große und bedeutende Art des Unverstandes abgesondert zu sehen, welche allen andern Teilen derselben das Gleichgewicht hält.
Theaitetos: Was für eine?
Fremder: Wenn was man nicht weiß man glaubt zu wissen; woraus wohl Alles was unserer Seele mißlingt Allen entstehn mag.
Theaitetos: Richtig.
Fremder: Und diese Art des Unverstandes, denke ich, wird allein Torheit genannt.
Theaitetos: Freilich.
Fremder: Wie nun sollen wir den hievon uns befreienden Teil der Belehrung benennen?
Theaitetos: Ich denke wenigstens, o Fremdling, daß das übrige nur lehren im Sinne der Handwerker ist, dieses aber, hier wenigstens unter uns, eigentlich Unterweisung genannt wird.
Fremder: Auch wohl bei allen Hellenen, o Theaitetos. Aber uns ist noch nachzusehn, ob nun schon alles unteilbar ist, oder ob es noch eine Einteilung gibt, welche genannt zu werden verdient.
Theaitetos: So laß uns denn zusehn.
Fremder: Mir scheint auch dies noch wie gespalten zu sein.
Theaitetos: Wie denn?
Fremder: Es scheint in der Belehrung durch Reden Ein Weg rauher zu sein, der andere glatter.
Theaitetos: Welches soll jeder von beiden sein?
Fremder: Der eine ist die altväterliche Weise, wie sie mit ihren Söhnen sonst umgingen, Viele auch noch mit ihnen umgehn, wenn sie in etwas fehlen, bald sie heftig anlassend, bald wieder ihnen sanftmütiger zusprechend; das Ganze nennt man am füglichsten das Ermahnen.
(230) Theaitetos: Ich verstehe.
Fremder: Der andere aber, da Viele die es sich recht überlegt haben zu glauben scheinen, daß alle Torheit unwillkürlich wäre, und daß keiner darin, worin er schon stark zu sein glaubte, noch etwas würde lernen wollen, und nach vieler Arbeit die ermahnende Art der Unterweisung doch nicht viel ausrichten würde.
Theaitetos: Woran sie auch wohl ganz recht glaubten.
Fremder: So schicken sie sich denn zur Vertilgung dieser Meinung auf eine andere Weise an.
Theaitetos: Auf welche doch?
Fremder: Sie fragen sie aus in dem worüber Einer etwas rechtes zu sagen glaubt, der doch nichts sagt. Dabei forschen sie der unsicher Schwankenden Meinungen leichtlich aus, welche sie dann in der Rede zusammenbringen und neben einander stellen, durch diese Zusammenstellung selbst zeigend, daß sie eine der andern zugleich über dieselben Gegenstände in denselben Beziehungen nach demselben Sinne widersprechen. Jene nun, wenn sie dies wahrnehmen, werden unwillig gegen sich und milder gegen die Andern, und auf diese Weise ihrer hohen und hartnäckigen Vorstellungen von sich selbst entledigt, welches die erfreulichste aller Erledigungen ist für den der er mit anhört, und dem welchem sie begegnet die zuverlässigste. Denn, lieber Sohn, die Reinigenden glaubend, so wie die Ärzte des Leibes der Meinung sind, der Leib könne die ihm beigebrachte Nahrung nicht eher nutzen bis jemand die Hindernisse in ihm selbst weggeschafft habe, denken eben so dasselbe von der Seele, daß sie nicht eher von den ihr beigebrachten Kenntnissen Vorteil haben könne bis durch prüfende Zurechtweisung Einer den zurechtzuweisenden zur Scham bringt, die den Kenntnissen im Wege stehenden Meinungen ihm benimmt, und ihn rein darstellt, nur was er wirklich weiß zu wissen glaubend, mehr aber nicht.
Theaitetos: Die vorzüglichste wenigstens und weiseste Gemütsbeschaffenheit ist diese.
Fremder: Deshalb nun, Theaitetos, müssen wir auch sagen, daß die prüfende Zurechtweisung die herrlichste und vortrefflichste aller Reinigungen ist, und müssen den ungeprüften, wenn er auch der große König wäre, für höchst unrein halten, und daß er ungebildet und häßlich gerade da ist, wo wer wahrhaft glückselig sein will am reinsten und schönsten sein muß.
Theaitetos: Auf alle Weise.
Fremder: Wie nun? die diese Kunst ausüben, wie sollen wir die nennen? denn ich fürchte mich noch sie Sophisten zu nennen.
Theaitetos: Wie so?
(231) Fremder: Damit wir ihnen nicht zu große Ehre erweisen.
Theaitetos: Aber das eben gesagte gleicht doch einem solchen ziemlich.
Fremder: Auch dem Hunde der Wolf, das wildeste dem zahmsten. Der vorsichtige aber muß sich am meisten mit den Ähnlichkeiten in Acht nehmen; denn es ist eine gar zu gefährliche Art. Dennoch mögen sie es sein. Denn um kleiner Bestimmungen willen, denke ich, wird sich der Streit nicht entspinnen, wenn man sie nur recht in Acht nimmt.
Theaitetos: Nein, sollte man denken.
Fremder: So sei denn ein Teil der sondernden Kunst die СКАЧАТЬ