Traumfänger. Jason Brügger
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Название: Traumfänger

Автор: Jason Brügger

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783906287546

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СКАЧАТЬ Reaktionen meiner Eltern und Geschwister aus. Wie würden sie reagieren? Eigentlich schätzte ich sie recht offen ein und dachte mir, dass sie das einfach so akzeptieren würden – ja, etwas naiv von mir. Und ich hatte mich damit auch ziemlich getäuscht, wie ich dann realisierte.

      Ich passte also den richtigen Moment ab, der an einem Wochenende nach den Sommerferien kam. Zusammen mit meiner Mutter saß ich auf dem Sofa und wir schauten einen schrecklichen Horrorfilm – ob dies der richtige Zeitpunkt war? Jedenfalls fiel ihr auf, dass ich ständig an meinem Handy war und Nachrichten verschickte.

      «Hast du eine Freundin oder einen Freund?», wollte sie da plötzlich wissen.

      «Ja, wäre es denn schlimm für dich, wenn es tatsächlich ein Freund wäre?», entgegnete ich.

      «Nein. Ist es denn so?»

      «Ja, ich bin schwul.»

      Nach dieser Neuigkeit brauchte meine Mutter erst einmal eine Zigarette. Wir schauten den Film an jenem Abend nicht mehr zu Ende, denn sie verließ kurz darauf das Haus und fuhr zu meinem Vater, der hauptberuflich als Feuerwehrmann arbeitete und deshalb oft auch abends und am Wochenende Bereitschaftsdienst hatte. Meine Eltern hofften inständig, dass ich doch noch einer jungen, hübschen Frau begegnen würde, die meine Gefühle von der Homo- in die Heterosexualität hätte polen können. Ja, sie hatten schon Mühe mit der Tatsache, dass ihr sechzehnjähriger Sohn einen anderen Jungen liebte. Und sie fragten sich auch: «Was kommt jetzt wieder auf uns zu?», und konfrontierten mich mit ihrer Angst, dass ich nun wieder zu einem Außenseiter werden könnte. Denn sie wünschten sich eigentlich nichts sehnlicher, als mich glücklich zu sehen. Dies zu akzeptieren, brauchte Zeit. In dieser Zeit traf ich meinen Freund heimlich, bis zum elterlichen Verbot, ihn wiederzusehen. Das war schwer für mich. Wie hätte ich mir gewünscht, dass durch mein Outing mein Leben einfacher werden würde und meine Eltern mir in diesem Moment das nötige Verständnis und Mitgefühl geschenkt hätten.

      Trotzdem weihte ich Schritt für Schritt alle ein. Keiner meiner gleichaltrigen Freunde hatte ein Problem damit. Warum muss man sich so viele Gedanken machen, wenn man realisiert, anders zu sein als die große Masse? Meine Schwester Stephanie erfuhr es durch meine Eltern, und meinen jüngeren Brüdern schrieb ich einige Monate später einen Brief aus Kanada.

      Dass sich meine Eltern kurze Zeit darauf trennten, machte mir schwer zu schaffen, weil ich fürchtete, der Auslöser gewesen zu sein. Ich fühlte mich irgendwie schuldig, als mein Vater in eine andere Wohnung zog. Es war ein schweres halbes Jahr, in dem viele Probleme totgeschwiegen wurden. Aber wahrscheinlich brauchte es einfach diese Zeit, denn irgendetwas veränderte sich bei meinen Eltern. Mein Vater zog danach wieder daheim ein und ich erlebte die beiden nun nicht mehr als Gegner, sondern als Partner, die von nun an am gleichen Strick ziehen wollten, um mit mir diesen Weg zu gehen und zu akzeptieren, wie ich bin, und mich zu hundert Prozent zu unterstützen. Manchmal braucht es eben etwas Zeit.

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