Traumfänger. Jason Brügger
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Название: Traumfänger

Автор: Jason Brügger

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783906287546

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СКАЧАТЬ steckte eine richtige Wissenschaft, die mich faszinierte. Ja, ich weiß, irgendwie war ich schon ein kleiner Freak. Ich telefonierte und belieferte etwa fünf Jahre lang praktisch alle Zoohandlungen in der Umgebung und besserte dadurch mein Taschengeld auf. Pro Hamster verdiente ich nämlich zwei Franken.

      Einmal passierte beinahe ein Unfall während einer Lieferung. Mein Vater fuhr uns, eine Kollegin, mich und die kleinen Hamster, zur nächsten Zoohandlung. Aus Jux nahm die Kollegin ein kleines Pelztier aus der Schachtel, hielt es meinem Vater ans Ohr und konnte nicht ahnen, dass er sich vor meinen geliebten Hamstern etwas ekelte. Er erschrak furchtbar und fuhr uns fast in den Straßengraben. Wir kamen jedoch glimpflich davon. Diese Kollegin ist auch heute noch als «Nicole, der Hamsterschreck» bei uns bekannt.

      Durch meine Hamsterzucht konnte ich meiner Familie zeigen, dass ich Verantwortung übernehmen konnte. Ich war nicht nur im Zirkus geschickt, sondern bewies, dass ich auch sonst ein ideenreiches Kind war. Diese lustige Geschichte erzähle ich heute noch gerne.

       Drei weiße Federn

      Ein anderes Tier muss an dieser Stelle natürlich auch noch erwähnt werden: «Tigerli», mein Kuscheltier, eine Art Raubkatze, ähnlich ein Panther, jedoch nicht schwarz. Ganz einfach mein «Tigerli», den ich zur Geburt von meinem Patenonkel geschenkt bekommen hatte und der mich bis zu meinem zwölften Lebensjahr überallhin begleiten durfte und dadurch aus manch misslichen Situation gerettet werden wollte: Einmal fiel er mir im Zoo einen Abhang runter, mitten in ein Feld von Brennnesseln. Ja, und dann war es mein Vater, der mein Kuscheltier rettete und sich an dem miesen Unkraut verbrannte.

      Irgendwann habe ich «Tigerli» leider verloren. Vielleicht war es in der Zeit, als ich spürte, viel Gutes in mir zu haben, als ich selbstbewusster wurde, nicht mehr an Äußerlichem Halt suchte, sondern dieses Vertrauen in mir fand. Mein Patenonkel hatte wohl intuitiv ganz zu Anfang schon gewusst, was mir guttat und was ich brauchte. Das blieb auch im späteren Leben so. Noch heute pflege ich zu ihm, wie auch zu meiner lieben Patentante, ein herzliches Verhältnis. Ehrliche und liebenswerte Familienbande sind mir sehr viel wert.

      Einer der wenigen Gegenstände, der mir heute noch sehr wichtig ist, hängt über meinem Bett: ein feiner, hölzerner Weidereifen, in den ein spinnennetzartiges Geflecht aus Garn eingearbeitet wurde. In der Mitte thront eine glänzende Perle. Am Reifen baumeln drei weiße Federn. Das ist er, mein Traumfänger. Er hilft mir, meine Herzensträume einzufangen. Wenn ich dann nachts im Bett liege, an die Decke schaue und im Mondlicht beobachte, wie sich die Federn sanft im Wind des offenen Fensters bewegen, spüre ich: er lebt. Genauso wie meine Träume, die ich mir erfüllen werde.

       Eine schwierige Verwandtschaft

      Ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, in einem harmonischen Umfeld aufwachsen zu können. Das folgende Kapitel ist ein schwieriges. Aber auch dieses Kapitel gehört zu meiner Geschichte. Die Kindheitserinnerungen an meine Verwandtschaft sind geprägt von Lügengeschichten, unnötigen Auseinandersetzungen, Eifersucht und auch das Thema Gewalt war immer wieder präsent. Mein Großvater väterlicherseits, ein Patriarch alter Schule, hatte das Sagen und man hatte ihm blind zu gehorchen. Die Großeltern waren sehr kalt, gefühlslos – doch äußerlich versuchten sie immer, den Schein perfekt zu wahren.

      Meine Eltern fügten sich viele Jahre und machten dieses Spiel mit: nach außen hin die feinen Leute, im Hintergrund alles andere als lieb und nett. Ich erlebte mehrmals Situationen, in denen Gewalt angewendet wurde. Ja, da gab es unzählige Momente in meiner Kindheit, die nicht in Ordnung waren. Man wusste es auch in meinem Heimatdorf Allschwil, aber niemand unternahm etwas dagegen. Meine Großeltern waren angesehene Leute, die man eben kannte. Auch meine Eltern getrauten sich noch nicht, gegen sie anzutreten.

      Weil man es wusste und schwieg, wurde oft hinter unseren Rücken gemunkelt. Ich dachte mir überhaupt nichts dabei, mit kurzärmeligem T-Shirt herumzulaufen, obwohl meine Arme vom vielen Training beim Circus Basilisk recht geschunden aussahen und blaue Flecken aufwiesen. Als meine Schwester Stephanie und ich dann während eines Trainings wegen einer Kleinigkeit zur Kinderärztin mussten, entdeckte diese die Verletzungen und Wunden an meinen Armen. Sie schaute mich ganz ernst an: «Möchtest du mir etwas erzählen?» Nein, was sollte ich ihr denn erzählen? Sollte sie sich für den Zirkus interessieren? Oder für unschöne Erlebnisse mit meiner Lehrerin? «Du kannst mir wirklich alles sagen. Was hier drin gesprochen wird, fällt unter das Arztgeheimnis», meinte sie dann ernst, mit Blick auf meine Arme. Erst dann begriff ich und lachte: «Ach so, Sie meinen die Wunden und blutunterlaufenen blauen Flecken an den Armen? Das kommt vom Training. Sie dürfen mir gerne einmal zuschauen kommen, dann verstehen Sie, warum ich so aussehe.» Und Stephanie ergänzte: «Wir werden nicht misshandelt, da können Sie ganz unbesorgt sein.» Ich realisierte in dem Moment, dass die blauen Flecken an meinen Armen tatsächlich als Misshandlungen angesehen werden konnten. Von da an bevorzugte ich langärmlige T-Shirts.

      Ich erinnere mich: Als ich noch ganz klein war und Stephanie und ich bei den Großeltern notfallmäßig übernachten mussten, erlebten wir mit, wie sich einer unserer Cousins aus Angst vor der Großmutter hinter dem Sofa versteckte. Als sie ihn entdeckt hatte, zerrte sie ihn an einem Bein hervor und schlug ihn. Er schrie und weinte verzweifelt. Stephanie und ich weinten mit ihm. In dieser Nacht konnte ich vor Angststarre kaum einschlafen, da Stephanie und ich in zwei getrennten Zimmern untergebracht worden waren. Es war eine endlose Nacht. Alleine im Dunkeln auf meiner Matratze am Boden. Ohne zu wissen, wie es meiner Schwester geht. Noch heute frage ich mich, weshalb man unsere Zimmer von außen abgeschlossen hatte. Zum Glück mussten wir danach nie mehr in diesem Haus übernachten.

      In meiner Verwandtschaft war die Liebe nicht spürbar, da herrschten andere Regeln. Und dies, obwohl sie doch so perfekt waren – nach außen hin jedenfalls. Man besuchte regelmäßig den Sonntagsgottesdienst. Ja, nach außen die feine, nette Familie, nach innen das Gegenteil. Das war für mich überhaupt nicht miteinander vereinbar und davor wollte und musste ich mich distanzieren. Ich habe meine eigenen Ideen und Vorstellungen über Spiritualität, und auftanken oder inspirieren lasse ich mich liebend gerne in der Natur.

      Welch wohltuende Erlösung, als meine Eltern dieses «familiäre» Band nach vielen – viel zu vielen – Jahren endlich lösten! Vielleicht verharrt man manchmal viel zu lange in einer Situation, auch wenn sie noch so schwer zu ertragen ist, bevor man sie loslässt und sich mutig und überzeugt ins Neue und Unbekannte aufmacht.

      Manchmal macht es mich traurig, nicht zu wissen, wie es sich anfühlt, eine herzliche Oma oder einen fürsorgenden Opa zu haben. Wie schön wäre es doch gewesen, an dieser Stelle eine tolle Anekdote über meine Großeltern zu erzählen, um ihnen diese dann stolz vorlesen zu dürfen. Leider ist da keine in mir. Der Grund, warum ich dieses Kapitel mit euch teilen wollte, ist vielleicht schwer zu verstehen. Es geht mir nicht darum, meine Verwandtschaft an den Pranger zu stellen. Vergangenheit bleibt Vergangenheit und ich mache niemandem einen Vorwurf. Auch sie tragen ihre eigene Geschichte durchs Leben und diese wirkt sich in ihr Denken und Handeln ein. Ich schreibe dieses Buch aus der Motivation heraus, den Menschen Mut zu machen: «Befreit euch von Negativität und von Menschen, die nicht an euch glauben!» Wenn ich mit diesem Kapitel auch nur einer Person dabei helfen konnte, sich aus einer ähnlichen Situation zu befreien, war es mir das bereits wert.

       Niveauwechsel auf eigene Faust

      Vor dem Übertritt in die Oberstufe ins Schulhaus Breite in Allschwil war ich ins Niveau E eingeteilt worden, dem mittleren der drei. Von den Noten her hätte ich eigentlich ins Niveau P, das beste, eingeteilt werden müssen. Doch die Lehrerin wie auch der Schulpsychologe fürchteten, mich sonst zu überfordern – mich, den «Kleinen», den Sensiblen, den zu wenig reifen und für sie wohl auch nicht leicht zu handhabenden Schüler. Denen wollte ich es zeigen! Ich lernte, musste mich nicht mal allzu sehr anstrengen, und haute immer gute Noten heraus.

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