Achtsames Selbstmitgefühl unterrichten. Кристин Нефф
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Название: Achtsames Selbstmitgefühl unterrichten

Автор: Кристин Нефф

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783867813242

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СКАЧАТЬ die eigene Arbeit, die sich in einem Energiezuwachs, Glücksempfinden und der Dankbarkeit äußern, etwas Gutes in der Welt tun zu können). Das gilt für Pflegende und therapeutisch arbeitende Personen in unterschiedlichsten Berufsfeldern wie Psychotherapeuten, Krankenschwestern, Betreuer in Kinder- und Jugendheimen, Assistenzärztinnen, Hebammen und Geistliche (Atkinson, Rodman, Thuras, Shiroma und Lim, 2017; Barnard und Curry, 2011; Beaumont, Durkin, Hollins Martin und Carson, 2016a, 2016b; Durkin, Beaumont, Hollins Martin und Carson, 2016; Olson, Kemper und Mahan, 2015; Richardson, Trusty und George, 2018; Ringenbach, 2009). Höhere Selbstmitgefühls-Levels korrelierten mit persönlicher Resilienz bei Ärzten (Trockel, Hamidi, Murphy, de Vries und Bohman, 2017) und mit weniger Schlafstörungen bei Menschen in Pflege- und Gesundheitsberufen selbst nach Berücksichtigung der Stresslevels (Kemper, Mo und Khayat, 2015). Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch nichtprofessionelle Pflegende von Selbstmitgefühl profitieren. So wurde Selbstmitgefühl beispielsweise bei Menschen, die sich um einen älteren Demenzkranken kümmern, mit weniger Belastungsgefühlen und besseren Coping-Strategien bei Stress in Verbindung gebracht (Lloyd, Muers, Patterson und Marczak, 2018). Auch eine Studie mit Eltern von autistischen Kindern ergab, dass ein höheres Maß an Selbstmitgefühl mit weniger Stress und Depressionen sowie mehr Lebenszufriedenheit und Hoffnung verbunden war (Neff und Faso, 2014). Selbstmitgefühl war tatsächlich ein stärkerer Prädiktor für die elterliche Bewältigungsfähigkeit als die Schwere der Autismusstörung selbst. Das deutet darauf hin, dass der Umgang der Eltern mit sich selbst bei dieser Herausforderung noch wichtiger ist als das Ausmaß der Belastung durch die herausfordernde Fürsorge für die Kinder.

      Glücklicherweise legen Forschungsergebnisse nahe, dass man Betreuungspersonen und Pflegende in Selbstmitgefühl trainieren kann. Eine Studie mit Personen in Gesundheitsberufen ergab, dass Achtsamkeitstraining das Selbstmitgefühl der Teilnehmenden steigern konnte, was wiederum ein Prädiktor für die Verringerung ihres Stressniveaus war (Shapiro, Astin, Bishop und Cordova, 2005). Darüber hinaus reduzierte ein sechswöchiges Online-Selbstmitgefühlstraining bei Therapeuten in der Ausbildung Stresssymptome und verbesserte ihre Fähigkeit zur Emotionsregulation sowie das allgemeine Wohlbefinden (Finlay-Jones et al., 2015). Sich selbst Mitgefühl entgegenzubringen scheint also die emotionalen Ressourcen bereitzustellen, die man braucht, um für andere sorgen zu können.

      Andererseits kann die Fürsorge für andere den Betreuenden verstehen helfen, wie sie selbstmitfühlend sein können. Die Forschung legt eine Möglichkeit nahe, wie Menschen lernen, selbstmitfühlend zu sein, indem sie aus der vertrauteren Erfahrung des Sorgens für andere unterstützende innere Dialoge ableiten. In einer vier Studien umfassenden Studienreihe untersuchten Breines und Chen (2013) die Hypothese, dass die Aktivierung von unterstützenden Mustern das Selbstmitgefühl steigern kann. In den ersten beiden Studien riefen sich die Teilnehmenden zunächst ein negatives Ereignis aus der Vergangenheit ins Gedächtnis oder erlebten einen laborbasierten Testfehler. Dann wurden sie nach dem Zufallsprinzip dafür ausgewählt, sich entweder an eine Situation zu erinnern, bei der sie Unterstützung boten, oder an eine, in der sie mit einer anderen Person Spaß hatten. Zum Schluss absolvierten sie einen Test zur Messung ihres Selbstmitgefühls-Levels. Diejenigen, die sich daran erinnerten, jemandem Unterstützung gegeben zu haben, waren auch in höherem Maße selbstmitfühlend. Die beiden anderen ­Experimente untersuchten die Auswirkungen der tatsächlichen Unterstützung einer anderen Person (durch schriftliche Beratung), verglichen mit der Nichtunterstützung oder einfach der Lektüre des Problems einer anderen Person, und stellten fest, dass dies ebenfalls zu einer größeren Fähigkeit zum Selbstmitgefühl führte.

      Selbstmitgefühl und frühe Kindheit

      Forschungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass frühe Kindheitserfahrungen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Selbstmitgefühl spielen. So scheint beispielsweise die Bindungsentwicklung mit Selbstmitgefühl in Verbindung zu stehen: Unsichere Bindung wurde mit einem geringeren Maß an Selbstmitgefühl assoziiert als sichere Bindung (zum Beispiel Joeng et al., 2017; Mackintosh, Power, Schwannauer und Chan, 2018; Raque-Bogdan, Ericson, Jackson, Martin und Bryan, 2011; Wie, Liao, Ku und Shaffer, 2011). Obwohl der größte Teil dieser Forschung korreliert, stellte man fest, dass experimentell herbeigeführte Bindungssicherheit (zum Beispiel Personen bitten, einen bestimmten Menschen zu visualisieren, mit dem sie sich wohl und sicher fühlen und an den sie sich bei emotionalen Problemen wenden können) das Selbstmitgefühl stärkt, was auf einen kausalen Zusammenhang hindeutet (Pepping, Davis, O’Donovan und Pal, 2015). Auf ähnliche Weise sind frühe Erinnerungen an Warmherzigkeit und Sicherheit positiv mit Selbstmitgefühl verbunden (Kearney und Hicks, 2016; Marta-Simões, Ferreira und Mendes, 2018), während ablehnendes Verhalten der Eltern, Kritik, Überbehütung und stressige familiäre Beziehungen in negativem Verhältnis zum Selbstmitgefühl stehen (Neff und McGehee, 2010; Pepping, Davis, O’Donovan und Pal, 2015).

      Es überrascht nicht, dass emotionaler Missbrauch in der Kindheit mit einem niedrigen Maß an Selbstmitgefühl verbunden ist (Barlow, Turow und Gerhart, 2017) und dass Menschen mit einer traumatischen ­Vergangenheit, die wenig Selbstmitgefühl haben, mehr emotionale Not erfahren und eher dazu neigen, Alkohol zu missbrauchen oder einen ernsthaften Suizidversuch zu unternehmen (Tanaka, Wekerle, Schmuck, Paglia-Boak und das MAP-Forscherteam, 2011). Die Forschung legt nahe, dass mangelndes Selbstmitgefühl ein wichtiger Angriffspunkt ist, über den frühe Traumata spätere Dysfunktion hervorrufen. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Selbstmitgefühl eine Rolle beim Zusammenhang zwischen Misshandlungen im Kindesalter und späterer emotionaler Dysregulation (Vettese, Dyer, Li und Wekerle, 2011) sowie PTBS-Symptomen spielt (Barlow, Turow und Gerhart, 2017). Ein ähnlicher Einfluss von Selbstmitgefühl auf die Verbindung zwischen wahrgenommener elterlicher Misshandlung (Missbrauch oder Vernachlässigung) und der Schwere der psychischen Symptome wurde bei Erwachsenen festgestellt, die sich einer Psychotherapie unterzogen (Westphal, Leahy, Pala und Wupperman, 2016). Dies kann darauf hindeuten, dass Menschen mit Trauma-Erfahrungen, die lernen, Mitgefühl mit sich selbst zu haben, möglicherweise auf konstruktivere Weise mit ihrer Vergangenheit umgehen können. Tatsächlich verbessert Selbstmitgefühl die Aussicht auf posttraumatisches Wachstum und Heilung (Wong und Yeung, 2017). Überlebende von Missbrauch und Misshandlung in der Kindheit haben jedoch oft größere Angst vor Selbstmitgefühl (Boykin et al., 2018), was mit »Backdraft« zusammenhängt (wie in MSC definiert; siehe Kapitel 11). Das kann ein erhebliches Hindernis für die Entwicklung dieser inneren Ressource sein.

      Selbstmitgefühl in klinischen Populationen

      Im Vergleich zu den Selbstmitgefühls-Levels in der allgemeinen Bevölkerung sind die Werte tendenziell niedriger bei Personen, die die Kriterien für psychische Erkrankungen wie bipolare Störung (Døssing et al., 2015), Depressionen (Krieger et al., 2013), generalisierte Angststörung (Hoge et al., 2013), Sozialphobie (Werner et al., 2012), Substanzmissbrauch (Phelps, Paniagua, Willcockson und Potter, 2018) oder Verfolgungswahn (Collett, Pugh, Waite und Freeman, 2016) erfüllen. Die Forschungsergebnisse legen auch nahe, dass ein unterschiedliches Maß an Selbstmitgefühl eine Erklärung für den Grad der psychischen Gesundheit in klinischen Populationen sein kann. Beispielsweise sind höhere Selbstmitgefühls-­Levels mit einer verringerten Symptomatik bei Menschen mit Schizophrenie (Eicher, Davis und Lysaker, 2013), Zwangsstörungen (Wetterneck, Lee, Smith und Hart, 2013) und generalisierter Angst verbunden (Hoge et al., 2013). Selbstmitgefühl ist auch ein Prädiktor für weniger Angst vor negativer Bewertung bei Menschen mit Sozialphobie (Werner et al., 2012) und reduziert Schamgefühle, Grübelei sowie Sexsucht bei Männern, bei denen eine hypersexuelle Störung diagnostiziert wurde (Reid, Temko, Moghaddam und Fong, 2014). Selbstmitgefühl ist mit weniger depressiven Symptomen bei Personen mit unipolarer Depression verbunden, und dieser Zusammenhang wird durch die Fähigkeit erklärt, negative Emotionen zu tolerieren (Diedrich et al., 2016). Darüber hinaus scheint es möglich zu sein, Menschen mit schweren depressiven Störungen Selbstmitgefühl zu lehren. In einer experimentellen Studie induzierten Diedrich und Kollegen (2014) eine depressive Stimmung, indem sie die Teilnehmenden eine Reihe von Aussagen wie »Ich glaube, ich bin ein Verlierer« lesen ließen, während im Hintergrund traurige Musik abgespielt wurde. Anschließend wurden die Teilnehmenden gebeten, СКАЧАТЬ