Die Grenz- und Asylpolitik der Europäischen Union. Dr. Domenica Dreyer-Plum
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Название: Die Grenz- und Asylpolitik der Europäischen Union

Автор: Dr. Domenica Dreyer-Plum

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783846353462

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СКАЧАТЬ der SicherheitNationale Sicherheit sieht der Vertrag zum anderen vor, dass die Mitgliedstaaten ohne den Umweg über die europäischen Institutionen oder Unionsrecht direkt miteinander kooperieren. Dazu können sich die zuständigen Dienststellen und Verwaltungen der Mitgliedstaaten „Formen der Zusammenarbeit und Koordinierung“ einrichten, „die sie für geeignet halten“ (Art. 73 AEUV).

      In Bezug auf die GrenzpolitikGrenzpolitik entwickelt die Union eine Politik, mit der

      a) sichergestellt werden soll, dass Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;

      b) die Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den Außengrenzen sichergestellt werden soll;

      c) schrittweise ein integriertes Grenzschutzsystem an den Außengrenzen eingeführt werden soll.

      (Art. 77 Abs. 1 AEUV)

      Diesem Politikauftrag wird in diesem Kapitel nachgegangen, indem folgende Fragen besprochen werden: Welche der genannten Ziele hat die Europäische Union bereits erreicht? Wie sieht die Grenzpolitik in der Theorie – im Recht – und in den Mitgliedstaaten – in der Praxis – aus? Auf welchem Stand ist das europäische Grenzschutzsystem? Wie arbeitet es und welche Kritik gibt es daran?

      Zunächst nähern wir uns diesen Fragen, indem wir die Lage an der Grenze betrachten (Kapitel 3.1). Wir wollen wissen, welche Bewegungen in den vergangenenen Jahren an den Außengrenzen der Europäischen Union beobachtbar waren und welche Bedeutung diese für den Schengenraum haben (3.1.1). Daraufhin ordnen wir ein, wie sich das Schengensystem und das europäische Grenzschutzsystem in Tandem entwickeln (3.1.2). Dann betrachten wir die geltenden Einreisebestimmungen für Kurz‑ und Langzeitaufenthalte in der Europäischen Union (3.1.3). Die bestehenden Bestimmungen und die Realität an der Grenze vergleichen wir mit den strategischen Zielen für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die die Staats‑ und Regierungschefs seit 1999 in regelmäßigen Abständen verfasst haben (3.1.4).

      Im Folgenden gehen wir genauer auf die Kompetenzen der Europäischen Union ein (Kapitel 3.2) und halten fest, über welches Mandat die Europäische Union für eine gemeinsame Grenzpolitik verfügt (3.2.1) und welche Rechtsinstrumente bisher zum Aufbau eines europäischen Grenzschutzmanagements genutzt wurden (3.2.2).

      In Kapitel 3.3 greifen wir diese Bestimmungen auf und setzen uns mit den gemeinsamen Verfahren zu Einreisekontrollen auseinander, die die Europäische Union mit dem Schengener Grenzkodex geschaffen hat (3.3.1). Auch die gemeinsame Visapolitik rückt in den Fokus als Kontrollinstrument (3.3.2). Daraufhin wird behandelt, welche Einreisemöglichkeiten Asylsuchende unter diesen Bedingungen haben (3.3.4).

      Kapitel 3.4. konzentriert sich dann auf die Geschehnisse an der Grenze selbst und die Umsetzung der Grenzpolitik in den Mitgliedstaaten: Wie stellt sich die Lage an den Außengrenzen dar? (3.4.1) Wie sieht Grenzschutz in der Praxis an den Außengrenzen aus, welche Akteure sind daran beteiligt? (3.4.2) Und kann man die Binnengrenzen des Schengenraums tatsächlich ohne Kontrollen passieren? (3.4.3)

      Schließlich beschäftigen wir uns mit Konflikten der europäischen Grenzpolitik, besonders in Zusammenhang mit der Asylzuwanderung über das Mittelmeer (3.5). Wir diskutieren die geographischen Asymmetrien des gültigen europäischen Grenzschutzsystems, analysieren den fortwährenden politischen Streit um die europäische Grenzpolitik und halten fest, welche Entwicklung sich andeutet.

      3.1 Grenzen der Europäischen Union – Auflösung der Binnengrenzen

      Rechnet man die See‑ und Landaußengrenzen der Europäischen Union in Kilometern zusammen, so summieren sich etwa 14.000 km. Die üblichen Einreisepunkte sind internationale Flug‑ und Seehäfen sowie offizielle Grenzübertrittspunkte. Darüber hinaus erfolgen irreguläre Einreisen seit Beginn der 2000er Jahre vor allem an den Land‑ und Seegrenzen der Mitgliedstaaten Griechenland, Italien, Malta und Spanien. Während der Asylzuwanderung von 2015 sind hunderttausende Menschen von der Türkei nach Griechenland und anschließend über die sogenannte Balkanroute Richtung Österreich, Deutschland und Schweden gewandert.1

      Die Begrifflichkeiten rund um GrenzenGrenzen und Migration sind mitunter unscharf. In Bezug auf Grenzschutz wird oft synonym von Grenzmanagement und Grenzkontrollen gesprochen. Gerade bei den Begriffen Grenzmanagement und Grenzkontrollen sind jedoch deutliche Unterschiede festzumachen (so Zaiotti 2017: 107): Während sich Kontrollen spezifisch auf Aktivitäten zur Überprüfung an der Grenze beziehen (bspw. die Überprüfung einer Identität oder eines Transports), so handelt es sich beim Management umfassender um Aktivitäten an der Grenze, die darauf abzielen ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen – bspw. die Zahl irregulärer Ankünfte zu reduzieren). Grenzmanagement ist also deutlicher an Politikgestaltungsprozesse geknüpft als konkrete Kontrollen. Diese sind ein Teil des Grenzmanagements, weshalb die Begriffe beide Bestandteile des Grenzschutzes sind, jedoch nicht synonym verwendet werden sollten.

      In diesem Kapitel befassen wir uns mit der Auflösung der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch die Kooperation im wachsenden Schengenraum (3.1.1). Danach blicken wir auf die strategischen Ziele für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, den die Mitgliedstaaten seit dem Vertrag von Amsterdam (1999) sukzessive aufbauten (3.1.2).

      3.1.1 Von Schengen-5 zu Schengen-26

      Welche Ziele wurden mit dem Schengenraum verbunden?

      Die politischen Vordenker auf deutscher und französischer Seite erhofften sich vom SchengenraumSchengenraum die Schaffung eines europäischen Raumes, in dem man sich ohne Grenzkontrollen frei bewegen kann, was den Austausch zwischen Menschen, aber auch den Handel erleichtert und damit ein grundlegendes Fundament des gemeinsamen Marktes realisiert.

      Wann sind welche Mitgliedstaaten dem Schengen-Raum beigetreten?

      Als Gründerstaaten gelten Deutschland, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Italien. Es folgten in der Reihenfolge der Erweiterungen der Wirtschaftsgemeinschaft Portugal, Spanien, Griechenland, Österreich bis Mitte der 1990er Jahre. Im Jahr 1996 wurde der Schengenraum um Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden erweitert. Danach wuchs im Zuge der großen EU-Erweiterung von 2004 auch der Schengenraum um Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern. Bulgarien und Rumänien folgten 2007, ein Jahr später Liechtenstein und Kroatien im Jahr 2013.

Beitritte zum Schengenraum chronologisch
Jahr Beitritt (in Klammern jeweils das Jahr der tatsächlichen Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen
1990 Belgien (1995), Deutschland (1995), Frankreich (1995), Italien (1998), Luxemburg (1995), Niederlande (1995)
1991 Portugal (1995), Spanien (1995)
1992 Griechenland (2000)
1995 Österreich (1998)
1996 Dänemark (2001), Finnland (2001), Island (2001), Norwegen (2001), Schweden (2001)
2004 Estland (2007), Lettland (2007), Litauen (2007), Malta (2007), Polen (2007), Schweiz (2008), Slowakei (2007), Slowenien (2007), Tschechien (2007), Ungarn (2007), Zypern (bislang nur teilweise СКАЧАТЬ